Schon lange fahren die VBZ im liniengebundenen Taktfahrplan. Doch was bedeutet der Taktfahrplan für die VBZ, welche anderen Formen von Fahrplänen gibt es noch, und wie sieht die Zukunft des Taktfahrplans aus?
Der Taktfahrplan bedeutet so viel wie das Fahren der im Einsatz stehenden Fahrzeuge im gleichen Abstand. Beispiele von Taktrastern sind dabei der Viertelstunden-, Halbstunden- oder der in der Schweiz übliche Stundentakt. Den Taktfahrplan gibt es in zahlreichen Ländern weltweit und das auch schon ziemlich lange. In den Lehrbüchern wird das erste Stadtbusnetz «Carosses à cinq sols», fünf mit Pferdeomnibussen bediente Linien in Paris, das ab 1662 eingesetzt wurde, als erstes taktgebundenes Verkehrssystem genannt. «Ich bin überzeugt, dass der Taktfahrplan schon älter ist, auch wenn der Takt von Fährverbindungen auf dem Vierwaldstättersee oder Postkutschen dann zum Beispiel hiess ‹jeden Sonnenaufgang›» sagt Nicolà Gabriel, Projektleiter Marktentwicklung bei den VBZ. In der Schweiz wurde ab dem Jahr 1982 ein flächendeckender Taktfahrplan eingeführt, der auf allen Bahn- und Postautolinien eingesetzt wurde. Dies wurde von den SBB prominent beworben:
Liniengebunden vs. integral
Unterschieden wird zwischen dem liniengebundenen und dem integralen Taktfahrplan. Der integrale Taktfahrplan meint eine netzweit identische Symmetriezeit aller Züge (und ist in Europa weit verbreitet). Die Anschlüsse in Richtung und Gegenrichtung sind an bestimmten Knotenbahnhöfen, die an einem «Treffpunkt» auf einer Symmetrieachse liegen, gewährleistet, wie in folgender Grafik visualisiert:
Mit der Einführung der Bahn 2000 wurde bewusst auf den Grundsatz «so schnell wie nötig» statt «so schnell wie möglich» gesetzt, im Gegensatz zu Hochgeschwindigkeitsnetzen wie dem TGV in Frankreich. Trotzdem wurde in der Schweiz auf Schlüsselstrecken in Fahrzeitverkürzungen investiert, damit die Züge an Knotenbahnhöfen zur vollen Stunde ankommen und abfahren konnten, alles, um den integralen Taktfahrplan einzuhalten. Ausserhalb der Städte ist vor allem der Anschlussknoten wichtig und ausschlaggebend. In dichten Netzen mit einer hohen Taktfrequenz, wie zum Beispiel in der Stadt Zürich, bestehen andere Herausforderungen wie die Vermeidung von Eigenbehinderung, längere Fahrzeiten in den Stosszeiten oder das sogenannte Bus-Bunching, wo ein leerer Bus einem übervollen hinterher fährt, da dieser verspätet ist.
Die meisten Linien im ZVV sind gleich getaktet
Bei den VBZ ist darum sinnvollerweise mehrheitlich der liniengebundene Taktfahrplan im Einsatz. Dabei folgen die Verkehrsunternehmungen im ZVV dem Taktmuster 60′, 30′, 15′, 10′, 7.5′, 6′ oder weniger. Es existieren auch noch 20′ oder 12′-Takte, welche aber nach und nach eliminiert werden (so z.B. die SZU mit dem Ausbau vom 20′- zum 15’/7.5′-Takt). Dieses Taktmuster über den ganzen Kanton erlaubt das Abstimmen von Anschlüssen an den Knotenstellen, welche wiederum auf das nationale Netz abgestimmt sind. Neben dem liniengebundenen Fahrplan gibt es die sogenannten Rendezvous. Ein bekanntes Rendezvous ist zum Beispiel das der Nachtbusse am Bellevue oder die Anschlüsse der Tramlinien am Stauffacher. In der Limmatstrasse oder auf der Hardbrücke werden auf Grund der hohen Nachfrage die einzelnen Linien untereinander gleich getaktet, so dass für den Kunden z.B. zwischen Albisriederplatz und Bahnhof Hardbrücke alle 2.5 Minuten ein Bus – egal welcher Linie – fährt. So kann die volle Kapazität genutzt werden.
