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Die Zeit wird reif

Affoltern und der ÖV – das war in früheren Jahren vor allem eine Geschichte misslungener Bestrebungen. Beim Bus brauchte es 5 Anläufe und 27 Jahre, bis eine einigermassen befriedigende Lösung realisiert werden konnte. Die Affoltemer Tramidee ist noch viel älter. Bereits vor 122 Jahren gab es den ersten Anlauf, dann war das Thema 50 Jahre lang ein Dauerbrenner. Insgesamt 4 Konzessionsgesuche wurden eingereicht, ehe eine längerdauernde Funkstille einkehrte. Einmal war das Tram Affoltern sogar Realität – allerdings nur auf den Trambilletten.

Bettelarme Gemeinde

Kurioserweise hiess das einstige Bauerndorf im Furttal ursprünglich «Affoltern bei Höngg»; es gehörte halt lange Zeit zur Grosspfarrei Höngg. 1896 wurde es umgetauft und hiess nun offiziell «Affoltern b. Zürich». Es waren vor allem Arbeiter, die nach Affoltern zogen; sie verdienten ihr Brot in Oerlikon oder Zürich und brachten kaum Steuern ein. Die Gutsituierten waren rar. Daher fehlte stets das Geld und die Einrichtung eines öffentlichen Verkehrsmittels war eine steinige Sache. Mit der Eingemeindung 1934 wurde Affoltern Teil der Stadt, verlor seine Eigenständigkeit, aber auch seine finanziellen Probleme.
Einen Bahnhof gab es zwar schon, die Verbindungen waren indes miserabel. 1905 verkehrten beispielsweise nur gerade fünf Züge in jede Richtung; wer den 9-Uhr-52-Zug verpasste, musste bis 13.29 Uhr auf den nächsten warten und für die Heimkehrer fuhr um 18.45 Uhr der letzte Zug. Schon früh bemühten sich die Affoltemer um einen Tramanschluss. 1897 fand im Restaurant Grünau eine erste Zusammenkunft interessierter Bürger statt. Damit begann die unendliche Geschichte.

Auch 1923 hält der Elan in der Bevölkerung für ein Tram nach Affoltern weiter an. Diese Versammlung wurde von 108 Interessierten besucht, erneut wurde eine Kommission gewählt und wieder verlief die Sache im Sand. (Flugblatt, Stadtarchiv Zürich, Ⅵ.AF.D.5.:4.f)
Allererster Anlauf für ein Tram Affoltern: Einladung zur Versammlung im Restaurant Grünau. Gewählt wurde ein Komitee, welches die Sache weitertreiben sollte. Solche Bürgerversammlungen gab es verschiedene, doch versandeten die Bemühungen regelmässig, weil das nötige Geld für den Bau nicht aufzutreiben war. (Inserat im «Tages-Anzeiger» vom 5. November 1897; alle Zeitungsabbildungen: Zentralbibliothek Zürich)
Auch 1923 hält der Elan in der Bevölkerung für ein Tram nach Affoltern weiter an. Diese Versammlung wurde von 108 Interessierten besucht, erneut wurde eine Kommission gewählt und wieder verlief die Sache im Sand. (Flugblatt, Stadtarchiv Zürich, Ⅵ.AF.D.5.:4.f)
Allererster Anlauf für ein Tram Affoltern: Einladung zur Versammlung im Restaurant Grünau. Gewählt wurde ein Komitee, welches die Sache weitertreiben sollte. Solche Bürgerversammlungen gab es verschiedene, doch versandeten die Bemühungen regelmässig, weil das nötige Geld für den Bau nicht aufzutreiben war. (Inserat im «Tages-Anzeiger» vom 5. November 1897; alle Zeitungsabbildungen: Zentralbibliothek Zürich)

1903, 1910, 1928: Platzhirsch ZOS erwirbt Konzessionen

Nägel mit Köpfen machte die Strassenbahn Zürich–Oerlikon–Seebach (ZOS). Das private Unternehmen beherrschte und verteidigte das Feld in Zürich Nord. 1903 reichte es ein Konzessionsgesuch ein für eine Tram-Querverbindung von Wallisellen über Schwamendingen–Oerlikon–Affoltern nach Regensdorf. Nicht zuletzt waren taktische Gründe die Motivation für das Konzessionsbegehren, das Unternehmen wollte allfälligen Konkurrenten zuvorkommen. Die Konzession wurde erteilt, gebaut wurde allerdings nur das Teilstück Schwamendingen–Oerlikon. Für die Strecke nach Affoltern war der Übergang über die SBB-Gleise beim Bahnhof Oerlikon problematisch, denn die Regensbergbrücke bestand damals noch nicht. Daher wurde dieser Projektteil zurückgestellt.

