«Das Wichtigste sind die Fahrgäste»

Das Aussen- und Innendesign des neuen Trams wurde in enger Zusammenarbeit mit der Designagentur milani aus Thalwil ausgearbeitet. Wir haben uns mit Therese Naef, CEO des Unternehmens, zum Gespräch getroffen.

Frau Naef, was mögen Sie am liebsten an Ihrem Job?

Mir ist es ganz wichtig, nah an den Designprozessen dabei sein zu können. Aber die Kombination aus Kreativität und Strategie gefällt mir am besten.

Wie geht man ein Innendesign eines Fahrzeugs an?

Beim Flexity Zürich gingen wir in drei Schritten vor: Zuerst haben wir bewusst die Stadt Zürich unter die Lupe genommen. Wir haben analysiert, in welcher Umgebung und in welcher Kultur das neue Tram fahren wird, welche Farben und welche Materialien besonders auffallen. Auch haben wir beobachtet, wie die Leute sich während der Nutzung des Trams verhalten und bewegen. Neben dem Charakter der Stadt selbst sind auch die VBZ und ihre jahrelange Geschichte und die Bestandesflotte sehr wichtig für den Prozess. Der dritte und wichtigste Aspekt sind die Fahrgäste und deren aktuelle wie zukünftige Bedürfnisse. Die Benutzer stehen immer im Fokus unserer Kreativ-Prozesse.

Wie kommen Sie zu den spannenden, neuartigen Ideen?

Wir, also mein Team und ich, sammeln erst alle Einflussfaktoren und stellen diese übersichtlich und leicht verständlich für unsere Kunden und uns dar. Auf dieser Basis starten wir die Ideenentwicklung. Wichtig dabei ist, dass man sich am Anfang keine Grenzen setzt und alle Ideen ernst nimmt. Nur so kann Neues entstehen. Diese Funktions- und Gestaltungsideen werden gesammelt, inhaltlich gruppiert und in präsentierbare Konzepte abgeleitet. Dieses Resultat stellen wir anschliessend unserem Kunden vor, der dann eine Richtung wählt, die er favorisiert. Ab diesem Schritt funktioniert das Entwickeln nur noch gemeinsam durch engste kreative Zusammenarbeit interdisziplinärer Teams des Kunden und von milani. Nur so lassen sich komplexe Situationen zu einfachen Lösungen transformieren. Heute funktioniert lineares Silodenken nicht mehr! Ein neues Tram ist eine wirklich komplexe Aufgabe, weil es extrem viele Einflussfaktoren gibt, wie zum Beispiel die unterschiedlichen Nutzerbedürfnisse (z.B. Einheimische und Touristen), Sicherheitsnormen, die Interessen der Stadt, des Unternehmens oder aus der Politik.

Die verschiedenen Farben und Formen werden besprochen und ausprobiert.

Warum passt das neue Tram zu Zürich?

Die Grundform des Fahrzeugs erinnert an einen offenen Pavillon mit grossen Fenstern. Während der Fahrt soll die Stadt die «Heldin» sein. Diese Pavillon-Architektur ist typisch für die Stadt Zürich. Es ist eine ruhige, moderne Form, die gleichzeitig auch klar und streng ist und zur bestehenden Architektur passt. Die Form des VBZ-Logos stand Pate für die Gestaltung rund um die Front- und Heckbeleuchtung. Das abgerundete weisse Band schafft eine hohe Identifizierung der Fahrzeuge mit der Marke VBZ. Durch die Umklammerung der Front- und Hecklichter entsteht ein moderner Look.

Und wie sieht es innen im Tram aus?

Der Innenraum ist dank indirekter Beleuchtung gleichmässig ausgeleuchtet und wirkt dadurch grosszügig und übersichtlich. Hochwertige Materialien veredeln das Tram und sorgen für Wohlbefinden. Wir möchten damit jenen einzigartigen Mix aus Kultur und Natur abbilden, der Zürich letztendlich ausmacht.

Anhand welcher Kriterien haben Sie das Holz für den Sitz ausgewählt?

Mit dem Holzsitz haben wir versucht, ein echtes, natürliches und freundlich-warmes Material zu verwenden. Das war auch eine Vorgabe der VBZ. Holz ist schweizerisch, langlebig, hochwertig und hygienisch, und es ist ein Kompliment an das Züri-Tram «Mirage»!

Was gefällt Ihnen am neuen Tram am besten?

Am besten gefällt mir die Idee mit dem Aussenlicht: Einerseits haben wir mit dem Licht ein neues Element gefunden, das die Fahrgäste willkommen heisst, und auf der anderen Seite dienen die LED-Beleuchtungen einer verbesserten Sicherheit. Diese Kombination von Form, Nutzen und Charme entspricht unserer milani-Haltung.

Welche Reaktionen erwarten Sie von den Zürcherinnen und Zürchern?

Die Zürcher werden sich sicher freuen, ein so tolles Tram zu bekommen! Jedes neue Objekt ist am Anfang ungewohnt und teilweise müssen sich die Leute erst daran gewöhnen. Mit der Zeit, und so ist es immer mit Neuem, merken meist auch die Kritischen, dass es passt und das Altgewohnte im Grunde bereits überholt ist. Es wird spannend – und so soll es auch sein.

Letzte Frage an die Designerin als Sammlerin: Welches persönliche Designstück würden Sie nie mehr hergeben?

Eigentlich versuche ich, an nichts zu sehr festzuhalten. Aber wenn ich etwas nennen muss, wäre es mein ganz alter Eames Chair, den ich auf dem Abfall gefunden habe. Und mein Swissair-Servierwägeli, in dem ich Kabel, Sonnenbrillen und Kopfhörer aufbewahre.

Therese Naef, CEO Designagentur milani

Therese Naef ist 46 Jahre alt und seit dem Jahr 2003 Partner bei milani design & consulting AG. Seit 2008 ist sie CEO des Unternehmens.  Die Agentur begleitet mit neuesten Methoden und Denkweisen und viel Empathie mehrheitlich Schweizer Unternehmen bei Strategie-, Innovations- und Designprozessen und damit einhergehendem Kulturwandel. In ihrer Freizeit geht sie gerne in die Natur, am liebsten mit dem Mountain-Bike, teilweise auch ganz weit weg, wie beispielweise quer durch die Wüste in Ägypten.

 

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