Es gibt nicht wenige Menschen, die sagen, Zürichs Herz schlage im Takt der VBZ. Das ist ein schönes Kompliment – wie sehr die Qualität und Zuverlässigkeit des öffentlichen Verkehrs dieser Stadt geschätzt wird. Wie aber ist das in anderen Grossstädten dieser Welt? Sind Busse, Trams, S- oder U-Bahnen dort ähnlich pünktlich und komfortabel wie bei uns? In einer losen Serie werden wir solche und ähnliche Fragen rund um den internationalen ÖV zu beantworten versuchen – durch persönliche Berichte von sogenannten «Sonderkorrespondenten». Heute schreibt Manuela Engeli, bekennender New-York-Fan, über die Tücken der New Yorker U-Bahn.
Die Subway gehört zu New York wie die VBZ zu Zürich. Vielleicht noch ein bisschen mehr. Mit den unzähligen Filmszenen, die in der New Yorker U-Bahn gedreht wurden, wie zum Beispiel aus «Saturday Night Fever» oder «Spider-Man 2», gehört sie zu den Sehenswürdigkeiten des Big Apple. Wer sich aber im Untergrund zurecht finden will, sollte vorbereitet sein. 10 Tipps, die das Subway-Fahren erleichtern:
1. Wenn Sie kein Abo haben, tragen Sie immer genug Münz bei sich. Karten- und Notenleser funktionieren meistens nicht. Dafür gibt’s kein kompliziertes Zonen-System. New York City ist New York City ist New York City.
2. Fürchten Sie sich auch immer vor dem Moment, in dem Sie Ihr Ticket durch den Schlitz ziehen und die Fehlermeldung aufleuchtet? In der Regel – und das ist in New York nicht anders – werden Sie in einem solchen Fall von den Einheimischen barsch beiseite gebeten oder schlicht weggeschubst. Ausser… ja, ausser Sie machen eine dramatische Szene. Da man Sie in New York eh nicht kennt, können Sie Ihr verkapptes schauspielerisches Talent voll ausleben: Fangen Sie spontan an zu kreischen, zu weinen, oder, noch besser: auf Schweizerdeutsch zu singen. Gestikulieren Sie dazu wild mit den Armen herum. Ablenkung durch Irritation funktioniert immer. Die Leute hinter ihnen werden entweder zurückweichen, oder Sie fangen an zu lachen… und so gewinnen Sie die Zeit, die Sie brauchen, um die Fahrtkarte nochmals durch den berüchtigten Schlitz zu ziehen.
3. Wenn Sie einen wichtigen Termin haben – sei es ein Vorstellungsgespräch im Trump Tower oder noch wichtiger – verlassen Sie sich NIE auf die Subway! Wenn Sie sie am meisten brauchen, fällt Ihre Linie aus.
4. Sie glauben tatsächlich, im Sommer sei es heiss in Schweizer S-Bahnen? Sie täuschen sich gewaltig: Im New Yorker Untergrund kann es locker bis zu 50 Grad Celsius warm werden (wobei die Wagen grundsätzlich klimatisiert sind… grundsätzlich, denn nicht selten pflegt die Kühlung zu streiken).
5. Im Winter: Rechnen Sie bei Schnee mit Verspätungen und Zugsausfällen. Das kennen Sie.
6. Es kann sein, dass Sie einen Wagen finden, in dem kein anderer Fahrgast sitzt. Das ist kein Geschenk, sondern eine Warnung.
7. Setzen Sie sich nach dem Einsteigen sofort hin oder warten Sie, bis der Zug fährt. Die alten Wagen fahren mit einem derartigen Ruck an, dass Sie garantiert das Gleichgewicht verlieren und auf den Knien der Fahrgäste landen und womöglich mit dem Kopf nach unten (was zwar gut in eine TV-Komödie passen würde, im realen Leben aber eher unangenehm ist).
8. Starren Sie die Fahrgäste im Zug nicht an. Die Chancen sind gross, dass Sie die Aufmerksamkeit eines Bibel-Schreiers auf sich ziehen und er Sie der Rest Ihrer Fahrt lauthals über Jesus Christus aufklären will.
9. Das gleiche gilt für verbale Kommunikation: Fremde Leute ansprechen in der U-Bahn ist nicht. Das ist eines der wichtigsten ungeschriebenen Gesetze in New York. Wenn Sie dennoch mit jemandem in Kontakt treten wollen, tun Sie es mit jemandem, der keine Kopfhörer trägt. Und tun Sie’s zwei Stationen vor Ihrem Ziel (zur Sicherheit).
10. Der wichtigste Tipp überhaupt: Statt sich über das Gedränge aufzuregen, sollten Sie dieses Bad in der Menge geniessen – so, als wären Sie ein Rockstar, der sich durch seine Fans kämpft. Mit ein wenig Fantasie gelingt das ganz gut.
