Bald ist es soweit! Ab dem 2. September 2019 wendet der 2er nicht mehr am Farbhof, sondern verkehrt weiter bis nach Schlieren. Und das ohne Stau auf den neuen Gleisen der ersten Etappe der Limmattalbahn. Wir blicken auf die Anfänge der Strassenbahn im Limmattal zurück und berichten über die erste Testfahrt.
Um eines gleich vorweg zu nehmen: Eine Premiere ist es nicht, dass ein Tram zwischen Zürich und Schlieren verkehrt. Bereits zu Beginn des letzten Jahrhunderts bediente während 30 Jahren eine Überlandstrassenbahn – im Volksmund bekannt unter dem Namen «Lisebethli» – die Limmattaler Gemeinden Altstetten, Schlieren, Dietikon, Unterengstringen und Weiningen ab der damaligen Stadtgrenze Zürich-Letzigraben.
Einzug der Trolleybusse
1930 musste die Limmattal-Strassenbahn AG jedoch in Liquidation gehen. Sie wurde von der Stadt Zürich übernommen und in die «Städtische Strassenbahn Zürich» überführt. Auf den Strecken «Schlieren – Dietikon» und «Schlieren – Weiningen» kamen fortan Autobusse zum Einsatz. Die städtische Tramlinie 2 bediente von da an Schlieren, das mit dem Bahnhof Tiefenbrunnen an der südlichen Stadtgrenze verbunden war. 1956 wurde der Strassenbahnbetrieb auf dem Streckenabschnitt Farbhof – Schlieren eingestellt. Neu verkehrte der Trolleybus auf der Linie 31 von Burgwies über Zeltweg, Hauptbahnhof, Hardplatz und Farbhof bis nach Schlieren.
«Dank dem durchgehenden Eigentrassee ist das Tram auch bei hohem Verkehrsaufkommen in Schlieren und Zürich pünktlich unterwegs.»
Tram erobert Terrain zurück
Rund 60 Jahre später wird die Tramlinie 2 wieder über den Farbhof hinaus bis nach Schlieren verlängert. Die Gründe für diesen Schritt liegen auf der Hand: Das Limmattal stösst verkehrstechnisch bereits heute an seine Grenzen. An vielen Orten ist die Kapazitätsgrenze erreicht. Bis 2030 werden täglich über 113’000 zusätzliche Fahrten (ohne Durchgangsverkehr) erwartet. Dies führt zu Fahrzeitverlusten für die Busse und den Autoverkehr. Für Urs Brändle, Leiter der VBZ-Koordinationsgruppe «Verlängerung nach Schlieren», trägt die Umstellung auf Trambetrieb darum entscheidend zur Entschärfung der Situation bei: «Dank dem durchgehenden Eigentrassee ist das Tram auch bei hohem Verkehrsaufkommen in Schlieren und Zürich pünktlich unterwegs. Die Leistungsfähigkeit nimmt zu, weil in einem Tram mehr Personen Platz finden als in einem Bus. Damit sind die Voraussetzungen geschaffen, um die erwartete Zunahme von Bevölkerung und Arbeitsplätzen im Limmattal und Schlieren mit dem öffentlichen Verkehr bewältigen zu können.» So fährt die bis anhin nach Schlieren geführte Trolleybuslinie 31 ab Mai 2021 noch bis zur Haltestelle Micafil und wendet im Hermetschloo.
Test nach Mass
Damit der 2er pünktlich seinen offiziellen Kurs auf der Neubaustrecke in Angriff nehmen kann, musste vorgängig ausgiebig getestet werden, um die nötigen Zulassungen durch das Bundesamt für Verkehr zu erwirken. Am frühen Montagmorgen, 19. August 2019, war es soweit: Neben Cobra, Tram 2000, Sänfte und Pony kamen auch die Oldtimer wie Mirage, Lisbethli mitsamt Postanhänger und Elefant zum ersten Mal auf dem neuen Streckenabschnitt zum Einsatz. Für René Frieden, Projektleiter planbare Betriebsänderungen VBZ, war es ein grosser Moment, nach fünfwöchiger Intensivbaustelle am Farbhof die erste Fahrt mit dem Cobra nach Schlieren zu absolvieren.
Sichtlich erleichtert äusserte er sich, nachdem der erste Test erfolgreich verlaufen war: «Früher war ich hier als Buschauffeur auf der Linie 31 unterwegs. Es ist ein spezielles Gefühl, jetzt an gleicher Stelle mit dem Tram durchs Limmattal zu fahren. Wir stellten rasch fest, dass die neue Strecke exakt wie geplant realisiert wurde. Alle Abstände entsprechen den Vorgaben; die Signale entlang der Strecke funktionieren einwandfrei.» So steht einer Betriebsaufnahme nichts mehr im Weg. Der erste offizielle Kurs wird seine Reise am 2. September 2019 pünktlich um 4:51 Uhr in der Früh ab Farbhof bis nach Schlieren fortsetzen.
Spannend wird indes sein, zu beobachten, wie sich das Gebiet entlang des neuen Streckenabschnitts entwickelt. Neue Wohn- und Arbeitsplatzgebiete werden entstehen und durch das Tram an die Zentren von Zürich und Schlieren angeschlossen sein. Die Region wird für Firmen attraktiver, wenn sie über ein gut ausgebautes ÖV-Netz verfügt. Zudem stärkt die Limmattalbahn bestehende Standorte von Unternehmen. Auch neue öffentliche Räume entstehen, was die Standortattraktivität der Region weiter erhöht.
Zur Limmattalbahn
Das 13,4 km lange Gleistrassee vom Bahnhof Altstetten in Richtung Schlieren und weiter bis zum Bahnhof Killwangen-Spreitenbach gehört der Limmattalbahn AG, die im Besitz der Kantone Zürich und Aargau ist. Für den gesamten Unterhalt ist die Aargau Verkehr AG (AVA) verantwortlich. Die VBZ erhalten Netzzugang für die Linie 2 bis Schlieren. Ab Dezember 2022 verkehrt zudem die Linie 20 zwischen Altstetten und Killwangen-Spreitenbach. Die Linie 20 wird von der Aargau Verkehr (AVA) betrieben. Weitere Informationen unter vbz.ch und limmattalbahn.ch.