Das Energiemanagement des «SwissTrolley plus» – dem modernsten Trolleybus der VBZ mit Hochleistungs-Traktionsbatterie – wurde von der ETH Zürich entwickelt. Im Interview erklären Dr. Philipp Elbert und Andreas Ritter, was das Besondere an diesem Bus ist und wie dieser selbst lernen kann.
Schauen Sie den ersten Teil des Interviews im folgenden Video und lesen Sie anschliessend weiter.
Herr Elbert, was für eine Formel braucht es, um eine selbstlernende Maschine zu bauen? Oder wie ist es möglich, dass eine Maschine selbständig lernt?
Dr. Philipp Elbert: Eine einfache Formel gibt es nicht. Man muss das System so designen, dass es Möglichkeiten bietet, Informationen zu sammeln, aufzuarbeiten, zu kombinieren und zur Verfügung zu stellen, so dass sie genutzt werden können, um die Entscheidungen zu verbessern.
Ein konkretes Beispiel ist ein Trolleybus mit Batteriepaket. Die zum Fahren benötigte Energie kann wahlweise entweder der Batterie oder der Fahrleitung entnommen werden. Die Entscheidung, zu welchem Zeitpunkt aus der Fahrleitung nachgeladen wird, hat massgebenden Einfluss auf die Energieeffizienz des Systems. Zusätzlich muss der Batterieladestand genau so vorausgeplant werden, dass zu jedem Zeitpunkt einerseits genügend Energie zur Verfügung steht, um zu fahren, aber andererseits auch, dass genügend freie Kapazität in der Batterie vorhanden ist, um die beim Bremsen zurückgewonnene Energie aufzunehmen.
Können denn die jetzigen Trolleybusse diese Energie überhaupt aufnehmen und weiterverwenden?
Dr. Philipp Elbert: Herkömmliche Trolleybusse können regenerativ bremsen und Energie zurückgewinnen. Diese Energie wird verwendet, um Nebenaggregate zu betreiben oder sie zurück ins Netz zu speisen. Das Netz hat jedoch nur begrenzte Aufnahmekapazität und so kommt es dazu, dass ein grosser Anteil dieser zurückgewonnenen Energie verschwendet werden muss. Gemäss aktuellen Berechnungen können wir mit dem «SwissTrolley plus» gegenüber herkömmlichen Trolleybussen bis zu 15% mehr Energie einsparen. Um dieses Potenzial auszuschöpfen, müssen wir dem Energiemanagement jedoch detaillierte Informationen über die zu fahrende Strecke bereitstellen – beispielsweise muss das Energiemanagement wissen, welche Streckenabschnitte ohne Fahrleitung zurückgelegt werden müssen, oder ob die Linie bergauf oder bergab führt. Andreas Ritter hat in seiner Masterarbeit einen Algorithmus entworfen, der diese Informationen selbständig sammelt, aufarbeitet und bereitstellt.
Herr Ritter, Sie haben mit Ihrer Masterarbeit zentral dazu beigetragen, das selbstlernende Energiemanagement auf dem SwissTrolley plus umzusetzen. Wie sind Sie dabei vorgegangen und was ist das Resultat Ihrer Arbeit?
Andreas Ritter: Wir haben den klassischen Ansatz gewählt. Zuerst machten wir eine Literaturrecherche und haben dabei herausgefunden, dass die bestehenden Algorithmen, also das, was die Forschung bietet, nicht dem entspricht, was wir benötigen. Aufgrund dessen haben wir dann überlegt, wie wir das Problem lösen können und das zuerst in der Simulation und dann auf dem Vorgängerbus umgesetzt.
Sind diese wissenschaftlichen Erkenntnisse für jeden zugänglich?
Andreas Ritter: Natürlich sind diese gespeichert, jedoch nicht für jedermann zugänglich. Den Programmcode behalten wir für uns. Wir haben das System vor allem mittels Simulationen berechnet und konnten so aufzeigen, dass es funktioniert.
Inwiefern werden Maschinen mit selbstlernendem Energiemanagement die Welt verändern?
Andreas Ritter: Das ist schwierig zu sagen. Da gehen auch die Meinungen in der Forschung weit auseinander. Ich denke, die Maschinen werden so schnell nicht so viel revolutionieren. Der Automatisierungsprozess wird sicherlich weitergehen. Ich glaube aber, dass in der Informatik, also in der Datenverarbeitung, sich einiges tun wird.
Aber ganz ohne menschliches Zutun geht es auch in den nächsten 50 Jahren nicht?
Andreas Ritter: Nein, ich denke nicht. Der Knackpunkt wird dann kommen, wenn man eine Maschine oder einen Computer entwickeln kann, der intelligenter als der Mensch ist. Ab dann kann sich der Computer selbst erfinden. Wann, beziehungsweise, ob ein solcher „lebendiger“ Computer überhaupt jemals möglich sein wird, lässt sich aktuell noch nicht abschliessend beantworten.
«SwissTrolley plus» – hier fährt die Zukunft
Für die Erschliessung städtischer Entwicklungsgebiete setzen die VBZ auf die Entwicklung neuer, moderner Batterie-Trolleybusse. Mit dem vom Bundesamt für Energie unterstützten Leuchtturmprojekt «SwissTrolley plus» entsteht der Trolleybus der Zukunft: Während die heute eingesetzten Trolleybusse erst auf kurzen Teilstrecken ohne Fahrleitung verkehren, kann der Hochleistungs-Trolleybus längere Abschnitte im Batteriemodus befahren. Sein Einsatz ist Teil der Elektrifizierungsstrategie «eBus VBZ». Hier geht es zur Medienmitteilung.Projektwebsite: www.swisstrolleyplus.ch