1910 erfolgte ein erneuter Anlauf. Das ursprüngliche Projekt wurde abgeändert. Nun wurde Affoltern zum Endpunkt. Auf der gegenüberliegenden Seite sollte die Linie nach Dübendorf führen, um dem dortigen Flugplatz einen Tramanschluss zu bieten. Ganz uneigennützig war die ZOS nicht, zwar hätte sie sich am Bau beteiligt, aber nur, wenn auch lokale Geldgeber ihren Beitrag geleistet hätten. Trotz wiederholten Anläufen gelang das in Affoltern nie. Ein letzter vielversprechender Versuch scheiterte 1926, als von den geforderten 200 000 Franken Aktienzeichnungen nur 175 000 Franken zusammenkamen.

1928 kam dann noch eine abgespeckte Version aus dem Hause ZOS aufs Tapet: eine Tramlinie bis Neuaffoltern. Die Weiterführung nach Westen sah man nicht vor. Die anschliessende Wehntalerstrasse erachtete man als zu schmal, als dass man hier Tramschienen hätte einbauen können. Der Plan war nur das Anhängsel eines andern Projektes: eine Tramlinie durch die Hofwiesenstrasse Richtung Stadt. Damit reagierte die ZOS auf die Pläne der Städtischen Strassenbahn, die ebenfalls nach Oerlikon vorrücken wollte. Die Sache ging wie folgt aus: Die Städtische Strassenbahn erhielt die Konzession und baute 1930 die Linie. Die ZOS wurde ein Jahr später durch die Stadt aufgekauft. Auf die Stichlinie nach Neuaffoltern wurde verzichtet.

Projekt 1903: Streckenverlauf der geplanten Nordtangente von Wallisellen nach Regensdorf durch weitgehend unbebautes Gebiet. Blau die bestehende ZOS-Stammstrecke (die Unterführung nach Seebach ist noch nicht gebaut). Die als Variante eingezeichnete Verbindungslinie B–A im Verlauf der heutigen Berninastrasse hätte die direkte Führung von Tramkursen Zürich–Affoltern ermöglicht. (Schweizerische Bundesarchiv, E53#1000/893#13159*)
Im Projekt von 1910 ist Affoltern die Endstation. Die Linienführung zwischen Oerlikon und Neuaffoltern verläuft im Zuge der zu diesem Zeitpunkt zwar beschlossene, aber noch nicht gebaute Weststrasse (heute Regensbergstrasse). Eine Projektvariante (gestrichelt) führt in Oerlikon direkt zum Sternen, wo die Verbindung zur 1906 eröffneten (1931 wieder eingestellten) Linie nach Schwamendingen hergestellt wird. (Schweizerische Bundesarchiv, E53#1000/893#13165*)
Hätten die Affoltemer Trampläne im ersten Drittel des letzten Jahrhunderts geklappt, so wären solche Wagen auch nach Affoltern gefahren. Tram der ZOS am Bahnhofquai, 1920er Jahre. (Archiv Tram-Museum Zürich)
1928: Konzessionsbegehren Nummer 3: Stichstrecke Oerlikon–Neuaffoltern (rot). Blau die bestehende ZOS-Linie, grün ist eine von der ZOS projektierte Linie durch die Hofwiesenstrasse, welche ab Radiostudio durch die Wehntalerstrasse zum Milchbuck geführt hätte. Gebaut wurde 1930 dann allerdings die Strecke über den Bucheggplatz. (Schweizerische Bundesarchiv, E53#1000/893#13180*)
Projekt 1903: Streckenverlauf der geplanten Nordtangente von Wallisellen nach Regensdorf durch weitgehend unbebautes Gebiet. Blau die bestehende ZOS-Stammstrecke (die Unterführung nach Seebach ist noch nicht gebaut). Die als Variante eingezeichnete Verbindungslinie B–A im Verlauf der heutigen Berninastrasse hätte die direkte Führung von Tramkursen Zürich–Affoltern ermöglicht. (Schweizerische Bundesarchiv, E53#1000/893#13159*)
Im Projekt von 1910 ist Affoltern die Endstation. Die Linienführung zwischen Oerlikon und Neuaffoltern verläuft im Zuge der zu diesem Zeitpunkt zwar beschlossene, aber noch nicht gebaute Weststrasse (heute Regensbergstrasse). Eine Projektvariante (gestrichelt) führt in Oerlikon direkt zum Sternen, wo die Verbindung zur 1906 eröffneten (1931 wieder eingestellten) Linie nach Schwamendingen hergestellt wird. (Schweizerische Bundesarchiv, E53#1000/893#13165*)
Hätten die Affoltemer Trampläne im ersten Drittel des letzten Jahrhunderts geklappt, so wären solche Wagen auch nach Affoltern gefahren. Tram der ZOS am Bahnhofquai, 1920er Jahre. (Archiv Tram-Museum Zürich)
1928: Konzessionsbegehren Nummer 3: Stichstrecke Oerlikon–Neuaffoltern (rot). Blau die bestehende ZOS-Linie, grün ist eine von der ZOS projektierte Linie durch die Hofwiesenstrasse, welche ab Radiostudio durch die Wehntalerstrasse zum Milchbuck geführt hätte. Gebaut wurde 1930 dann allerdings die Strecke über den Bucheggplatz. (Schweizerische Bundesarchiv, E53#1000/893#13180*)

