«Nein, ich gebe meine persönlichen Daten nicht frei.»

Reto Wick ist 30 Jahre alt und arbeitet als Open Data Spezialist bei Statistik Stadt Zürich. Der St. Galler hat Geographie mit Schwerpunkt GIS (Geo-Informations-Systeme) studiert, wohnt in Zürich und hat in diesem Jahr erstmals den Ironman Switzerland bezwungen – und zwar in 10 Stunden 50 Minuten und 50 Sekunden, wie man dem Internet entnehmen kann. Wir haben den Daten-Spezialisten getroffen, um nachzufragen, was es mit diesen offenen Daten auf sich hat.

Was ist das Ziel von Open Data und von Open Government Data?

Open Data bedeutet die freie Verfügbar- und Nutzbarkeit von Daten. Wenn Daten für jedermann frei zugänglich sind, werden vorteilhafte Entwicklungen unterstützt und damit wird mehr Transparenz geschaffen und eine bessere Zusammenarbeit ermöglicht. Von dieser Sekundärnutzung sollen alle Interessierten profitieren können. Wenn damit gesellschaftlich oder gar wirtschaftlich wertvolle Dienstleistungen erarbeitet werden können, umso besser. Open Data betreffen aber nicht nur die Verwaltung. Auch die Wissenschaft (Open Science), die Wirtschaft oder private Personen sind daran interessiert.

Bei Open Government Data (OGD) geht es primär um Verwaltungsdaten, bei Open Data Zurich also um jene der Stadt Zürich. Wir sind der Meinung, dass die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt sehen dürfen, wie die Stadtverwaltung arbeitet. Die Regierung, als Teil der Verwaltung, erhebt in den meisten Fällen die Daten und die Bevölkerung muss annehmen, dass die Informationen, die daraus resultieren, korrekt sind. Durch Open Government Data werden auch die diesen Informationen zu Grunde liegenden Zahlen öffentlich gemacht. Als Nutzen sehe ich die Förderung des gegenseitigen Verständnisses zwischen der Verwaltung und der Bevölkerung und die Erhöhung der Transparenz. Die Daten der Stadt Zürich sind für die Einwohnerinnen und Einwohner deshalb so interessant, weil sie unmittelbar davon betroffen sind.

Wie bist du zu Open Data Zurich gelangt?

Schon während meines Studiums kam ich mit dem Thema OGD in Kontakt. Auf einer Exkursion nach London habe ich dann einen Open-Street-Map-Guru kennen gelernt, der mich mit seiner Faszination angesteckt hat. Spätestens seit da war mir klar, dass ich gerne in diesem Bereich arbeiten möchte. Ich habe mich also bei Statistik Stadt Zürich beworben und kümmere mich seit Mai 2014 mit meinem Arbeitskollegen Marco Sieber um das Thema Open Data bei der Stadt Zürich. Auf unserem Open Data Blog kann man nachlesen, was wir machen und welche Projekte gerade anstehen.

Gibst du auch all deine privaten Daten frei?

Nein, bei meinen persönlichen Daten bin ich sehr zurückhaltend. Ich veröffentliche praktisch keine privaten Daten, ausser Geo-Tags auf Twitter und meine Trainingsstrecken auf Strava.

Ist das denn kein Gegensatz?

Nein, da OGD nie zum Ziel hat Daten zu veröffentlichen, welche die Privatsphäre von Personen verletzen. Die Rechte des Individuums müssen immer gewahrt werden, das ist für uns ganz wichtig. Bei OGD werden die Daten stets so bereit gestellt, dass keine Rückschlüsse auf Einzelpersonen gemacht werden können.

Was erhoffst du dir von den Daten, die von den VBZ frei gegeben wurden?

Zuerst möchte ich sagen, dass es mich sehr freut, dass sich die VBZ in Sachen Daten öffnet. Das Thema Pünktlichkeit im öffentlichen Verkehr ist ein öffentlicher Diskurs. Werden also die Daten veröffentlicht, kann die Argumentation nachgeprüft und der Diskurs transparenter geführt werden. Mit den offenen Daten können beispielsweise Pendlerströme dargestellt werden, so dass die Leute sehen, welcher Kurs meist sehr voll ist und wann und wo sicher noch ein Sitzplatz frei ist. Wir erhoffen uns, dass solche Visualisierungen und Applikationen von Dritten gemacht werden, die dann einerseits den Kundinnen und Kunden aber auch den VBZ selber nutzen.

