Sie fahren fürs Leben gern Bus und Tram, dennoch müssen Sie ab den VBZ manchmal die Stirn runzeln oder gar den Kopf schütteln? Dann sind Sie in bester Gesellschaft! Fast täglich erreichen uns spannende, kuriose und häufig berechtigte Fragen zum öffentlichen Verkehr. Deshalb haben wir die Serie «Händ Sie gwüsst ...?» lanciert. In dieser Serie versuchen wir zu beantworten, was unseren Fahrgästen unter den Nägeln brennt. Heute lautet die Frage: Wie wird das Problem «Laub auf den Schienen» gelöst?
Laubfall ist ein Naturereignis, das den Trambetrieb überraschenderweise weit mehr beeinträchtigt als Schnee und Eis. Besonders betroffen sind natürlich die steigungsreichen Passagen des Netzes, beispielsweise also die Schienen der Linien 6 oder 13, die zum Zoo oder zum Albisgüetli hoch fahren. Aber auch auf flachen Abschnitten mit reichem Baumbestand in der Umgebung haben Trams Mühe mit dem Bremsen und Anfahren. Werden Blätter von den darüber rollenden Rädern zermatscht und eingefahren, wird es kritisch: In Verbindung mit Feuchtigkeit – es genügt dazu auch schon Nebel – entsteht ein rutschiger Film, der zur Folge hat, dass zwischen Rädern und Schienen keine Haftung mehr besteht und das Tram schlittert oder nicht fortkommt. Gerade für Trampilotinnen und –piloten, die ihre erste Herbstsaison absolvieren, bedeutet der ungewohnte Schienenzustand eine zusätzliche Herausforderung.
Das meint der Experte
Wie man diese Schwierigkeiten bewältigen kann, erklärt Bruno Gisler, der bei den Zürcher Verkehrsbetrieben die Unternehmenszentrale leitet und Sachkenner ist: «Zwei wirkungsvolle Mittel gibt es gegen das Schlittern blockierter Räder bei einem anhaltenden Tram: das Sanden und vor allem die Magnetschienenbremse. Diese Zusatzbremse wird eigentlich nur bei rutschigen Schienen und als Notbremse eingesetzt. Sie wirkt direkt auf das Gleis. An jedem Drehgestell rechts und links sind starke Elektromagnete angebracht. Werden sie vom Fahrer eingeschaltet, reagieren sie blitzartig. Mit einer Anziehungskraft von je fünf Tonnen saugen sie sich an den Schienen fest, während die unten an den Magneten befestigten Eisensohlen bremsend auf dem Gleis schleifen. Es handelt sich hierbei um eine ziemlich ruppige Bremsmethode, die den Wagen ins Rumpeln bringt und manchen Fahrgast von der Zeitungslektüre hochschrecken lässt. Erwähnenswert ist die Tatsache, dass die Elektromagnete von einer Batterie versorgt werden.»
Wie wird mit Sand gebremst?
Natürlich kann auch durch Sand mehr Haftung erzielt werden. Wie das geht, erläutert unser VBZ-Fachmann Hansjörg Fink, Leiter Instandhaltung Tram: «Im Herbst schiesst der Sandverbrauch massiv in die Höhe, die Sandbehälter werden in den Fahrzeugen täglich nachgefüllt. Gesandet wird beim Anfahren und beim Bremsen an den vorderen Rädern jedes motorisierten Drehgestells links und rechts. Besonders anspruchsvoll ist die Bergstrecke des 6er-Trams, da sie eine hohe Steigung aufweist.»
Das Thema Sand ist komplex. Ein weiterer Experte, Roger Fisch, Fachbereichsleiter Erhaltung, meint: «Der Sand muss gezielt eingesetzt werden. Auf der einen Seite hilft er beim Bremsen, aber er hat auch unerfreuliche Nebenwirkungen. Wenn nämlich zu viel gesandet wird, entsteht im Zusammenspiel mit dem Schienenschmierfett und dem Laub eine schwer entfernbare Masse, die den flüssigen Trambetrieb beeinträchtigen kann. Auch Tramweichen können durch zu viel Sandeinsatz in der Funktion gestört werden. Zwar werden die Gleise vorbeugend vom Laub-Belag gesäubert: Bleibt ein Tram aber stecken, wird von der Leitstelle das Laub-Pikett aufgeboten. So ist von Oktober bis Dezember innert kurzer Frist ein Reinigungszug einsatzbereit, um die Gleise zu säubern.»
Das Laub kann die Pünktlichkeit beeinflussen
All die genannten Tatsachen könnten die Pünktlichkeit natürlich beeinträchtigen. Doch die VBZ tun alles, um das Laub-Problem zu verbessern und entwickeln die Technologie stetig weiter. «Zum Einsatz kommt ein Gleisreinigungsfahrzeug, das zweierlei Dinge kann: die Schiene mit einem Hochdruck-Wasserstrahl reinigen und somit das Laub wegschwemmen, sowie den Dreck anschliessend einfach aufsaugen», berichtet Bruno Gisler.
Der Schmutzwassertank, obschon seine Kapazität gross ist, füllt sich schnell. Dieser muss während einer achtstündigen Schicht ein bis zwei Mal geleert werden. Angehängt ist zudem ein Bandrutschanhänger, der sowohl auf Pneurädern auf der Strasse wie auch auf Tramrädern auf der Schiene rollen kann. Dieser Spezialanhänger hat links und rechts, für jeden Schienenstrang, eine Art Schmirgelpapier-Streifen aufgerollt, die den Laub-Belag von den Schienen abschleift. Nach einer solchen Behandlung ist das Laub entfernt und der Schienenzustand ist wieder tadellos – wenigstens für ein Weilchen.
Fazit
Wir hoffen mal, dass heuer aus der Sicht der VBZ die alte Bauernregel eintrifft, die sagt: «Fällt das Laub recht bald, wird der Herbst nicht alt.»
*Dieser Artikel wurde erstmals am 23. Oktober 2017 veröffentlicht.