1905: Zwei Monate lang Autobus-Probefahrten

Parallel zu den Tramplänen wurde die Erschliessung Affolterns mit dem Bus angestrebt. Im April 1905 sprang die Schweizerische Automobil-Betriebsgesellschaft in die Bresche und nahm vom Milchbuck über Affoltern nach Regensdorf einen Probebetrieb auf. Das Unternehmen, ein Jahr zuvor gegründet, hatte ein interessantes Geschäftsmodell. In verschiedenen Landesgegenden schickte es Autobusse auf Probefahrt. Ziel war es, lokale Investoren zu gewinnen und mit ihrer Hilfe Tochtergesellschaften zu gründen. Die Automobil-Betriebsgesellschaft hätte Logistik und Abrechnung besorgt, Fahrpläne und Betriebsvorschriften nach einem einheitlichen Schema ausgearbeitet, wäre – etwa bei Wagendefekten oder Grossanlässen – mit eigenen Wagen eingesprungen und hätte einen eigene Reparaturwerkstätte für die Wagen aller Tochtergesellschaften eingerichtet.

Die Probefahrten im Furttal wurden von Pech verfolgt. Drei Wochen nach Betriebsaufnahme verunglückte der Wagen beim Katzensee. Wie die Medien berichteten, hatte der Chauffeur das Steuer dem Kondukteur überlassen, welcher auf der frisch gekiesten Strasse die Herrschaft über den Wagen verlor. Der Bus prallte gegen einen Baum, stürzte ein drei Meter hohes Bord hinunter und landete im Sumpf. Der Wagen wurde arg demoliert, der Kondukteur verletzt. Zur Bergung musste der Wagenkasten vom Fahrgestell getrennt werden. Vier Pferde waren nötig, das Fahrzeug wieder auf die Strasse hinaufzuziehen. Am 5. Juni wurde der Betrieb eingestellt. Nicht wegen des Unglücks, sondern weil es nicht gelang, in Affoltern und Umgebung Geldgeber für einen dauernden Betrieb zu finden. Auch die Automobil-Betriebsgesellschaft hatte letztlich keinen Erfolg. 1909 wurde sie liquidiert.

