Von der Bretagne in die Limmatstadt

Gross, schlanke Figur und aufgeschlossene, vertrauenswürdige Augen – das ist Mickaël André, Diagnostiker bei den VBZ und entgegen seinem französischen Blut kein richtiger Fussball-Fan. Vor dem EM-Spiel Schweiz gegen Frankreich trafen wir ihn trotzdem oder genau deswegen zum Gespräch.

In meiner naiven Erwartung treffe ich eine ältere Plappertasche mit fuchtelnden Händen – wie die Franzosen halt sind, denke ich. Doch Mickaël André ist gerade mal 30 Jahre jung und seine ruhige Art lässt ihn wie jemand erscheinen, den nichts aus der Fassung bringen kann. Seine Art zu kommunizieren ist gut überlegt und nur selten stolpert der sympathische Franzose über ein deutsches Wort, obwohl er erst seit vier Jahren in der Schweiz lebt. Die Liebe – wie könnte es anders sein – hat ihn aus der Bretagne ins Nachbarland und schlussendlich nach Zürich verschlagen. Seit März 2016 ist der gelernte Diagnostiker für die Störungsbehebung bei Autobussen und Trolleybussen der Garage Hardau zuständig. Auch beruflich hat ihn sozusagen die Liebe zum Umsteigen bewogen, nämlich die Leidenschaft für Elektro-Fahrzeuge. Mickaël möchte mit seiner Arbeit die Zukunft der Mobilität mitgestalten.

Eine bessere Zukunft sieht Mickaël auch im Leben in der Schweiz. Die aktuelle Situation in seinem Heimatland sei unbegreiflich. Frankreich sei momentan ein einziger grosser Streik aufgrund der vorgesehenen Revision des Arbeitsgesetzes. Blockierte Autobahnen und ÖV-Strecken sowie leergeräumte Tankstellen gehören offensichtlich zur Tagesordnung. Aber nicht nur die politische Lage unterstreiche die Unterschiede zwischen der Schweiz und Frankreich. Die grösste Ungleichheit läge in der Organisation. Frankreich sei manchmal ein riesen «Puff». «Als Franzose werde man in der Schweiz gut aufgenommen, denn die Schweizer Bürger seien offen im Umgang und brächten viel Geduld gegenüber seinem noch nicht perfekten Deutsch auf.» Ein Teil von ihm bleibe aber immer französisch, so falle ihm zum Beispiel die Gradlinigkeit öfters schwer. Dafür sei er, was die Pünktlichkeit angehe, durch und durch Schweizer geworden. Sässe Mickaël im Bundesrat, würde er die vielen Regeln und Gesetze im Strassenverkehr ändern. Es sei ja schrecklich, wie viele Blitzer es auf den Schweizer Strassen gäbe. Das erzeuge nur Stress beim Autofahren und die Bussen seien sowieso viel zu hoch.

«Sogar die Frauen in Frankreich sind oftmals grössere Fussballfans als ich.»

Und wie steht es um die Passion für den Fussball – als Staatsangehöriger einer grossen Fussballnation? Er selbst sei im Gegensatz zu seinen männlichen Vorfahren und Kollegen kein grosser Fussballfan. Wie praktisch in allen Familien in Frankreich steckte sein Vater ihn als Kind in einen der unzähligen Fussballclubs, doch die Begeisterung hielt gerade mal vier Jahre. Sogar die Frauen in Frankreich seien oftmals mehr Fussballfans als er. Die EM-Spiele will sich Mickaël aber doch nicht entgehen lassen. Er wird das Spiel Frankreich gegen die Schweiz bequem von zu Hause aus schauen, auch wenn sich die Franzosen normalerweise die Spiele lieber in einer Bar zu Gemüte führen. Mickaël tippt auf ein 2:1 für Frankreich. Die französische Mannschaft habe ihre Hochs und Tiefs, profitiere aber sicherlich vom Heimvorteil und vom Ambiente im heimischen Stadion.

Wir sind gespannt, ob Mickaël mit seinem Tipp richtig liegt. Wir wünschen allen viel Spass beim Match; möge der Bessere gewinnen.

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