«Ich fühle mich als Kulturbeauftragter»

Aldo Deflorin ist Kundenberater bei den Zugerland Verkehrsbetrieben (ZVB). Dennoch hat er die letzten Monate auf Zürichs Strassen verbracht. Als Busfahrer für die Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ) versteht sich. Was ihn motiviert hat, einen beruflichen Abstecher in die Stadt am Zürichsee zu machen und welche Erfahrungen er für sich mitnimmt, verrät er uns hier.

Herr Deflorin, Sie waren von März bis Dezember 2018 für die Verkehrsbetriebe Zürich unterwegs, obwohl Sie sonst in Zug und Umgebung arbeiten (siehe Infobox). Sie kommen soeben zurück von Ihrer letzten Fahrt für die VBZ. Wie haben Sie diese Fahrt erlebt?

Meine letzte Tour war auf der Linie 31. Auf der Strecke Farbhof bis Schlieren gibt es im Moment viele Baustellen, die es zu umfahren gilt. Da kam ich mir manchmal vor wie bei «Spiel ohne Grenzen» (Spielshow der 1970er-Jahre, Anm. d. Red.). Unter diesen Bedingungen hat eine Busfahrt auch viel mit Geschicklichkeit zu tun. Gegen Ende meiner letzten Fahrt dachte ich nur noch: «Hoffentlich passiert nun die letzten 15 Minuten nichts mehr.»

Sie sind als Kundenberater bei den Zugerland Verkehrsbetrieben angestellt. Was hat Sie motiviert, befristet für ein paar Monate in Zürich zu arbeiten?

Ich bin in der Nähe von Zürich zu Hause und kenne die Stadt bereits seit meiner Lehre bei der Post sehr gut. Nach 16 Jahren bei den ZVB nochmals einen Blick in ein anderes Verkehrsunternehmen zu werfen und eine neue berufliche Umgebung kennenzulernen, hat mich gereizt.

Wie unterscheidet sich der Arbeitsalltag als Busfahrer auf Zürichs Strassen?

Es hat von allem mehr: Mehr Verkehr, mehr Ampeln, mehr Fussgänger. Dies verlangt von uns Fahrern permanent volle Konzentration und Aufmerksamkeit. Zudem ist der Fahrplan hier in der Stadt dichter. In Zug gibt es den 15-Minuten-Takt, was zu mehr Pufferzeiten und Verschnaufpausen führt. Auf der Strecke am Ägerisee entlang kann man auch mal den Blick schweifen lassen und muss keine Rücksicht auf andere Verkehrsteilnehmer nehmen.

Mein Berufsalltag hat mir hier in Zürich mehr abverlangt. Ich bewundere meine Zürcher Kolleginnen und Kollegen, die tagtäglich diesem Verkehr ausgesetzt sind. Das sind «toughe Kerle».

Gibt es auch Unterschiede zwischen Zuger und Zürcher Fahrgästen?

Zug ist nur eine kleine Stadt. Da kennt man seine Fahrgäste und ist mit ihnen auch in Kontakt. Hier in Zürich ist es anonymer. Nur hin und wieder gibt es Echo und ein Grüezi.

Wie war es für Sie mit einer fremden Uniform unterwegs zu sein?

Mir hat die Uniform der VBZ gefallen. Auf alle Fälle bin ich mir nie verkleidet vorgekommen. Da ich in Dübendorf wohne, bin ich in Zug der Zürcher und in Zürich der Zuger. Somit fühle ich mich so oder so als Kulturbeauftragter.

Durch Ihren befristeten Einsatz bei den VBZ können Sie nun den direkten Vergleich zwischen einem Grossstadt-Verkehrsbetrieb und einem kleineren Verkehrsunternehmen machen. Was ist Ihnen aufgefallen?

Die schiere Grösse ist der augenfälligste Unterschied. In Zug haben wir etwas über 400 Mitarbeitende und einen Fahrzeugpark mit 105 Bussen. Ich kenne praktisch alle Mitarbeitenden und weiss, welche Person hinter einer Durchsage der Leitstelle steht oder wer in der Werkstatt die Busse repariert.

An welche Erlebnisse hier in Zürich denken Sie gerne zurück?

An meine vielen guten Begegnungen mit flotten Zürcher Kolleginnen und Kollegen. Ich wurde hier nett aufgenommen und habe viel Hilfsbereitschaft und Unterstützung erfahren. Nun muss ich wieder Adieu sagen.

Der befristeten Zusammenarbeitsvertrag mit den Zugerland Verkehrsbetrieben hat für Sie bereits mit dem Fahrplanwechsel geendet. Was nehmen Sie von Ihrem Engagement bei den VBZ mit?

Ich habe nochmals einen anderen Blick auf meinen Beruf als Busfahrer erhalten. In Zug arbeite ich als Kundenberater. Deshalb bin ich es nicht mehr gewohnt, den ganzen Tag im Cockpit zu sitzen. Das war für mich eine Herausforderung und verlangte auch persönliche Flexibilität. Dass dies in meinem Alter noch möglich war, freut mich.

Und jetzt, wie sieht Ihre Zukunft aus?

Kurzfristig gehe ich wieder zurück und arbeite bei den Zugerland Verkehrsbetrieben als Kundenberater in verschiedenen Aufgaben. Zusätzlich gehöre ich zu einem Team, welches Betriebsführungen begleitet. Ich liebe die Vielfältigkeit. Etwas weiter in die Zukunft geblickt: Im Oktober 2020 werde ich pensioniert. Falls möglich, werde ich vielleicht mit einem kleinen Pensum weiterarbeiten.

Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin gute, unfallfreie Fahrt.

Zur Person

Aldo Deflorin, ist 63 Jahre alt und seit 1983 Busfahrer. Er wohnt mit seiner Partnerin in Dübendorf, Kanton Zürich und arbeitet seit 2002 als Busfahrer und Kundenberater bei den Zugerland Verkehrsbetrieben. Seine Leidenschaft gehört dem Motorradfahren.

Zuger Busfahrerinnen und Busfahrer bei den VBZ

Neun Busfahrerinnen und Busfahrer der Zugerland Verkehrsbetriebe (ZVB) waren ab Mitte März 2018 für die Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ) auf dem Zürcher Liniennetz unterwegs. Diese Zusammenarbeit basierte auf einem befristeten Personalausleihvertrag, welcher planmässig Ende 2018 endet. Acht Busfahrerinnen und Busfahrer kehrten bereits zum Fahrplanwechsel am 9. Dezember 2018 zurück zu ihrem angestammten Anstellungsverhältnis bei den Zugerland Verkehrsbetrieben. Eine Person hat sich entschieden, weiterhin für die VBZ tätig zu sein.   Die VBZ bedanken sich bei allen Busfahrerinnen und Busfahrern für den engagierten Einsatz auf dem Zürcher Verkehrsnetz und den Zugerland Verkehrsbetrieben für die brancheninterne, gute Zusammenarbeit.

 

 

 

 

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