Fototermin mit «Orion»-Bus der Schweiz. Automobil-Betriebsgesellschaft. Sichtlich stolzer Chauffeur in Pose, links neben dem Wagen der Kondukteur und die Wirtstocher, die für das leiblich Wohl sorgt. Der nobel gekleidete Mann im Hintergrund ist Johannes Leemann, Verwalter der Strafanstalt Regensdorf und einer der Initiatoren des Projekts. «Milchbuck» ist in höchst eigenwilliger Schreibweise auf der Routentafel verewigt – ob da jemand an die Milchbüchlein-Rechnung gedacht hat? Regensdorf, 1905. (Baugeschichtliches Archiv der Stadt Zürich)
Auch in andern Landesgegenden war die Schweiz. Automobil-Betriebsgesellschaft mit Probefahrten aktiv, so auf der Strecke Horgen–Hirzel. Die Aufnahme eignet sich als Stilstudie für die Autobusse der Urgrossvaterzeit. Wagen der Zürcher Auto-Fabrik Orion, Frontlenker mit benzinbetriebenem Zweizylinder-Motor, auf beiden Seiten offener Chauffeursitz, im Innern 16 Sitzplätze (Längssitze), Einstieg hinten, zugelassene Höchstgeschwindigkeit: 20 km/h. 1905. (Archiv Tram-Museum Zürich)
Siebenmal täglich von Regensdorf zum Milchbuck und zurück. Fahrplan des Probebetriebes 1905. (Inserat im «Tages-Anzeiger» vom 10. April 1905)
Salto mortale! Einzelne Zeitungen berichten in launigen Worten über das Unglück am Katzensee. Die Meldung über die Betriebseinstellung der Fahrten nach Regensdorf ist etwas voreilig; der Betrieb wurde nach dem Unfall wieder aufgenommen und erst anfangs Juni eingestellt. («Bülach-Dielsdorfer Volksfreund», 3. Mai 1905)
Fototermin mit «Orion»-Bus der Schweiz. Automobil-Betriebsgesellschaft. Sichtlich stolzer Chauffeur in Pose, links neben dem Wagen der Kondukteur und die Wirtstocher, die für das leiblich Wohl sorgt. Der nobel gekleidete Mann im Hintergrund ist Johannes Leemann, Verwalter der Strafanstalt Regensdorf und einer der Initiatoren des Projekts. «Milchbuck» ist in höchst eigenwilliger Schreibweise auf der Routentafel verewigt – ob da jemand an die Milchbüchlein-Rechnung gedacht hat? Regensdorf, 1905. (Baugeschichtliches Archiv der Stadt Zürich)
Auch in andern Landesgegenden war die Schweiz. Automobil-Betriebsgesellschaft mit Probefahrten aktiv, so auf der Strecke Horgen–Hirzel. Die Aufnahme eignet sich als Stilstudie für die Autobusse der Urgrossvaterzeit. Wagen der Zürcher Auto-Fabrik Orion, Frontlenker mit benzinbetriebenem Zweizylinder-Motor, auf beiden Seiten offener Chauffeursitz, im Innern 16 Sitzplätze (Längssitze), Einstieg hinten, zugelassene Höchstgeschwindigkeit: 20 km/h. 1905. (Archiv Tram-Museum Zürich)
Siebenmal täglich von Regensdorf zum Milchbuck und zurück. Fahrplan des Probebetriebes 1905. (Inserat im «Tages-Anzeiger» vom 10. April 1905)
Salto mortale! Einzelne Zeitungen berichten in launigen Worten über das Unglück am Katzensee. Die Meldung über die Betriebseinstellung der Fahrten nach Regensdorf ist etwas voreilig; der Betrieb wurde nach dem Unfall wieder aufgenommen und erst anfangs Juni eingestellt. («Bülach-Dielsdorfer Volksfreund», 3. Mai 1905)

1910–1914: Regelmässiger Autobusbetrieb

Es war Jakob Egli, Metzger und Wirt «zum Löwen», der im Mai 1910 mit Unterstützung einer Handvoll Affoltemer Persönlichkeiten einen Autobusbetrieb Milchbuck–Affoltern aufzog. Als Kursfahrzeug wurde ein Autobus der Albisrieder Firma Arbenz eingesetzt. Auch ein Reservewagen stand bereit und für alle Fälle schloss Egli mit zwei lokalen Fuhrhaltern eine Vereinbarung ab, um bei einem Ausfall beider Wagen einen Ersatzdienst mit Ross und Wagen aufzuziehen. Im August gleichen Jahres wurde eine Aktiengesellschaft gegründet. Egli übergab ihr die Konzession und trat ins zweite Glied zurück. Die ZOS beteiligte sich am Aktienkapital und stellte den Verwaltungsratspräsidenten. Guido Meyer hiess dieser Mann, einer der wohl verrücktesten Tramdirektoren aller Zeiten. Er lancierte Tram- und Bus-Projekte am laufenden Band und sammelte Direktorenposten wie andere Leute Verwaltungsratsmandate. Vom ZOS-Direktorenposten offensichtlich krass unterfordert, amtete er nebenbei bei insgesamt neun weiteren Unternehmen als Direktor, von der Dampfschiffgesellschaft Zugersee über die Uetlibergbahn bis zur Südostbahn.

