Von der Idee zur Umsetzung: das Fahrplanverfahren

Verkehrsknotenpunkt Stauffacher.

Sie fahren fürs Leben gern Bus und Tram, dennoch müssen Sie wegen der VBZ manchmal die Stirn runzeln oder gar den Kopf schütteln? Dann sind Sie in bester Gesellschaft! Fast täglich erreichen uns spannende, kuriose und häufig berechtigte Fragen zum öffentlichen Verkehr. Deshalb haben wir die Serie «Händ Sie gwüsst ...?» lanciert. In dieser Serie versuchen wir zu beantworten, was unseren Fahrgästen unter den Nägeln brennt. Heute lautet die Frage: Wie läuft das «Fahrplanverfahren» ab, das den Angebotsänderungen am Fahrplanwechsel vorangeht?

Vor einigen Tagen wurde das Tramnetz Süd vorgestellt, eine Änderung im Tramnetz, die per 2026 in Kraft treten soll. Gleichzeitig findet am kommenden Sonntag – wie immer am zweiten Wochenende im Dezember – der Fahrplanwechsel statt, der klassischerweise Neuerungen mit sich bringt. Aber wer entscheidet eigentlich darüber, was wann und wie geändert wird im Tram- und Busnetz der Stadt und Region Zürich? Wir haben Johannes Eckert, Angebotsmanager Stadt Zürich bei den VBZ, gefragt, wie das sogenannte «Fahrplanverfahren» abläuft.

Am Anfang steht die Auswertung

Natürlich entsteht ein neues Angebot im ÖV nicht aus dem Blauen heraus. Die Verkehrsplaner der Verkehrsbetriebe kennen in der Regel die Kapazitäts-, Pünktlichkeits- oder Stabilitätsprobleme, die oft auch entstehen, weil eine Region wächst, mehr Menschen dort arbeiten oder wohnen und somit den ÖV nutzen. Die Stadt lebt und verändert sich. Deswegen machen die Verkehrsbetriebe laufend Auswertungen und Langfristplanungen, um den ÖV zu verbessern und Probleme zu beheben.

Das Fahrplanverfahren umfasst zwei Jahre. Im ersten Jahr erstellen die VBZ aus verschiedenen, grob geplanten Massnahmen eine Art «Wunschliste», die sie nach Dringlichkeit priorisieren. Darunter befinden sich vor allem auch Massnahmen, die dazu dienen, die Pünktlichkeit sicherzustellen, denn wechselnde Rahmenbedingungen – ein Beispiel ist die Einführung von Tempo 30 – bringen neue Anforderungen an die Einhaltung des Fahrplans mit sich. Mit dieser Liste gehen sie erst einmal zur Regionalen Verkehrskonferenz (RVK)1, damit sich diese äussern kann, ob sie der Priorisierung zustimmt oder nicht. Anschliessend wird diese «Wunschliste» dem Zürcher Verkehrsverbund (ZVV)2übergeben.

Der ZVV ist Finanzgeber für den ÖV im Kanton Zürich. Er wird die vorgeschlagenen Massnahmen eingrenzen, und zwar schlicht deshalb, weil auch er freilich nicht über unbegrenzte Mittel verfügt. Durch diesen inhaltlichen Sachzwang wird die Liste schon mal um einiges kürzer. «Es sind etwa zwanzig Prozent, die weiterverfolgt werden können. Manches steht immer wieder auf der Liste, in der Hoffnung, dass es doch irgendwann zum Zug kommen kann», meint Eckert dazu.

Das Fahrplanverfahren nimmt Fahrt auf

Für das, was der ZVV unterstützt, erstellen die Verkehrsplaner der VBZ ein detailliert ausgearbeitetes Konzept, das sowohl der RVK als auch dem ZVV vorgestellt wird, ehe die Massnahmen alle zwei Jahre im März mit einem Link auf der ZVV-Website für die Öffentlichkeit aufgelegt werden. In der kommenden Auflage im März 2024 betrifft dies konkret die Jahre 2025 und 2026 und somit auch das Tramnetz Süd.

