«Quasi von heute auf morgen wurde unser Leben eingeschränkt»

«Wo wir fahren, lebt Zürich»: Unser Versprechen gilt in guten Zeiten und auch in diesen. Zürich lebt, auch wenn es gerade etwas aus dem Takt gekommen ist. Darüber, wie es unserer Stadt und ihnen so geht, erzählen Zürcherinnen und Zürcher gemeinsam mit uns in der Serie #sogahtsZüri. Heute berichtet uns der Stadtpolizist Andrea-Dario Hubmann, wie er diese Zeit erlebt und positiv bleibt.

«Dassd halt eifach chasch Stadtzürchere», erklärt er mir sehnsüchtig auf die Frage, was er denn am meisten vermisse. «Stadtzürchere», damit meint Andrea-Dario Hubmann all die kleinen Dinge, die das Leben in unserer schönen Stadt ausmachen. Er möchte wieder Bewegungsfreiheit, in die Badis gehen und den Zürichsee geniessen. Seine Freunde vermisst er und dass sie zusammen Sportveranstaltungen besuchen können. Das Feierabendbier in der Lieblingsbar trinken –  ihm fehlt einfach das soziale Umfeld. Auch die Absage des Sechseläutens bedauert er. Denn dieser Termin ist für den jungen Stadtpolizisten seit Jahren ein Highlight in seiner persönlichen Agenda.

«Quasi von heute auf morgen wurde unser Leben eingeschränkt», sagt er nachdenklich. «Unterhaltung ist Luxus für unsere Gesellschaft. Jetzt lernen wir die Dinge wieder schätzen». In seiner Stimme hört man eine Sehnsucht nach der Zeit vor dem Corona-Virus. Die Sehnsucht nach Normalität.

Für Normalität – oder genauer gesagt für Sicherheit und Ordnung – in der Stadt und im Leben der Zürcherinnen und Zürcher zu sorgen, das hat sich Hubmann zum Beruf gemacht. Es war sein Bubentraum. 2018 hat er die Polizeiausbildung begonnen und steht heute kurz vor seinem Abschluss. Momentan ist er bei der Regionalwache Oerlikon tätig. Der gelernte Elektroplaner hatte schon immer lieber Kontakt mit den Menschen, als einsam in einem Büro zu sein. Er fühlt sich mit Zürich sehr verbunden, und für die Sicherheit der Städterinnen und Städter zu sorgen, erfüllt ihn. Gerade in Krisenzeiten bekommen diese Dinge einen noch höheren Stellenwert. Oberste Priorität hat immer der Schutz der Bevölkerung.

Auch bei der Zürcher Stadtpolizei werden die Schutzmassnahmen akribisch eingehalten. Der 29-Jährige vermisst den sonst sehr herzlichen Austausch im Team, dass es zum Beispiel beim Hallo-sagen unter Teamkollegen keinen Händedruck mehr gibt und man sich nur noch aus der Distanz zunicken könne.

Von zuhause aus arbeiten ist undenkbar
Ansonsten habe sich in seiner Arbeit seit der Corona-Krise nicht sehr viel verändert. Durch seine Arbeit ist er in den letzten Wochen mehrmals mit Covid-19-Erkrankten in Kontakt gekommen. Das habe bei ihm ein komisches, ja beklemmendes Gefühl ausgelöst, sagt Hubmann. Seine Gedanken kreisen dabei immer um die Gesundheit seines engsten Umfeldes und natürlich auch um die Eigene.

Weniger Einsätze gebe es momentan aber vor allem beim Nachtleben und bei Sportevents, wo üblicherweise für die Sicherheit geschaut werde, erklärt der Gesetzeshüter. Diese Aufgaben werden momentan ersetzt durch Einsätze im Zusammenhang mit der Covid-19-Verordnung des Bundes. Trotzdem schätzt es Hubmann in diesen Tagen noch mehr als sonst, dass er aus der Wohnung gehen muss, um seiner Arbeit nachzugehen: «Von zuhause aus zu arbeiten ist bei meinem Beruf aus nachvollziehbaren Gründen undenkbar.»

Die Arbeit geht der Polizei nämlich nicht aus, nur weil sich die Bevölkerung gemäss den Behörden nicht mehr draussen aufhalten sollte. Es kommt vereinzelt vor, dass sich die Leute in zu grossen Gruppen aufhalten, vor allem an den Hotspots; das Umdenken und das Leben einer neuen Situation anzupassen gelingt nicht allen gleich gut.

Im Grossen und Ganzen aber hätten sich die Städterinnen und Städter in den vergangenen Wochen verständnisvoll gezeigt, sagt Andrea-Dario Hubmann. Was stark zugenommen habe, seien Anrufe besorgter Bürger. Sie berichten von Leuten, die die Sicherheitsabstände nicht einhalten. Oder sie sagen, dass sie sich um ihre Mitmenschen sorgen, weil sie länger nichts mehr von ihnen gehört haben. In beiden Fällen, so Hubmann, müsse die Polizei rasch vor Ort sein und nach dem Rechten sehen.

Vitamin D ist wichtig fürs Gemüt
Während dem Gespräch wirkt Hubmann positiv, gelassen, man merkt, dass er die Situation mit der nötigen Flexibilität betrachtet. Eine Eigenschaft, die er als Stadtpolizist täglich benötigt. In seiner Funktion bringt er ohnehin schon eine grosse Portion davon mit.
Und es sei ja nicht so, dass man als Polizist ein Schafhirt ist, die Schäfchen einsammelt und nach Hause schickt. Es gehe darum, an den gesunden Menschenverstand der Leute zu appellieren, dies sei der tatsächliche Auftrag.

Um spazieren zu gehen, Sport zu treiben oder einfach frische Luft zu schnappen, geht Hubmann auch ausserhalb seiner Dienstzeiten nach draussen an die Sonne. Besonders gerne macht er es sich auf seinem Balkon gemütlich. Dort tankt er in diesen Tagen seine Batterien wieder auf. Es ist offensichtlich, wie wichtig es dem jungen Beamten ist, auch in dieser schwierigen Phase seine Portion Sonne abzubekommen: «Schliesslich ist Vitamin D doch auch unglaublich wichtig fürs Gemüt, gerade in diesen Tagen», meint er lachend.

Auf die Frage was er nach der Corona-Krise von den gemachten Anpassungen beibehalten werde, muss er ein bisschen überlegen. Sein Sportverhalten werde er ganz klar wieder in sein altes Muster verlagern. Er freue sich, wieder seine Freunde im Fitnessclub zu treffen und zusammen trainieren zu können. Sein neues Einkaufsverhalten dagegen möchte er unbedingt auch nach der Krise beibehalten. Konkret heisst das: Das Brot weiterhin beim Bäcker holen, Gemüse in der Markthalle kaufen und allgemein die lokalen Läden unterstützen.

Was er natürlich wie wir alle nicht weiss: Was die Krise mit seinen Reiseplänen anstellen wird. Vor allem seine Verwandten in Italien würde er unbedingt wieder besuchen wollen, sobald es die Situation zulasse, sagt Hubmann.

Noch mehr Geschichten darüber, wie es den Zürcherinnen und Zürchern in diesen Zeiten geht, gibt’s unter #sogahtsZüri. Wer selber Teil von #sogahtsZüri sein möchte, kann unter vbz.ch/sogahtszueri mitmachen. 

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