Der Busbetrieb war zunächst ein Erfolg, man schaffte sogar einen neuen Saurer-Bus an. Nach dem Anfangshoch folgte die Talfahrt. 1913 sackten die Frequenzzahlen von 51 067 auf 41 664 Personen ab, während die Betriebsausgaben auf schmerzlich hohem Niveau verharrten. Im Januar 1914 erlitt der Kurswagen einen Defekt. Zu allem Unglück war auch der Reservewagen in Reparatur. Weil die Gesellschaft für einen Ersatzbetrieb kein Geld locker machen konnte, wurde der Betrieb während sechs Tagen eingestellt, was eine Rüge der Aufsichtsbehörde nach sich zog. Als die Aktionäre im Juni 1914 zur GV eingeladen wurden, um über die Zukunft zu beraten, war die Versammlung nicht beschlussfähig. Konsterniert verfügte der Verwaltungsrat die Einstellung des Betriebes. Die Gesellschaft war bankrott. Die Aktionäre verloren einen Grossteil ihres Einsatzes. Von ihren 3000 Franken musste sich die ZOS 2295 Franken ans Bein streichen. Die Zeit war einfach noch nicht reif für den Autobus.

Als es in Affoltern noch einen richtigen Dorfplatz gab. Blick Richtung Stadt. Neben dem Restaurant Löwen (links) steht der Autobus zum Milchbuck. Anstelle des imposanten Gebäudes in der Bildmitte befindet sich heute die Zehntenhausplatz-Kreuzung. 1910. (Archiv Tram-Museum Zürich)
Korrespondenz von Egli mit dem Eisenbahndepartement, in der ein allfälliger Ersatzbetrieb beschrieben wird: ein Break oder ein mit Bänken ausgerüsteter Federwagen hiesiger Fuhrhalter. 1910. (Schweizerisches Bundesarchiv, E8100B#1000/1130#870*)
Fahrplan gültig ab Betriebseröffnung (1. Mai 1910). Von Anfang an trug man auch dem Ausflugsverkehr Rechnung. Angeboten wurden Schönwetter-«Spazierfahrten» zum Katzensee, zur Ruine Altburg und zum Bergwerk Buchs. Die Nachmittags- und Abendstunden sind noch – wie in der mündlichen Umgangssprache noch heute – mit den Zahlen 1 bis 12 ausgedrückt. Die 24-Stunden-Bezeichnung wurde erst 1920 in den Fahrplänen eingeführt. («Bülach-Dielsdorfer Wochenblatt», 29. April 1910)
Euphorie am Anfang. Ausgebauter Fahrplan ab 1. Oktober 1910 mit origineller, aber keineswegs wirklichkeitsgetreuer Illustration. Aufgeführt ist jetzt auch der ZOS-Tramanschluss ab Leonhardsplatz (Central). («Bülach-Dielsdorfer Wochenblatt, 30. September 1910)
Als es in Affoltern noch einen richtigen Dorfplatz gab. Blick Richtung Stadt. Neben dem Restaurant Löwen (links) steht der Autobus zum Milchbuck. Anstelle des imposanten Gebäudes in der Bildmitte befindet sich heute die Zehntenhausplatz-Kreuzung. 1910. (Archiv Tram-Museum Zürich)
Korrespondenz von Egli mit dem Eisenbahndepartement, in der ein allfälliger Ersatzbetrieb beschrieben wird: ein Break oder ein mit Bänken ausgerüsteter Federwagen hiesiger Fuhrhalter. 1910. (Schweizerisches Bundesarchiv, E8100B#1000/1130#870*)
Fahrplan gültig ab Betriebseröffnung (1. Mai 1910). Von Anfang an trug man auch dem Ausflugsverkehr Rechnung. Angeboten wurden Schönwetter-«Spazierfahrten» zum Katzensee, zur Ruine Altburg und zum Bergwerk Buchs. Die Nachmittags- und Abendstunden sind noch – wie in der mündlichen Umgangssprache noch heute – mit den Zahlen 1 bis 12 ausgedrückt. Die 24-Stunden-Bezeichnung wurde erst 1920 in den Fahrplänen eingeführt. («Bülach-Dielsdorfer Wochenblatt», 29. April 1910)
Euphorie am Anfang. Ausgebauter Fahrplan ab 1. Oktober 1910 mit origineller, aber keineswegs wirklichkeitsgetreuer Illustration. Aufgeführt ist jetzt auch der ZOS-Tramanschluss ab Leonhardsplatz (Central). («Bülach-Dielsdorfer Wochenblatt, 30. September 1910)

