Wir stehen am Ende der Mobilität, wie wir sie kennen

Unser modernes Leben ist ohne Mobilität nicht zu bewältigen. In unserer Gesellschaft, unserer Kultur und unserer Wirtschaft spielt die Mobilität eine zentrale Rolle. Dabei seien einige Fragen erlaubt: Wie viel Mobilität können und wollen wir uns leisten? Welche Art von Mobilität gereicht uns zum Wohle? Wie soll sich künftig die Mobilität entwickeln und wer wird bei dieser Entwicklung eine zentrale Rolle spielen? Sicher ist, starke gesellschaftliche Megatrends werden die Mobilität – und damit unser Mobilitätsverhalten – markant verändern. Diesen Fragen und Themen widmet sich vbzonline.ch mit dem Fokusthema «Neue Mobilität».

Grosse, nationale Eisenbahngesellschaften und die Entwicklung von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren haben im 19. und 20. Jahrhundert die erste und die zweite industrielle Revolution geprägt. Strassen- und Schienensysteme wurden im grossen Stil ausgebaut und haben so zur gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung beigetragen; haben Wohlstand geschaffen.

Auch die Schweiz wurde mit einem dichten Netz von Autobahnen überzogen und das ÖV-System, auf das wir so stolz sind, zügig bis in den hintersten Krachen ausgebaut. Mit Taktfahrplan. In der Stadt Zürich erfreut uns die hervorragende Qualität unserer VBZ Züri-Linie. Wir feiern den Zürcher Verkehrsverbund als Erfolgsmodell. Beide Systeme, Individualverkehr und öffentlicher Verkehr, wurden, grösstenteils unabhängig voneinander, mit grossen Investitionen ausgebaut. Die Politik hat den Verkehr zunehmend ideologisiert. Es gibt die flammenden Anhänger des öffentlichen Verkehrs und die strammen Verfechter des Privatverkehrs. Über eine gewisse Zeit gab es auch eine Autopartei. Sogar über Parkplätze wurden hitzige Debatten gefochten und historische Kompromisse geschlossen.

Mehr vom Gleichen können wir uns nicht mehr leisten.

Mittlerweile aber befinden wir uns in einer dritten industriellen Revolution. Gemäss dem US-Ökonomen Jeremy Rifkin, dem grossen Theoretiker der sogenannten «Zugangsgesellschaft», ist jeder grundsätzliche wirtschaftliche Wandel von drei Elementen geprägt: neue Kommunikationstechnologien, neue Energiequellen und neue Verkehrsträger. In den kommenden Jahren werden sich Verkehr und Mobilität grundsätzlich verändern. Wohin geht diese Entwicklung? Sicher ist, mehr vom Gleichen können wir uns nicht mehr leisten. Wir pflegen einen zu mobilitäts- und ressourcenintensiven Lebensstil.

Bisher dominierte bei der Gestaltung der Mobilität der Geist der industriellen Produktion. Künftig entsteht die Wertschöpfung viel stärker dienstleistungsorientiert und durch Vernetzung. Klare Konturen einer neuen Mobilität werden wir erst mit der Zeit erkennen. Einige interessante Phänomene sind jedoch bereits, als Vorboten der dritten industriellen Revolution, erkennbar: Der IT-Gigant Google, der schon mit einer Suchmaschine unser Leben verändert hat, stellt uns selbstfahrende Elektroautos in Aussicht und erklärt, er wolle künftig auch noch das Eintrittsportal für unsere täglichen Mobilitätsbedürfnisse sein. Erfolgreiche Carshare-Organisationen schiessen wie Pilze aus dem Boden. Der visionäre amerikanische Unternehmer Elon Musk, ein Quereinsteiger im Automobilbereich, zeigt der arrivierten Autoindustrie, dass Elektromobile sexy sein können. Täglich kommen neue Sites und Mobilitäts-Apps auf den Markt und in Kalifornien arbeiten gar gegen 300 ambitionierte Ingenieure daran, uns in absehbarer Zeit in einer Art Rohrpost mit 1200 km/h von Los Angeles nach San Francisco zu befördern.

Wir pflegen einen zu mobilitäts- und ressourcenintensiven Lebensstil.

Umbruch und Veränderung kündigen sich an. Wir werden Phasen der Euphorie, Freude und der Ernüchterung, Enttäuschung durchlaufen. Spannend wird es allemal. Wir stehen am Ende der Mobilität, wie wir sie kennen.

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