Hyper Hyper

Autonomes Fahren, Flugtaxis, Hyperloopes oder noch verrücktere «Düsentriebereien» – wie die künftige Mobilität tatsächlich aussehen wird, kann man nur erahnen. Doch einige der Innovationen und Technologien, die bereits im Testeinsatz sind, wollen wir der Leserschaft anhand einer mehrteiligen Serie präsentieren. Heute im Fokus: der Hyperloop.

Vom Bellevue zum Escherwyssplatz in nur 3 Sekunden! Das würde derzeit leider kein Tram schaffen – aber der Hyperloop. Worum geht es dabei eigentlich? Und wann sind die VBZ mit 1200 km pro Stunde unterwegs? Wir schauen mal genauer hin und fahren mit Hochgeschwindigkeit zurück in die Zukunft.

Seit Elon Musks öffentlichem Paper über den Hyperloop im Jahr 2013 ist der Hype um Unterdrucktransportsysteme wieder lanciert. Wieder? Ja genau, denn wirklich neu ist die Idee nicht. Zumindest hatte George Medhurst, ein englischer Ingenieur und ursprünglich Uhrmacher, schon 1812 eine ungefähre Vorstellung davon, wie Dinge im Vakuum, also ohne Luftwiderstand, schneller transportiert werden könnten. Und 1909 veröffentlichte der amerikanische Raketenwissenschaftler Robert Goddard ein Vakuum-Transport-Konzept, das sehr nahe dem des heutigen Hyperloops ist. In den 1970ern folgten dann einige weitere Entwürfe und Ideen zum Thema, wie beispielsweise die in der Öffentlichkeit relativ bekannt gewordenen technischen Artikel zum Vactrain der RAND Corporation, ein amerikanisches Forschungsinstitut. Warum sind wir denn nicht schon längst hypermässig unterwegs? Leider haperte es bisher immer an der Umsetzung. Zwar gibt es ähnliche Systeme, die teils durchaus erfolgreich sind oder waren, wie beispielsweise die Rohrpost, welche mit Druckluft in einem Röhrensystem einen schnellen Transport von Gegenständen ermöglicht (heute nur noch bekannt als firmeninterne Post-Lösung) oder Magnetschwebebahnen, deren Züge durch magnetische Kräfte kontaktlos zum Gleis in der Schwebe gehalten werden und in Fernost aktuell im Regelbetrieb sind (beispielsweise der Transrapid Shanghai). Die Kombination von Unterdruckröhre und Schwebebahn, was grob gesagt der Hyperloop ist, bringt aber diverse Herausforderungen mit sich, die bisher noch nicht gemeistert wurden.

Hyperloop für Dummies

Gemäss der ganz einfachen Erklärung von Wikipedia Simple ist der Hyperloop eine neue Art eines Zugs, der sehr schnell ist. Er kann darum so schnell fahren, weil er in einer fast luftleeren Röhre fährt und dadurch kaum Luftwiderstand überwinden muss. Etwas weniger einfach erklärt, handelt es sich bei diesem Zug um einzelne Kapseln, die auf Luftkissen gleiten und nahezu Schallgeschwindigkeit erreichen. Die gar nicht einfachen sondern eher komplizierten Details lassen wir an dieser Stelle aus (oder dürfen hier im verlinkten Wikipedia-Artikel nachgelesen werden) und hüpfen gleich zu den vorhin erwähnten Herausforderungen, die ein solches Transportsystem mit sich bringt.

Der Preis ist heiss

Elon Musk formuliert in seinem Paper unter anderem bestimmte Kriterien, die eine mögliche fünfte Transportart (nach Flugzeug, Zug, Auto und Schiff) erfüllen sollte, wenn sie besser und damit attraktiver als Fliegen oder Autofahren sein soll. Diese lauten: sicherer, schneller, günstiger, bequemer, wetterunabhängig, nachhaltig, erdbebensicher und ohne Beeinträchtigung des direkten Umfelds. Und damit wären wir bei den Herausforderungen angelangt. Es stellt sich nämlich gar nicht die Frage, ob der Hyperloop physikalisch oder technisch machbar ist – das ist er und es gibt bereits einige Start-ups, die an der Umsetzung arbeiten (unter anderem auch ein Spin-off der ETH Zürich namens Swissloop) sowie Teststrecken. Das grosse Fragezeichen ist bei Kosten, Sicherheit und derzeit auch noch beim Tempo gesetzt. Der aktuelle Tempo-Rekord von 467 km/h bei der Hyperloop Pod Competiton (ein Wettbewerb von Elon Musks Firma SpaceX), ist noch deutlich unter den angestrebten 1200 km/h und erreicht nicht mal den Wert der in China bereits etablierten Magnetschwebebahnen, die mit rund 600 km/h fahren. Bezüglich der Sicherheit bereitet unter anderem der bei heutigen Tunnels standardisierte Notausstieg Kopfzerbrechen respektive ist er beim Hyperloop noch gar nicht in der Planung berücksichtigt, weil noch keine Lösung gefunden wurde, wie man Passagiere aus einer Vakuum-Röhre rettet. Und last but not least dürften die Kosten für den Bau und Betrieb eines regulär betriebenen Hyperloops weitaus höher ausfallen, als bisher angenommen. Man darf sich also – um den Titel wiederaufzunehmen – in bekannter Scooter-Manier fragen: ‹How much is the fish?!›

Nun könnte man meinen, dass sobald mal alle Unklarheiten beseitigt sowie Sicherheit und Tempo erreicht sind, einem Hyperloop in der Schweiz eigentlich nichts im Weg stehen sollte – finanzstark wie unser kleines Land ist. Eine andere Erfahrung musste das weitaus weniger ambitionierte Projekt Swissmetro machen, welches eine unterirdische Magnetschwebebahn als öV-Angebot plante und aber aus Liquiditätsgründen 2009 in einer Sackgasse landete. Es ist generell fraglich, inwiefern das Bedürfnis nach einem Hyperloop in einem kleinen Land mit äusserst gut ausgebauten Schienennetz genug gross ist, um solch hohe Investitionen zu tätigen. Und natürlich hat der schlaue Leser schon längst eins und eins zusammengezählt: Ein Hyperloop für die kurzen Strecken innerhalb der Stadt Zürich – ob unter der VBZ-Flagge oder nicht – bleibt wahrscheinlich für immer Science-Fiction. Vorher entdecken wir wohl den Schlüssel zum Beamen.

 

Artikel teilen:

Wir verwenden Cookies, um Ihnen den bestmöglichen Service zu gewährleisten. Durch die weitere Nutzung der Website stimmen Sie unserer Datenschutzerklärung zu.
Mehr erfahren