1925: Anlauf 3 und 4

Der Affoltemer Garagist Fritz Frei wagte gut zehn Jahre später einen neuen Versuch. Anfangs war auch ein Compagnon an Bord, der Mechaniker Albert Schwarber. Im Mai 1925 pendelte der Bus ohne festen Fahrplan hin und her. Dann wurde das Duo darauf aufmerksam gemacht, dass es für ein solches Unterfangen eine Konzession brauche. Erschreckt stellten sie den Betrieb sofort ein und bemühten sich um eine Konzession, die sie prompt erhielten. Ab Dezember 1925 zogen sie einen fahrplanmässigen Betrieb zwischen Affoltern und Milchbuck auf; bei Bedarf wurden auch Fahrten zum Katzensee ausgeführt.

Genau in diesem Moment funkte der bereits erwähnte Guido Meyer dazwischen. Er beauftragte die Zürcher Firma Jenny, ab Oerlikon nach Affoltern einen Probe-Busbetrieb mit einem Dreiachserbus einzurichten. Es gab keinen festen Fahrplan, der Bus fuhr hauptsächlich zu den Hauptverkehrszeiten. Die ZOS gab kombinierte Billette Tram/Bus aus; eine Fahrt vom Central bis Affoltern kostete 70 Rappen: In Verbindung mit dem Bus von Frei kostete die gleiche Strecke 1 Franken. Gegen die unerwartete Konkurrenz wehrten sich Frei und Schwarber energisch, erhielten Unterstützung von politischer Seite, worauf Meyer seinen Probebetrieb nach gut zehn Tagen beendete, sich aber nicht geschlagen gab. Knapp ein Jahr später strengte er Konzessionen für Buslinien nach Regensdorf, Kloten, Dübendorf und Wallisellen an, mit dem Hintergedanken, eine kantonale Automobilgesellschaft zu gründen.

Frei führte nebenbei eine kleine Garage mit Tankstelle und kam mit seinem Busbetrieb mehr schlecht als recht über die Runden. Er beschäftigte im Fahrdienst und als Reparateure drei Mitarbeiter, musste sich aber nicht selten selbst ans Steuer setzen. Seine Frau besorgte die Buchhaltung und wenn Not am Mann war, übernahm sie auch mal den Kondukteurdienst. Obwohl Freis Pionierleistung allgemein anerkannt wurde, konnte sein Familienbetrieb auf die Dauer nicht konkurrieren. Bevölkerung und Politik forderten häufigere Fahrten und tiefere Taxen.

Autobus Fabrikat Arbenz. Fritz Frei (anfänglich Frei & Schwarber) besorgte den Busbetrieb Milchbuck–Affoltern von 1925 bis 1932. Ab 1928 bediente er auch Regensdorf. (Archiv Tram-Museum Zürich)
Endstation Milchbuck. Bus Nr. 2 von Fritz Frei wartet auf die Fahrgäste Richtung Affoltern. Der Einstieg ist auf der linken Fahrzeugseite, der Fahrerplatz rechts, um 1930. (Archiv Tram-Museum Zürich).
Fahrplan ab Dezember 1925. «Waldegg» entspricht der heutigen Haltestelle Glaubtenstrasse. Der Bus verkehrte ab Neuaffoltern über den Umweg durch die Regensberg- und Birchstrasse. («Der Wehnthaler», 11. Dezember 1925)
Autobus Fabrikat Arbenz. Fritz Frei (anfänglich Frei & Schwarber) besorgte den Busbetrieb Milchbuck–Affoltern von 1925 bis 1932. Ab 1928 bediente er auch Regensdorf. (Archiv Tram-Museum Zürich)
Endstation Milchbuck. Bus Nr. 2 von Fritz Frei wartet auf die Fahrgäste Richtung Affoltern. Der Einstieg ist auf der linken Fahrzeugseite, der Fahrerplatz rechts, um 1930. (Archiv Tram-Museum Zürich).
Fahrplan ab Dezember 1925. «Waldegg» entspricht der heutigen Haltestelle Glaubtenstrasse. Der Bus verkehrte ab Neuaffoltern über den Umweg durch die Regensberg- und Birchstrasse. («Der Wehnthaler», 11. Dezember 1925)