Wer ist diese Community, die sich auf freie Daten freut?

Das sind hauptsächlich Programmierer und Designer. Sie freuen sich auf offene Daten und entwickeln sinnvolle Apps oder Visualisierungen für die Öffentlichkeit. Es sind aber auch Hochschulen und Datenjournalisten, die sich für ihre tägliche Arbeit für die Daten interessieren. Im Allgemeinen ist es eine Gruppe interessierter Bürgerinnen und Bürger, die sehr gut vernetzt sind und eng zusammenarbeiten.

Welche Daten hätte die Community wohl am liebsten?

Das wären klar die Echtzeitdaten des Verkehrsleitsystems oder Daten aus dem Energiebereich wie Umweltdaten oder Wetterdaten. Das grösste Potenzial besteht eigentlich immer bei den Daten, welche die Menschen täglich betreffen, bei dynamischen Daten.

Und was würde die Community damit tun?

Die Daten würden in spannende Visualisierungen und Applikationen verwandelt werden, die den Menschen das Leben erleichtern. Es ist wichtig, dass die Leute realisieren, dass mit der Veröffentlichung der Verwaltungsdaten für alle einen Nutzen geschaffen werden kann. Vieles wird auch erst bei der Kombination verschiedener Daten wirklich interessant bzw. überhaupt erst sichtbar. Ein Punktdatensatz mit allen ÖV-Haltestellen alleine ist ja z.B. noch nicht weltbewegend spannend. Schon etwas spannender sind Adressdaten. Doch richtig hilfreich wird es, wenn dies mit einem Wegnetz kombiniert wird und daraus z.B. die Zeit bis zur nächsten Haltestelle berechnet werden kann.

Das grösste Potenzial besteht eigentlich immer bei den Daten, welche die Menschen täglich betreffen.

Welche Motivation treibt die Community an? Geld? Ruhm?

Nein, das Geld ist es sicher nicht. Es ist bei vielen ein Hobby und ein zivil-gesellschaftliches Engagement, das eine transparentere Gesellschaft zur Folge hat. Dieser Idealismus treibt sie an. Sie haben Spass daran und freuen sich über die Anerkennung, die sie damit erlangen. Es gibt aber auch Programmierer, die gar nicht wollen, dass man sie erkennt. Sie bleiben lieber im Hintergrund.

Welches wären sozusagen deine Traumdaten?

Mhh, meine Traumdaten, ja da hätte ich ein paar. Ich hätte zum Beispiel gerne die Echtzeit-Daten des City-Hallenbades. So wüsste ich immer ganz genau, wie viele Leute sich gerade drin aufhalten und könnte entscheiden, ob es Platz für mich hat oder ob ich das Schwimmen besser verschiebe.

Was muss die Stadt Zürich noch lernen, damit mehr Daten offen gemacht werden?

Die Stadt Zürich hat vieles schon gelernt – sonst gäbe es kein Open Data Team, das sich um dieses Thema kümmert. Trotzdem, Grossbritannien oder und andere Länder sind weiter als wir. In Zürich müssen wir uns endlich vom Gedanken verabschieden, dass die Daten der Verwaltung gehören. Die Datenerhebung findet schliesslich immer im Auftrag der Bevölkerung statt und darum sollten wir sie auch der Gesellschaft zurückgeben.

Open VBZ

Ab sofort publizieren die Verkehrsbetriebe Zürich die folgenden Daten zur freien Verfügung:- Fahrplan Soll-Ist-Vergleich- FahrgastzahlenDie Fahrplan-Daten werden wöchentlich und die Fahrgastzahlen jährlich aktualisiert und auf dem Open Data Portal der Stadt Zürich bereit gestellt. Die VBZ leisten mit der Veröffentlichung dieser Daten einen wichtigen Beitrag zur Transparenz. Gleichzeitig agieren die VBZ als Flagship-Transportunternehmen für ein landesweites Open Data Portal für Daten aus dem öffentlichen Verkehr. Dieses wird derzeit von den SBB im Auftrag vom Bundesamt für Verkehr (BAV) erarbeitet. Im Moment wird geprüft, welche weiteren Daten noch zur Verfügung gestellt werden könnten. Wir als VBZ sind gespannt, was nun aus diesen freien Daten gemacht wird. 

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