Drama in Blau (1)

Der See, die Fussballvereinsfarben, die Strassenschilder, die Parkplätze: Zürich ist zweifellos eine durch und durch blaue Stadt. Wobei sich natürlich die Frage stellt – welches ist denn das wichtigste aller Züri-Blaus?

Thomas Wyss: Ich nehme an, Du kennst das teuerste Blau der Stadt?

Natascha Klinger: Ich vermute, es ist ein Saphir, der von einem Rammbock-Räuber an der Bahnhofstrasse…

Wyss (unterbricht): Nicht dein Ernst, oder? DUUU arbeitest doch für die Firma, in der dieses exorbitant teure Züri-Blau zum Einsatz kommt.

Klinger (süffisant): 20 Franken pro Liter sind jetzt nicht sooo teuer.

Wyss (leicht hochnäsig): Jedenfalls sagte man uns als Kind immer, das teuerste Blau sei jenes der Zürcher Trams, und als ich dann irgendwann wissen wollte wieso, hiess es: «Wenn du wegen eines Fahrfehlers mit dem Auto bei einem Tram einen Kratzer hinterlässt, wird das ganze Tram neu gespritzt – und das kostet dich mehr als Ferien auf den Malediven!» Ich wusste zwar nicht, wo die Malediven waren, aber das tönte nach grausam viel Geld.

Muss heute bei einem Kratzer nur noch punktuell gespritzt werden: das Blau der Zürcher Trams und Busse. (Bild: Natascha Klinger)

Klinger (belustigt): Aha, du meinst, wenn die Fahrt ins Blaue abrupt endet, weil einer das wirklich wichtige Blau nicht kennt?

Wyss (irritiert): Ehm, bitte… das wirklich wichtige Blau?

Klinger (belehrend): Zum Beispiel die blaue Zone. Dort, wo man seinen Chlapf stehenlässt, wenn man beim Anblick eines blau-weissen Blechs nicht ganz sicher ist, ob es sich dabei um ein Trämli oder um die Einfahrt in eine Einbahnstrasse handelt.

Wyss (jetzt leicht gereizt): Da müsste man ja schon ziemlich blau sein. Ich glaube nicht, dass es sich beim wichtigsten Blau von Zürich um so etwas Profanes wie Strassenschilder handelt.

Eine Einbahnstrasse: Die Diskussion um Strassenverkehrsschilder mit dem wichtigsten Blau.

Klinger: Was heisst denn hier «profan»? Strassennamen sind auch blau-weiss. Sie bringen einen Hauch von Orientierung in die verschlungenen Wege unserer multioptionalen Gesellschaft, die Blaufahnenstrasse etwa, oder der Blau-Meisli …

Wyss (winkt ab): Orientierung? Frag vor dem Grossmünster zehn Personen, wo sich die Blaufahnenstrasse befindet, und du bekommst sieben Mal ein «Oouu sie, leider kei Ahning» und drei Mal ein Schulterzucken.

Klinger (neugierig): Wieso muss man die Leute vor dem Grossmünster fragen? Es könnte doch auch das Bellevue sein, da hat es sicher auch mehr Leute, weil es da auch mehr Trämli hat.

Wyss (triumphierend): Ha! Das zeigt uns, dass Du selbst nicht weisst, wo sich die Blaufahnenstrasse befindet! Sie liegt nämlich in Gehdistanz zehn Sekunden weg vom Grossmünster!

Klinger (leicht baff): Hm.

Wyss (nun voll in Fahrt): Und bitte sag nicht immer Trämli, wir sind hier in Züri, bei uns heisst das Tram.

Klinger (subtil konternd, wobei sie ihren Basler Dialekt diesmal besonders forciert): Wobei wir schon mitten im Duell FCB gegen FCZ angelangt wären. Blaurot gegen Blauweiss – in diesem Punkt ist der Fall klar, welche Kombination besser funktioniert.

Wyss (übertölpelt, und darum etwa hilflos): In dieser Saison definitiv nicht. Wir haben den Cup gewonnen, ihr gar nichts!

Klinger (souverän): Mit kurzfristigen Betrachtungen hat man die Welt noch nie verstehen können.

Wyss (plötzlich zu einer absolut widerwilligen Aussage gezwungen): Apropos langfristig: Rekordmeister ist immer noch GC, nicht Basel!

Klinger (lachend): Das eben aussprechen zu müssen, hat Deinem FCZ-Herz bestimmt einen Stich versetzt.

Wyss (zerknirscht): Für diese Frechheit hätte Dir jemand anders zweifellos ein «Tomätli» verpasst, dann hättest Du nachher Tage lang einen schmerzhaften blauen Fleck.

Klinger: Wir sollten von der blauen Peripherie wieder ein bisschen ins Zentrum rücken, schliesslich suchen wir das wichtigste Blau. Wie wärs mit einem Abstecher in die Kultur?

Finden Klinger und Wyss das wichtigste Blau in der Kultur? Diese und andere Antworten im Teil 2 des Streitgesprächs.

 

Artikel teilen:

Wir verwenden Cookies, um Ihnen den bestmöglichen Service zu gewährleisten. Durch die weitere Nutzung der Website stimmen Sie unserer Datenschutzerklärung zu.
Mehr erfahren