1932: Städtischer Busbetrieb

Nach Ablauf von Freis Konzession 1932 war der Autobusbetrieb der Städtischen Strassenbahn zur Stelle. Frei erhielt eine Entschädigung, deren Höhe ihn freilich nicht glücklich stimmte. Seine Fahrzeuge mochte die Stadt nicht übernehmen, sie seien für den Stadtverkehr nicht geeignet. Auch das Personal wurde nicht übernommen. Von den drei Mitarbeitern war der eine mit 39 zu alt, der andere mit 22½ zu jung und der dritte hatte das Schweizer Bürgerrecht nicht. Die Stadt hatte damals rigorose Anforderungsbedingungen: Nur Schweizer zwischen 25 und 30 Jahren hatten eine Chance.
Am 16. September 1932 fuhr der erste Bus der Linie D nach Affoltern. Nun verkehrten 41 Kurspaare, statt 17. Der Fahrpreis in die Stadt ermässigte sich um die Hälfte. Der Freudentag war vor allem ein Fest für die Affoltemer Schuljugend. Sie kam in Genuss eines schulfreien Freitagnachmittags, einer Ausfahrt im blau-weissen Bus und einem Zvieri am Katzensee. 1950 kam ab Bucheggplatz eine zweite Buslinie hinzu (Linie M, dann 64, dann 74, heute 32 und Vorläuferin der geplanten Tramlinie).

Für kurze Zeit bediente die Linie 64 Affoltern; Saurer-Bus auf der noch reichlich schmalen Wehntalerstrasse zwischen Zehntenhausplatz und Hungerbergstrasse, 1955. (Archiv Tram-Museum Zürich).
Die einstige Endhaltestelle «Furttal» (heute «Hungerbergstrasse» mit der noch immer bestehenden Schleife). Erst 1986 wurde die Linie zum Holzerhurd verlängert. 1955 (Baugeschichtliches Archiv der Stadt Zürich)
Fahrplan 1932: Endlich hat Affoltern ein zeitgemässes ÖV-Angebot. Die städtische Linie D führt nach Oerlikon und ist nach Schwamendingen durchgebunden. (Ausschnitt aus dem «Tagblatt der Stadt Zürich» vom 16. September 1932)
Für kurze Zeit bediente die Linie 64 Affoltern; Saurer-Bus auf der noch reichlich schmalen Wehntalerstrasse zwischen Zehntenhausplatz und Hungerbergstrasse, 1955. (Archiv Tram-Museum Zürich).
Die einstige Endhaltestelle «Furttal» (heute «Hungerbergstrasse» mit der noch immer bestehenden Schleife). Erst 1986 wurde die Linie zum Holzerhurd verlängert. 1955 (Baugeschichtliches Archiv der Stadt Zürich)
Fahrplan 1932: Endlich hat Affoltern ein zeitgemässes ÖV-Angebot. Die städtische Linie D führt nach Oerlikon und ist nach Schwamendingen durchgebunden. (Ausschnitt aus dem «Tagblatt der Stadt Zürich» vom 16. September 1932)

1946–1950: Ausser Spesen …

Im Zweiten Weltkrieg hatten die tramlosen Quartiere besonders zu leiden. Der Treibstoffmangel zwang zu Einschränkungen im Autobusbetrieb. Zeitweise wurde an Sonntagen der Autobusbetrieb ganz eingestellt. Betroffen waren vor allem die bevölkerungsreichen Quartiere Schwamendingen und Affoltern. Nach dem Krieg nahm der Verkehr rapid zu. Daher tauchte die Idee der Tramerschliessung für die beiden Quartiere auf.  Zunächst war die Sache unbestritten. Der Stadtrat stand voll dahinter, als 1946 ein Konzessionsgesuch eingereicht wurde. Die Pläne für den Strassenausbau mit Tramgleisen wurden ausgearbeitet. Im Gegensatz zu früheren Projekten wurde die Doppelspur vorgesehen und für Affoltern eine Anbindung an die Stadt, direkt über die Wehntalerstrasse Richtung Bucheggplatz gesucht. Auf den Trambilletten wurde die Strecke bis Neuaffoltern bereits eingezeichnet.

