Den Verbrauch sichtbar machen

Die 2019 installierte Eco-Drive-Software in den Cobra-Trams kann erstmals den genauen Energieverbrauch anzeigen und erlaubt den VBZ-Mitarbeitenden im Cockpit interessante Rückschlüsse auf den eigenen Fahrstil.

Seit Frühling 2018 ist in den Cobra-Trams die Eco-Drive-Software aufgeschaltet, welche den Energieverbrauch genau anzeigen kann, und die Trampilotinnen und -piloten der VBZ absolvieren umfangreiche Eco-Drive-Schulungen. Deren Grundsätze sind schon seit Jahren ein wichtiger Teil der Ausbildung aller Fahrdienstmitarbeitenden der VBZ. Denn eine vorausschauende Fahrtechnik, die bei Eco Drive Smart im Zentrum steht, hat nicht nur positive Auswirkungen auf die Energieeffizienz, sondern erhöht ebenfalls die Sicherheit und reduziert den Stress am Steuer beziehungsweise am Regler. Mit dem Projekt Eco Drive Smart wird ebenfalls versucht, alle Fahrdienstmitarbeitenden zusätzlich zu sensibilisieren, um die
Energieeffizienz im Regelbetrieb weiter zu steigern.

Ausprobieren des Erlernten im Betrieb

Trampilot Patrick Musci hat die Ausbildungssequenz Eco Drive absolviert und ist ein neugieriger Mensch. Als ausgebildeter Bauökonom mag er es auch, Zahlen genau zu studieren. Mit Kolleginnen und Kollegen hatte er nach der Eco-Drive-Schulung diskutiert, wie viel mit zusätzlicher Anstrengung herausgeholt werden kann. Die Bandbreite der genannten möglichen Einsparungen wirkte auf ihn nicht ganz realistisch. Also wollte er es genauer wissen. Die neue Software in den Cobra-Trams erlaubt es nämlich, den Verbrauch nach jeder Runde anzuschauen und so mit der nächsten Runde zu vergleichen. Im ruhigen Spätdienst, auf einer Strecke mit viel Eigentrasse und somit wenig externen Einflüssen, kam ihm der Gedanke, den Verbrauch nach jeder Runde zu überprüfen.

Also entschloss er sich, nach einer «normalen Runde», also der Fahrt von Endhaltestelle zu Endhaltestelle einer Linie, die kommende Runde so verschwenderisch wie zulässig zu fahren: bei freier Fahrt etwas schneller auf die erlaubte Geschwindigkeit beschleunigen, dafür häufiger bremsen und weniger rollen. Auf der nächsten Tour fuhr er die gleiche Strecke dann mit der gegenteiligen Fahrweise: langsames Beschleunigen auf die zulässige Geschwindigkeit und das Tram immer so früh wie möglich ins Ziel gleiten lassen. Auf der Strecke mit wenig Verkehr hatten die verschiedenen Fahrweisen zu dieser späten Stunde keinen Einfluss auf die Einhaltung des Fahrplans. «So unterschiedlich zu fahren, ist im Verkehr nur selten möglich, auf den meisten Fahrten lässt der dichte Verkehr und der Fahrplan nur wenig Spielraum zu», sagt Trampilot Musci. «Es ist vergleichbar mit dem Autofahren: Wenn die Strasse leer ist, kann man ohne Probleme auf eine rote Ampel zurollen, im Feierabendverkehr füllt man möglichst jede sich bietende Lücke aus.»

Grosse Unterschiede beim Energieverbrauch

Einen grossen Unterschied zwischen den Runden beim angezeigten Verbrauch hatte der Trampilot nicht erwartet. Immerhin ist er ein erfahrener Wagenführer und seit seiner Ausbildung mit dem ökologischen Fahren vertraut. Mit der neuen Software in den Cobra-Trams (und zukünftig auch in den Flexity-Trams) kann der Verbrauch aber erstmals direkt gemessen und somit angezeigt zeigt werden. Patrick Musci war erstaunt, als er die Unterschiede nach seiner Schicht miteinander verglich. In der Endschlaufe hatte er jeweils den Bildschirm mit den Angaben zum Vergleich fotografiert und den Zähler wieder auf
null gestellt. Die Fotos zeigten grosse Unterschiede.

