Batterisiert

Ab in den Operationssaal. Die VBZ entfernen bei 35 Trolleybussen den Diesel-Hilfsmotor und ersetzen diesen durch eine Batterie. Was steckt dahinter? Wir schauen zurück und sprengen gedanklich die Grenzen der künftigen Einsatzmöglichkeiten.

Zürich und der Trolleybus – das ist eine Liebesgeschichte, die schon länger andauert. Als das erste solche Gefährt 1939 die hiesigen Strassen eroberte, galt es als modernstes Fahrzeug für den städtischen Verkehr. Die Einführung des Trolleybusses bedeutete aber auch einen wichtigen Schritt zu mehr Elektromobilität in Zürich. Er bot eine ideale Ergänzung zum Tram und zum bereits etablierten Autobus. Ein Erfolgsmodell, das in der Limmatstadt noch heute Bestand hat.

Zweiachstrolleybus der ersten Generation bei der Unterführung Langstrasse, ca. 1939.

Im Laufe der Jahrzehnte wurden verschiedene Autobuslinien auf Trolleybus umgestellt und neue Strecken erschlossen. Im Rahmen der Trolleybusstrategie wollen die VBZ das Netz in den nächsten Jahren weiter ausbauen – vorgesehen ist die Elektrifizierung der Linien 69 und 80, weitere Netzanpassungen sind in Planung. Aber auch die Busse selbst wurden stetig weiterentwickelt und den gestiegenen Kundenbedürfnissen angepasst. Höherem Fahrgastvolumen begegnete man in Zürich mit der Einführung des Gelenktrolleybusses 1957, der Doppelgelenktrolleybus mit einer Länge von rund 25 Metern setzt seit 2007 neue Massstäbe. Für mehr Komfort beim Einsteigen und während der Fahrt sorgen Niederflurigkeit und Klimatisierung bei allen neueren Modellen.

Der Doppelgelenker unterwegs im nächtlichen Zürich. (Bild: Regina Jäger)

Obwohl die Trolleybusse also längst zu Zürich gehören wie das Grossmünster oder der Uetliberg, gehen sie in der öffentlichen Wahrnehmung im Vergleich mit den Schienenfahrzeugen oft ein wenig unter. Zu Unrecht, denn täglich transportieren sie fast 160 000 Personen umweltfreundlich von A nach B. Eine beachtliche Zahl, wenn man bedenkt, dass es lediglich sieben Linien gibt. Und auch zu Unrecht, wenn man sieht, welche Möglichkeiten das System Trolleybus zukünftig bieten kann.

Innovative Weiterentwicklung

Seit Herbst 2012 haben die VBZ als weltweit erstes Verkehrsunternehmen 14 Doppelgelenk- und 21 Gelenktrolleybusse mit einer Traktionsbatterie als Hilfsantrieb beschafft. Rund die Hälfte aller VBZ-Trolleybusse wird also von einer Batterie und nicht mehr von einem Dieselmotor angetrieben, wenn man sie wegen Baustellen oder Umleitungen für gewisse Streckenabschnitte von der elektrischen Fahrleitung nehmen muss.

Aus den positiven Erfahrungen mit den Batterien entstand die Idee, diese nicht nur ausserplanmässig, sondern auch im regulären Betrieb auf Teilstrecken einzusetzen. Und es blieb nicht bei der Idee. Schaut man beim jüngst sanierten Albisriederplatz nach oben, sind keine Trolleybusfahrleitungen mehr zu sehen. Die Busse der Linien 33 und 72 fahren nun im Batteriemodus entlang der Hardstrasse und über den Platz. Da die Fahrleitungen an komplexen Knotenpunkten besonders teuer und unterhaltsintensiv sind, spart man mit der Nichterneuerung erheblich Kosten.

2017 steht die Sanierung des Bucheggplatzes an, und auch hier plant man mit einer deutlichen Reduktion der «Stromspender». Für den Betrieb sind dann aber zu wenig Busse mit Batterie vorhanden, da über den Bucheggplatz zusätzlich die Linie 32 verkehrt. Et voilà – hier kommt die eingangs erwähnte Operation ins Spiel: Damit der Betrieb funktioniert, müssen alle Trolleybusse, die noch über einen Diesel-Hilfsmotor verfügen, mit einer Batterie ausgestattet werden.

Das Schöne dabei ist, dass sich die Operation nicht nur in Bezug auf die Umwelt und Effizienz, sondern auch finanziell lohnt: Die errechneten Einsparungen, die aus der Reduktion der Fahrleitungen resultieren, übersteigen die Kosten für die Umrüstung nämlich um mehrere Millionen.

Industrie, Forschung und Verkehrsunternehmen erschaffen und erproben zusammen den Trolleybus der Zukunft.

Der SwissTrolley+

Und das alles ist erst der Anfang. Mit den heutigen Fahrzeugen und Batterien sind den Einsatzmöglichkeiten noch Grenzen gesetzt, doch das soll sich in Zukunft ändern. Längerfristig möchten die VBZ zum Beispiel Trolleybuslinien verlängern, ohne zusätzliche Fahrleitungen zu bauen oder in der Innenstadt auf Fahrleitungen verzichten, um das Stadtbild zu verschönern.

Die Firma  «Carrosserie Hess» hat zusammen mit der ETH Zürich, der Berner Fachhochschule und den VBZ das Projekt «SwissTrolley+» lanciert, das vom Bundesamt für Energie als Leuchtturmprojekt unterstützt wird. Industrie, Forschung und Verkehrsunternehmen erschaffen und erproben hier zusammen einen Trolleybus, der den eben genannten Zukunftsvorstellungen gerecht werden soll. Bereits Ende 2016 wird ein Prototyp auf den Zürcher Strassen zu sehen sein.

Schlaue Nutzung der vorhandenen Infrastruktur

Dass die VBZ am Trolleybus festhalten und ihn weiterentwickeln kommt nicht von ungefähr, obwohl sich auch im Bereich des reinen Batterieantriebes einiges tut. Eine Batterie muss aber geladen werden und der Trolleybus ist das einzige System, das dies dynamisch während der Fahrt tut. Mit den vorhandenen 57 Kilometern Fahrleitungen verfügen die VBZ bereits über die dafür notwendigen Ladevorrichtungen. Es braucht also keine teuren Schnellladestationen an den Haltestellen.

57 Kilometer Ladevorrichtungen sind bei den VBZ bereits vorhanden. (Bild: Julia Müller)

Das heisst aber nicht, dass die Autobusse abgeschrieben werden – sie werden im «Teamwork» mit Trams und Trolleybussen auch weiterhin optimal aufeinander abgestimmt im Verkehr eingesetzt. Langfristig sollen Dieselbusse durch elektrisch angetriebene Fahrzeuge ersetzt werden. Der Weg dorthin führt aus heutiger Sicht über den Hybridbus. Um ein fundiertes und aussagekräftiges Bild über die Wirksamkeit des Hybridantriebes zu erhalten, führen die VBZ seit April 2014 einen Testbetrieb auf Strecken mit unterschiedlichen topografischen Anforderungen durch. Die ersten Resultate sind vielversprechend, im Schnitt verbraucht der Hybridbus 25 Prozent weniger Treibstoff als ein herkömmliches Fahrzeug. Vor Kurzem wurde die Ausschreibung zur Beschaffung von 11 Hybridbussen publiziert; voraussichtlich ab Anfang 2017 werden diese durch Zürichs Strassen kurven.

Der Test-Hybridbus im Einsatz auf der Linie 95. (Bild: Julia Müller)

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