Dann schlug die Stimmung um. In der Bevölkerung und auch in der Politik regte sich Widerstand und es entbrannte ein regelrechter Glaubenskrieg «Tram oder Trolleybus». Denn der mit einheimischer Energie betriebene Trolleybus war für viele das Transportmittel der Zukunft. Der freisinnige Gemeinderat und Quartiervereinspräsident Georg Kempf – für seine Verdienste im Quartier ist sogar eine Strasse nach ihm benannt – lancierte eine private Umfrage in der Bevölkerung. 68 Prozent der Affoltemer votierten für den Trolleybus, nur 32 Prozent für das Tram. Auf der andern Seite empfahl eine eigens eingesetzte Kommission aus drei externen Fachleuten den Bau der Tramlinie. Auch die VBZ-Leitung und der Vorstand der Industriellen Betriebe, Stadtrat Jakob Baumann, traten für das Tram ein, während der Stadtingenieur sich für eine Buslösung aussprach. In der Stadtratssitzung vom 18. August 1950 wurde die Tramlinie nach Schwamendingen von einer Mehrheit im Stadtrat abgelehnt, man wollte generell keine neuen Tramlinien. Damit wurde auch das Tram Affoltern ein weiteres Mal für Jahre auf Eis gelegt.

Schwamendingen hat nie einen Trolleybus erhalten, aber 1986 mit viel Verspätung doch noch ein Tram. Dafür bekam Affoltern – ebenfalls mit reichlicher Verzögerung – 1975 den Trolleybus. Und jetzt dann hoffentlich das Tram – damit die unendliche Geschichte zu einem Abschluss kommt.

Nur auf dem Papier: Kurzstrecken-Billett mit Tramlinie (rot eingekreist) vom Bucheggplatz («Buch») über die projektierte Haltestelle Nordheimstrasse («No’h») nach Neuaffoltern («NA»). Auch eine Tramlinie nach Schwamendingen ist schon «realisiert». Damals lochten die Kondukteure auf dem aufgedruckten Linienplan das Endziel der Fahrt. (Archiv Tram-Museum Zürich)
Alles aufgegleist: Konzession beantragt, Haltestellen festgelegt, Fahrplan ausgearbeitet … – es hat nicht sollen sein, 1950 wurde das Vorhaben gebodigt. Ausschnitt aus Stadtratsbeschluss Nr. 880 vom 26. April 1946. (Archiv VBZ)
Ab 1975 kam der Trolleybus nach Affoltern. Ein «Jumbo»-Trolley der einstigen Linie 74 (1999 mit der Linie 32 verknüpft) am Bucheggplatz, 1986. (Archiv Tram-Museum Zürich, Foto Salvatore Leggio)
Nur auf dem Papier: Kurzstrecken-Billett mit Tramlinie (rot eingekreist) vom Bucheggplatz («Buch») über die projektierte Haltestelle Nordheimstrasse («No’h») nach Neuaffoltern («NA»). Auch eine Tramlinie nach Schwamendingen ist schon «realisiert». Damals lochten die Kondukteure auf dem aufgedruckten Linienplan das Endziel der Fahrt. (Archiv Tram-Museum Zürich)
Alles aufgegleist: Konzession beantragt, Haltestellen festgelegt, Fahrplan ausgearbeitet … – es hat nicht sollen sein, 1950 wurde das Vorhaben gebodigt. Ausschnitt aus Stadtratsbeschluss Nr. 880 vom 26. April 1946. (Archiv VBZ)
Ab 1975 kam der Trolleybus nach Affoltern. Ein «Jumbo»-Trolley der einstigen Linie 74 (1999 mit der Linie 32 verknüpft) am Bucheggplatz, 1986. (Archiv Tram-Museum Zürich, Foto Salvatore Leggio)

 

Das Tram Affoltern – City

Weshalb braucht Zürich-Affoltern ein eigenes Tram?

Lesen Sie dazu das vbzonline-Interview oder besuchen die Website www.vbz.ch/affoltern.

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