Die Software in den neueren Trams zeigt die Energiewerte an. Die Trams können beim Bremsen gewonnene Energie ins Netz speisen - nicht immer kann alle Energie von den anderen Fahrzeugen genutzt werden («Ungenutzte Bremsenergie»)

Die grossen Einsparungen pro Runde haben den Trampiloten zum Nachdenken gebracht. «Ich habe mich gefragt, ob mein Fahrstil nicht doch noch etwas ressourcenschonender sein könnte, noch vorausschauender», meint er. Die Pilotinnen und Piloten der VBZ werden von der ersten Ausbildung an für eine möglichst vorausschauende Fahrweise sensibilisiert. Immerhin steuern sie ein tonnenschweres Fahrzeug durch den dichten Stadtverkehr und haben zudem eine unschätzbar wertvolle Fracht geladen – die Fahrgäste der VBZ. Beim dichten Verkehr und beim grossen Fahrgastaufkommen liegen denn auch die Grenzen der vorausschauenden Fahrtechnik: Der Fahrplan ist dicht getaktet und die Fahrerinnen und Fahrer müssen während ihres Dienstes stets voll konzentriert sein. Häufiges Bremsen und Anfahren wegen der anderen Verkehrsteilnehmer ist oft die einzige Möglichkeit, sicher und pünktlich vorwärtszukommen. Patrick Musci sagt, dass er in letzter Zeit trotzdem wo immer möglich versucht, noch stärker vorausschauend zu fahren und so etwas zur Reduktion des Gesamtverbrauchs beizutragen.

Sensibilisieren für das Thema

Für Thomas Wutzer, Projektleiter des Projekts Eco Drive Smart, ist dies das Ziel des Projekts. Mit dem Projekt Eco Drive Smart habe eine zusätzliche Sensibilisierung für das Thema stattgefunden. «Fahrdienstmitarbeitern ist besser bewusst, dass sie mit ihrem Verhalten leicht etwas beitragen können. Wichtig für diesen ‹Aha-Effekt› ist ebenfalls die erstmalige Möglichkeit, sich den Verbrauch der Cobra-Trams exakt anzeigen zu lassen», ist er überzeugt. Auch wenn der Einsatz jedes einzelnen Fahrdienstmitarbeiters gefragt ist, interessiert der persönliche Verbrauch der Fahrer nicht, sondern die Gesamtsumme der Einsparungen. «Alle unsere Fahrdienstmitarbeitenden sind gut geschult und brauchen Freiheiten bei der Ausführung ihres Berufs, um auf jede Verkehrssituation individuell reagieren zu können», meint Ronny Zimmermann, Leiter Ausbildung. Neben der Theorie aber ebenso den direkten Effekt zu sehen, könne auf jeden Fall helfen, die in den Eco-Drive-Schulungsmodulen gelernten Elemente noch konsequenter umzusetzen.

«Situativ ein wenig anders zu fahren, reicht völlig aus. Den so erreichten Effekt mit dem Eco-Tool direkt zu sehen, hat mir geholfen.»

Welches ist der sinnvollste Fahrstil?

Viele der gut 1400 Fahrdienstmitarbeitenden der VBZ werden die Eco-Drive-Schulungsmodule in den kommenden Monaten weiter absolvieren. Projektleiter Thomas Wutzer erhofft sich, dass mit dem Tool in den Trams die vorausschauende Fahrtechnik wo immer möglich
vermehrt eingesetzt wird. Das Ziel des Projekts sei es, für den erreichbaren Effekt zu sensibilisieren und den Fahrdienstmitarbeitenden dabei Unterstützung zu bieten, etwas zum Gesamtziel beizutragen. «Wie weit die vorausschauende Fahrtechnik umgesetzt werden kann, hängt von der Situation im Regelbetrieb und dem Einsatz der Fahrdienstmitarbeitenden ab», fügt er an. Er ist überzeugt, dass alles im Rahmen von Eco Drive Erlernte den Fahrdienstmitarbeitenden im dichter und hektischer werdenden Verkehr neben den Einsparungen beim Verbrauch weitere Vorteile bringt. Die vorausschauende Fahrtechnik, auf die bei Eco Drive fokussiert wird, kann dazu beitragen, entspannter durch den Verkehr zu kommen, was neben den positiven Auswirkungen auf die Energieeffizienz den Stress reduziert und die Sicherheit verbessert. «Blockiert zu fahren, mit dem einzigen Ziel, wenig Energie zu verbrauchen, ist überhaupt nicht die Absicht. Im Regelbetrieb muss subjektiv entschieden werden, wo ein Einsatz möglich ist, sodass sich die Mitarbeitenden dabei insgesamt wohl fühlen», schliesst er ab.

So hat sich Trampilot Patrick Musci vorgenommen, seinen routinierten Fahrstil leicht zu überdenken und mit dem zusätzlich Erlernten anzureichern. Wenn es die Situation erlaubt, versucht er die Möglichkeiten auszunützen und noch vorausschauender durch die Stadt zu kommen. «Einfach um jeden Preis versuchen, so viel wie möglich einzusparen und dafür verkrampft unterwegs zu sein, bringt gar nichts», ist er sich sicher. Aber es ist ein «Zwischending» möglich. Allzu sehr ändern müsse er seinen Fahrstil dazu gar nicht. «Situativ ein wenig anders zu fahren, reicht völlig aus. Den so erreichten Effekt mit dem Eco-Tool direkt zu sehen, hat mir auf jeden Fall geholfen, den Nutzen zu erkennen», fasst er seine Erfahrung zusammen.

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