So bringt «Open Data» Licht ins Dunkel

Elektrotechnik kombiniert mit Data Science: Ingenieur Ueli Schön hat in seiner Freizeit eine Platine kreiert, welche mit LED-Lichtern zeigt, an welchen Haltestellen der Stadt die Trams aktuell stehen sollten.

«Wo bleibt nur dieses Tram?»: Wäre es nicht manchmal schön, man könnte mit eigenen Augen sehen, wo denn das sehnsüchtig erwartete Fahrzeug aktuell steckt? Ueli Schön, studierter Elektrotechniker, hat genau dies in einer Art Symbiose aus Daten, Elektrotechnik und Kunst realisiert. Mit viel Know-how hat er sich nämlich kurzerhand eine Platine gebaut, die mit Lämpchen die Standorte der Zürcher Trams an den Haltestellen anzeigt.

Was veranlasst einen Fahrgast dazu, so ein Projekt zu starten – findet er, das Tram sei zu oft verspätet? Schön schüttelt den Kopf: «Die Idee kam mir während des Schneechaos› im Januar 2021». Während des sogenannten «Flockdown» lag der ÖV (und nicht nur dieser) für einen Tag lang flach. Obendrein herrschte auch Corona-bedingt eher Stille im Land. «Während der kommenden Wochenenden im Lockdown hab ich eh nicht viel vor», habe sich Schön gedacht – und kurzerhand angefangen. Die Langeweile alleine war nicht ausschlaggebend dafür, dass der Ingenieur für Sensorik die Ärmel hochgekrempelt hat. Es sei ihm vor allem darum gegangen, seine Fähigkeiten zu erweitern: «Das Projekt beinhaltet viele Aspekte aus dem Studium, ebenso wie aus meinem Berufsalltag». Vorbild seien dabei vergleichbare, professionelle Produkte gewesen, die es für London und New York schon gibt.

Zunächst lud sich der 31-jährige die Fahrplandaten der VBZ von einem «Open Data»-Portal herunter. Diesen Daten entnahm Schön, wann sich die Fahrzeuge an welcher der insgesamt 204 Haltestellen befinden müssten – eine zeitintensive Datenverarbeitung. Doch damit war es längst nicht getan. Für eine möglichst genaue Annäherung an die reale Situation mussten besagte Fahrplandaten mit den realen Fahrplan-Daten angereichert werden. Die Datenverarbeitung und deren Optimierung seien das Schwierigste gewesen, da habe er aber auch am meisten dazugelernt, meint Schön: «Am Anfang benötigte ich eine Minute Rechenzeit, um einen einzelnen Datensatz ausspucken zu lassen. Jetzt dauert es noch ein paar Sekunden.» Den Realitätscheck können Sie übrigens selbst durchführen, auf tramtracker.ch/map finden Sie nämlich die Online-Daten.

In einem parallelen Schritt entwarf der Tüftler das Design für die elektronische Platine, welche er extern fertigen liess. Diese enthält einen Chip, der Kontakt zum WLAN herstellt, so Zugriff auf die Daten enthält und diese im Minuten-Takt aktualisiert. Die Platine zeigt einen rudimentären Zürcher Liniennetzplan und seine Haltestellen – mit vielen LED-Lichtern, die farblich an die verschiedenen Tramlinien angepasst wurden. Dort, wo’s blinkt, sollte ein Tram an der Haltestelle stehen. Da auf den verschiedenen Abschnitten teilweise mehrere Linien unterwegs sind, lässt sich die Anzeige auf verschiedene Ansichten umstellen, sodass am Ende wirklich alle Trams der Stadt Zürich abgebildet sind.

Wer nun glaubt, er könne aus dem Haus und an der Haltestelle ins nächste Tram springen, wird jedoch enttäuscht. Die Platine habe keinen nützlichen, sondern einen rein ästhetischen Wert, erklärt Schön. Ein paar Einschränkungen liegen in der Technik begründet: Zum einen können die Fahrzeuge nicht auf der Strecke, sondern nur an den Haltestellen abgebildet werden (und spätestens die Doppelhaltestellen in der Innenstadt würden den Rahmen sprengen). Zum anderen lässt sich die Richtung des Fahrzeugs nicht anzeigen. Im Gegensatz dazu arbeitet die Leitstelle der VBZ mit sehr viel detaillierteren Daten und verfügt früher darüber. Jedoch sind diese Daten auf der Platine nicht darstellbar. Trotz alledem zeigt das Schöns Werk eindrücklich, was mit offenen Daten möglich ist – und wer weiss, wie die Situation in einigen Jahren aussehen wird.

Ueli-Schön mit Tram-Platine
Ueli schön hat «OpenData» auf eine neue Art visualisiert. (Bild: VBZ)

Dass sich Schön im Wissen darum die Mühe trotzdem gemacht hat, liegt übrigens daran, dass er eben doch ein ÖV-Fan ist: «Ich war früher sehr viel mit den Grosseltern und der Enkel-Karte unterwegs». Erinnerungen, die etwas bewegt haben:  «Ich hatte über fast fünf Jahre hinweg einen Studentenjob bei der Appenzellerbahn». Dies, so verrät er, übrigens nicht in der Datenanalyse – sondern als Zugbegleiter im Nostalgie-Zug.

 

Für vertiefter Interessierte

Daten Der Datensatz wurden mit GTFTS-Daten «General Transit Feed Specification format» hergestellt. Dabei überlagern die Echtzeitdaten («GTFS Realtime») die Fahrplandaten («GTFS Static»). In das Customersystem CUS fliessen die Daten des gesamten ZVV mit ein. Zu den einzelnen Kursen der Fahrplandaten werden die dynamischen Abweichungen (Verspätungen, Ausfälle, Umleitungen) addiert oder subtrahiert  und ihrer Ankunftszeit entsprechend den 204 Stationen zugeordnet. Per onBoard-WLan-Schnittstelle geht eine Anfrage an den Server und erhält so minütlich die aktuellsten Daten für die LED-Lampen. Das Script wurde in der Programmiersprache «Python» erstellt und von Ueli Schön zur Verfügung gestellt: Es kann auf GitHub abgerufen werden.PlatineDie grüne Fläche besteht aus einem PCB-Standard-Substrat. PCB steht für «Print Circuit Board», zu deutsch: Leiterplatte. Diese ist ein Standardbauteil in der Elektronik, das verschiedene Komponenten miteinander verdrahtet. Auf der Leiterplatte befindet sich ein Kupferlayer, das an gewissen Stellen absichtlich weggeätzt wird und so die Traces bildet, durch welche die Signale durchlaufen. Wer mehr Infos dazu wünscht, kann sich übrigens auch unter tramtracker.ch einschreiben.

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