Bürgerinnen und Bürger, die mit den Massnahmen nicht einverstanden sind, schreiben dies ihrer Wohnortgemeinde, beispielsweise der Stadt Zürich. Die Gemeinde entscheidet, welche Begehren sie unterstützt und dem Verkehrsunternehmen, also den VBZ, vorlegt. Dort werden diese Begehren sortiert, beurteilt und mit einer Empfehlung versehen. Entschieden wird an einer Sitzung der RVK im Mai, bei der jedes Begehren durchgegangen wird: «Diese Sitzung kann schon mal fünf Stunden dauern», weiss Eckert.

Im Anschluss daran passen die VBZ ihre Konzepte mit den Resultaten der Besprechung an und geben sie bis zum Juni erneut dem ZVV ab. Letzterer bereitet die Unterlagen nämlich für den finalen Entscheid durch den Verkehrsrat3 im Juli vor. Allerdings haben die Gemeinden auch nach diesem Entscheid noch die Möglichkeit, Rekurs einzulegen. Der Rekurs wird auf gerichtlichem Weg weiterverfolgt und hat mitunter zur Folge, dass eine Angebotsänderung nicht pünktlich zum Fahrplanwechsel umgesetzt werden kann.

Zwei Jahre sind eine kurze Zeit

Obwohl zwei Jahre lang erscheinen mögen, handelt es sich doch um eine vergleichsweise kurze Zeit. Die Monate von der ersten Planung bis zum Entscheid des Verkehrsrates sind prall gefüllt, es geht Schlag auf Schlag. «In der Regel schaffen es nur notfallmässige Anpassungen oder solche im Zusammenhang mit Baustellen, nach einem Jahr schon umgesetzt zu werden», so Eckert. Massnahmen, bei denen Fahrzeugbeschaffungen oder Änderungen an der Infrastruktur notwendig sind, benötigen normalerweise mindestens zwei Jahre. Denn nach dem Entscheid geht es erst richtig los. Dann nämlich wird die Umsetzung an die Hand genommen, die in der Regel auf den Fahrplanwechsel im Dezember vollendet ist.

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1 Regionale Verkehrskonferenz.

Im Kanton Zürich gibt es insgesamt zwölf regionale Verkehrskonferenzen. Sie besteht aus politischen Vertreterinnen und Vertretern der 168 Gemeinden im Kanton Zürich. Jede Gemeinde hat eine Stimme. Für die Stadt Zürich ist die «Regionale Verkehrskonferenz Zürich» zuständig. Da die Stadt Zürich nur eine Gemeinde ist, haben die sieben im Gemeinderat vertretenen Parteien je eine Stimme, zusätzlich das Tiefbauamt, der Gewerbeverband und der Präsident aller Quartiersvereine. Präsident der RVK ist der amtierende Stadtrat des DIB, aktuell also Michael Baumer.

2 Der Zürcher Verkehrsverbund

Der Zürcher Verkehrsverbund ist der Tarif- und Verkehrsverbund des ÖV im Kanton Zürich. Geführt wird er vom kantonalen Verkehrsrat. Der ZVV ist für die Strategie, das verbundweite Marketing (ein Ticket für alles) und die Finanzierung des öffentlichen Verkehrs verantwortlich. Er arbeitet eng mit den acht marktverantwortlichen Verkehrsunternehmen zusammen, von denen die VBZ eines ist.

3 Verkehrsrat

Der Verkehrsrat ist ein nicht-öffentliches, neunköpfiges Gremium, das für die Geschäfts- und Haushaltsführung des ZVV verantwortlich ist. Er setzt sich aus Vertretern des Kantons, der Städte Zürich und Winterthur, der Gemeinden, der SBB und des Bundes zusammen. Die genaue Beteiligung kann hier eingesehen werden.

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