«Ich bin gespannt darauf, wie die Völker überwintert haben»

Im Frühling, wenn die Natur aus ihrem Winterschlaf erwacht und alles um sie herum erblüht, dann schwirren auch die fleissig summenden Bienen aus und erfreuen sich an den wärmeren Temperaturen und der bunten Blütenpracht. Unsere Redakteurin Yarima Stark begleitete Stadtimker Tom Scheuer von Wabe3 im März 2019 bei der ersten Jahreskontrolle der «VBZ-Bienen».

Anfang März 2019 war es soweit: nach dem wechselhaften Winter fand die erste Kontrolle der rund 100 Bienenvölker der Zürcher Stadtimkerei Wabe3 statt. Für Anna Hochreutener und Tom Scheurer ist dieser Moment – das Wiedersehen mit ihren Bienen – auch nach sechs Jahren immer wieder ein Highlight.

Herr Scheuer, welche Emotionen kommen bei Ihnen jeweils bei der ersten Jahreskontrolle auf?

Bei der ersten Kontrolle habe ich vor allem Freude daran, dass für mich das Imkerjahr wieder beginnt. Ich bin sehr gespannt darauf, zu sehen, wie die Völker überwintert haben, wie gross die Brutnester jetzt schon sind und ob noch genug Futtervorrat da ist.

Tom Scheuer freut sich auf das Wiedersehen mit den Bienen. (Bild: Yarima Stark)

Wie gut haben die Bienenvölker auf den Dächern der VBZ den vergangenen Winter überstanden?

Auf drei Dächern der VBZ haben wir etwas weniger als 30 Völker. Im letzten Jahr haben wir neu das Dach des Tramdepot Irchel bezogen. Auf allen drei Dächern haben die Bienen gut überwintert. Einige Verluste gibt es, jedoch weniger als schon in anderen Jahren. Im Vergleich sind die Völker also besser aus dem Winter gekommen.

Diesen Winter haben die Bienen also besser als den vorjährigen überlebt. Was sind die Gründe dafür?

Am Winter selber oder am Wetter liegt es zumindest nicht. Generell kann man sagen dass es an der Art der Einwinterung liegt. Das heisst, wie gut gelingt es dem Imker, bis zum Oktober starke Völker aufzubauen und diese gesund und mit einem ausreichenden Futtervorrat in den Winter zu entlassen. Für all diese Faktoren gibt es Tätigkeiten, die der Imker auf verschiedenste Arten ausführen muss.

Gibt es Unterschiede zwischen den einzelnen Völkern?

Oh ja. Die Völker definieren sich für mich ja durch ihre Grösse, ihre Sammeltätigkeit, ihre Sanftmut, ihren Drang zu schwärmen, ihre Nervosität, ihre Anfälligkeit auf Krankheiten, ihre Art das Nest zu bauen, ihre Art den Honig einzulagern und sehr vieles mehr. Es gibt  enorme Unterschiede, die genetisch – und damit von der Königin – bedingt sind. Man versucht, so gut es einem möglich ist, Völker zu selektieren und mit diesen dann nachzuzüchten. Es gilt also, die positiven Eigenschaften jedes Jahr mehr und mehr durch Zucht herauszuarbeiten.

Ab welchen Temperaturen fliegen die fleissigen Insekten wieder aus?

Die Bienen sind ja wechselwarme Tiere; das heisst, ihre eigene Körpertemperatur ist von der Aussentemperatur beeinflusst. Ist es zu kalt, können die Bienen nicht ausfliegen, da ihr Körper sehr schnell, auch durch seine geringe Grösse, verklammen würde. Sie können den Winter nur in der Gemeinschaft überleben, bei der die Menge der Tiere eines Bienenvolkes dafür sorgt, dass eine gewisse Temperatur im Bienenstock erzeugt und nach aussen hin isoliert werden kann. Flöge nun eine einzelne Biene bei tiefen Temperaturen aus, würde sie diesen Schutz verlassen und schnell sterben. Bei etwa 10 Grad Celsius fliegen dann aber die Bienen aus.

Wann beginnt für die Honigbienen die Hochsaison für die Nektarsuche?

Ab etwa Mitte April. So lange benötigt das Volk, um stark zu werden und um überhaupt ausreichend Tiere zu haben, die Nektar sammeln. Die nektarreichste Zeit ist etwa Mitte April bis Ende Mai, bis Ende Juli dauert die Saison. Manchmal könnte man diese noch bis Mitte August verlängern, nur beginnt man dann schon wieder mit der Vorbereitung der Völker auf den Winter.

Und noch zu guter Letzt: Welcher Art gehören eure Bienen an?

Es sind Honigbienen der Art Apis mellifera, also der westlichen Honigbiene. Diese zeichnet sich im Gegensatz zu anderen Bienen – Solitärbienen und anderen koloniebildenden Bienen – dadurch aus, dass sie den Winter über als Kolonie überleben. Die Menge der Tiere sorgt dafür, dass im Volk immer eine relativ hohe Temperatur unabhängig von der Aussentemperatur herrscht. Um dies zu bewerkstelligen, braucht das Volk Energie – den Honig, den das Volk vorher in der nektarreichen Zeit von April bis Juli gesammelt hat.

Dieser Artikel wurde erstmal am 16. Mai 2019 veröffentlicht.

Weitere Berichte über die fleissigen Tierchen auf den VBZ-Dächern gibt’s hier:
Wie überleben unsere Bienen den kommenden Winter?
Anna und die Bienen

Die VBZ-Bienen

Auf dem Dach der VBZ-Zentralwerkstatt in Altstetten und auf den Depots Wollishofen und Irchel wohnen insgesamt 30 Bienenvölker von Wabe3. Das sind rund 1‘000‘000 Bienen und eben 30 Königinnen. Die «VBZ-Völker» haben im letzten Jahr etwa 520 kg Honig produziert. Wer in den Genuss des Stadthonigs kommen möchte, kann ihn sowohl über den Shop von Wabe3 als auch in dem im Kreis 3 gelegenen Quartierlädeli «Honigkuchen» erhalten. 

 

 

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