Der Taktfahrplan schafft für den Nutzer eine tiefe Eintrittsschwelle
Nun könnte man argumentieren, dass doch die Anschlüsse und die Häufigkeit und nicht der Fahrplan am wichtigsten ist. Wieso fährt denn die VBZ überhaupt im Taktfahrplan und nicht einfach in einer regelmässigen Taktfrequenz, ohne Fahrplan? Was sind die Vorteile des Taktfahrplans? Werner Stohler, Verkehrsexperte, erklärt es so: «Der Taktfahrplan ist nie Selbstzweck, sondern ein «Mobilitätsprodukt», das die Nutzung der Bahn einfach macht, industrielle, repetitive Abläufe ergibt, also tendenziell eine kostengünstige Produktionsweise erlaubt und gezielte Ausbauten ermöglicht, also auch kostengünstige Zukunfts-Investitionen.» Kurz gesagt: Der Taktfahrplan schafft für den Nutzer eine tiefe Eintrittsschwelle. Die Fahrgäste können sich die Abfahrtszeiten gut merken und es ist eine einheitliche Preispolitik möglich.
Je grösser das Verkehrssystem, desto weniger wichtig der Fahrplan
«Bei den VBZ werden die Abfahrtszeiten an den Haltestellen mit Minutenzahlen publiziert. Das ist bei weitem nicht überall so. Es gibt viele Verkehrssysteme, wo eher Angaben wie ‹alle 20min kommt ein Bus› gemacht werden», erläutert Nicolà Gabriel. Die Pünktlichkeit liegt da klar nicht im Vordergrund, was selbstredend für die Fahrgäste nicht sehr attraktiv ist. In Rom oder Athen fahren die Linien zum Teil im 13- oder 27-Minuten-Takt, aber auch das nicht zuverlässig. In der Schweiz werden die Fahrgäste schon bei einer kleinen Abweichung des Fahrplans nervös, was auf die erfolgreiche Geschichte des Taktfahrplans zurückzuführen ist. Global gesehen kann man sagen: je grösser das Verkehrssystem, desto weniger wichtig ist der Fahrplan. Wichtig wird die Regelmässigkeit. Stockholm, London oder Singapur gehen diesen Weg. In den stark belasteten Hauptverkehrszeiten rückt die Pünktlichkeit in den Hintergrund. Entscheidend ist, dass der Takt eingehalten wird und die Fahrgäste in der Regel nicht länger warten müssen als die kommunizierte Taktzeit.
Zukunft: Fahren nach Bedarf
Und wie sieht die Zukunft des Taktfahrplans aus? Gibt es überhaupt Spielraum in diesem hochkomplexen System, wo jedes Verkehrssystem von den andern abhängig ist, mit welchen es in ein nationales Netz eingebunden ist? Die VBZ werden bald vom Taktfahrplan abweichen, zumindest im Busnetz mit dem bedarfsgesteuerten Busverkehr Pikmi. Nachfragegesteuerte Angebotssysteme, welche bei Bedarf verkehren, ergänzen dabei den bestehenden Linienverkehr zukünftig. Bei einem solchen nachfragegesteuerten Angebotssystem werden Fahrten per Smartphone gebucht. Die Fahrzeiten und Routen orientieren sich dabei weder an einem fixen Fahrplan noch an einem fixen Streckennetz. Die Fahrtwünsche mit ähnlichen Reisezielen werden vom System automatisch gebündelt und im gleichen Fahrzeug zusammengefasst. Die Inbetriebnahme erfolgte im November 2020 im Gebiet Altstetten/Albisrieden. Für solch flexible Netze gibt es weltweit auch schon andere Beispiele wie z.Bsp. den Berlkönig in Berlin oder Moia in Hamburg. Oder schon seit Jahrzehnten die Sammeltaxis, insbesondere in afrikanischen Ländern, was beweist, dass man auf Altbewährtes setzen kann, auch für die Zukunft.