Über 100 Mal pro Jahr hilft das Cargo-Tram der Zürcher Bevölkerung beim umweltbewussten Entsorgen von nicht mehr gebrauchten oder kaputten Gegenständen. Kürzlich machte der ungewöhnliche «Müll»-Transport in Wollishofen Halt – unser Reporter war mit dabei.
Es ist kalt in Wollishofen, an diesem Montagnachmittag im Januar. So kalt gar, dass ich es bald bereue, keine Handschuhe mitgenommen zu haben. Wie leichtsinnig. Abbas Aydin war da weitsichtiger, er hat seine mit dabei. Was für seine Berufserfahrung spricht – er ist nämlich einer der «Aufpasser» des Cargo-Trams, einer Gratisdienstleistung der Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ) und des städtischen Entsorgungs- und Recyclings-Departements (ERZ).
Zwischen Knochen- und Traumjob
Abbas fährt das Cargo-Tram an die Haltestellen und hilft den ERZ’lern, die Mulden zu füllen. «Ungefähr vier Stunden pro Einsatz, manchmal mehr, manchmal weniger», präzisiert Abbas. Aber, das ist gewiss, sowohl bei über 30 Grad im Sommer, wie auch bei minus fünf Grad im Winter gibt es keine Ausnahmen, kein Pardon.
Sein heutiger Einsatz ist schon seit zwei Stunden in Gange. Zeit, um sich in einem Tramwagen etwas aufzuwärmen. Doch die Kundschaft kommt weiterhin in Scharen, die Kälte scheint sie nicht besonders zu beeindrucken. Mit ihren ausrangierten Gegenständen eilen sie emsig an uns vorbei. «Magst du einen Tee?», fragt mich Abbas gastfreundlich.
Er hat seine Hausaufgaben definitiv gemacht, denn unter seiner Arbeitskleidung trägt er einige Schichten Thermounterwäsche. «Eigentlich sollte man uns in der TV-Sendung ‹Galileo› bringen – die immer wieder mal Extreme thematisiert – im Winter ist es wirklich ein Knochenjob», sagt der aus der Türkei stammende Abbas, der als Trampilot bei den VBZ tätig ist, und schmunzelt.
Was hier an der Cargo-Haltestelle Wollishofen abgeht, ähnelt einem schrägen Schubkarrenrennen: Ohne miteinander grosse Worte zu wechseln, hecheln und keuchen die Anwohnerinnen und Anwohner mit ihren beladenen Transportgeräten heran, laden die Altlasten und den Müll ab, salutieren, drehen um, und eilen wieder davon. «Im Sommer, wenn es wärmer ist, ist die Atmosphäre meist lockerer», sagt Abbas, «dann kommen wir mit den Kunden oft ins Plaudern».
«Eigentlich sollte man uns in der TV-Sendung ‹Galileo› bringen… Im Winter ist es wirklich ein Knochenjob!»
Was nicht alles entsorgt wird
In der Regel sind es haufenweise Sofas, Matratzen, Schränke, Gartenschaufeln, alte Kassetten und Puppen oder Spielzeug, die im Cargo-Tram entsorgt werden. «Da kommt der zusätzliche Müllwagen gerade recht», so Abbas. In Wollishofen werden bei jedem Einsatz circa 10 Tonnen Sperrgut entsorgt. Jährlich ist von 400 Tonnen Müll die Rede. Davon sind 265 Tonnen Sperrgut, 73 Tonnen Metall, 52 Tonnen Elektrogeräte, acht Tonnen Schutt und zweieinhalb Tonnen Akkus.
Nach dreieinhalb Stunden nimmt die Intensität des Schubkarrenrennens ab, der Einsatz nahe am Gefrierpunkt neigt sich dem Ende zu. Auch wenn das Abbas nicht explizit ausspricht, ahne ich, dass es ihm wohl genauso geht wie mir: Auch er sehnt sich jetzt nach einem heissen Bad.
Hand in Hand für ein sauberes Zürich
Seit 2003 betreiben Entsorgung + Recycling Zürich (ERZ) und die Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ) Hand in Hand das Cargo und E-Tram. Den Zürcher Einwohnern zuliebe steht es über 100 Mal im Jahr als Deponie für verschiedene Güter an unterschiedlichen Haltestellen zur Verfügung. Weitere Infos zum Cargo-Tram finden Sie hier.