Wenn wir heute das Wort Asbest hören, schrillen die Alarmglocken. Genau diese Alarmglocken schrillten vor Kurzem bei den VBZ, als im Rahmen einer aufwändigen Revision eines Oldtimerfahrzeuges Asbest in kleiner Menge entdeckt wurde. Diesen Fund nahmen die VBZ zum Anlass, ihre gesamte Fahrzeugflotte (inkl. Forchbahn, Polybahn, Seilbahn Rigiblick und historische Fahrzeuge im Trammuseum) einem umfassenden Screening zu unterziehen und falls notwendig, sofort und gründlich zu sanieren.
Asbest wurde 1990 zur Verwendung verboten, da freigesetzte Asbestfasern ab einer gewissen Konzentration verheerende gesundheitliche Spätfolgen verursachen. Davor wurde es aber in allen Bereichen eingesetzt und findet sich noch heute an verschiedensten Orten, wie zum Beispiel in Bodenbelägen, Blumenkisten, Dächern von Fahrradunterständen oder in Fugenmaterial von Keramikplatten. Allein das Vorhandensein von Asbestfasern in Materialien birgt noch keine Gefahr für den Menschen. Tritt das Material in fest gebundener Form auf, wird es erst gefährlich, wenn man es beschädigt oder bearbeitet und die Fasern dadurch in die Raumluft gelangen. Bei Produkten mit schwach gebundenen Asbestfasern ist ein grösseres Gefährdungspotential vorhanden.
Was wurde also genau gefunden und wie gehen die VBZ mit dieser Situation um? Um die Lage und die eingeleiteten Massnahmen für Mitarbeitende und Aussenstehende nachvollziehbar zu machen und eine grösstmögliche Transparenz zu schaffen, stellt sich Christoph Rütimann, Leiter Technik bei den VBZ, den wichtigsten Fragen.
Welche Fahrzeuge sind betroffen und welches Ausmass haben die Funde?Christoph Rütimann: Mir war es ein Anliegen, dass wir die gesamte Fahrzeugflotte genau anschauen, also auch die neueren Modelle. Dieses umfassende Screening wurde innerhalb von drei Monaten durchgeführt. Die im Einsatz stehenden Busse sind nicht betroffen. Bei den Oldtimertrams und einem Teil der Tram 2000 haben wir fest gebundenen Asbest in den Antidröhnbelägen gefunden, also in den Decken und Apparatekästen. Zusätzlich wurde bei etwa 40 Prozent der Untersitzheizer in den Tram 2000 Asbest in schwach gebundener Form entdeckt. Das Gewebe liegt durch eine Metallummantelung geschützt, ist aber am oberen und unteren Ende sichtbar.
Zusammenfasend kann ich sagen, dass das Ausmass der Funde überschaubar ist und wir sie mit einer koordinierten Aktivität im Griff haben. Wir waren und sind uns aber der Notwendigkeit sofortiger und umfassender Massnahmen bewusst, vor allem bei den betroffenen Untersitzheizern.
Wie haben die VBZ im Detail auf die kritische Situation reagiert?
Rütimann: Wichtig war, so schnell wie möglich einen detaillierten Überblick über die Situation zu erhalten. Wir haben nach den Funden im Oldtimertram sofort eine Taskforce gebildet und Spezialisten ins Boot geholt. Bei der Befundung hat uns die darauf spezialisierte Firma Carbotech unterstützt. Auch mit einbezogen haben wir die Fachstelle für Umwelt- und Gesundheitsschutz der Stadt Zürich. Alle Aktivitäten fanden im Beisein der Spezialisten statt.
Wo notwendig haben wir eine sofortige Sanierung eingeleitet. Die Untersitzheizer wurden bereits zu einem grossen Teil aus den Fahrzeugen entfernt. Sie werden durch einen Suva anerkannten Asbestsanierer fachgerecht vom Asbest befreit und dieses wird nach den gesetzlichen Vorgaben entsorgt.
Die Gewerkschaften wurden über die Thematik informiert. Vor allem gegenüber den Mitarbeitenden durften wir das Thema nicht auf die leichte Schulter nehmen. Wir haben sofortige Sicherheitsmassnahmen umgesetzt, in den Werkstätten, Depots und Garagen informiert, eine Auffrischung der Schulungen durchgeführt und eine entsprechende Hotline eingerichtet.
Waren unsere Fahrgäste und Mitarbeitenden je einer Gefahr ausgesetzt?
Rütimann: Diese entscheidende Frage haben wir uns natürlich sofort gestellt. Um eine solide Faktenlage zu schaffen, haben wir in einem betroffenen Tram 2000 nach normierten Vorgaben Raumluftmessungen vorgenommen. Der abschliessende Bericht der fachspezialisierten Firma zeigt, dass keinerlei lungengängige Asbestfasern in der Luft vorhanden sind. Wir können also mit gutem Gewissen und natürlich auch mit Erleichterung sagen, dass nie eine Gefahr für das Fahrpersonal und die Fahrgäste bestand.
Im Unterhalt wurden unsere Mitarbeitenden schon vor diesen Entdeckungen auf das Thema sensibilisiert. Der Umgang mit Asbest war bei Schulungen und Informationen immer ein Thema.
Wieso hat man das asbesthaltige Material nicht früher entdeckt? Wurde das Thema in der Vergangenheit ignoriert?
Rütimann: Man hat sich früher wahrscheinlich mehrheitlich auf den Spritzasbest konzentriert. Auch wurden die Analysemethoden mit den Jahren verfeinert. Unsere Fahrzeuge werden im Normalfall keiner Totalrevision unterzogen, wie es nun mit einem Oldtimerfahrzeug passiert ist. So tief wie jetzt haben wir die Flotte also noch nie analysiert.
Als neuer Leiter Technik bei den VBZ bin ich verantwortlich für die Fahrzeugflotte, und diese Verantwortung will ich wahrnehmen. Für mich war es daher entscheidend, genau zu wissen, womit wir es zu tun haben und darum alle Fahrzeuge ganz genau anzuschauen. Wir haben nun die Möglichkeit, Altlasten zu bereinigen, und es ist mir ein Anliegen, dies mit der grösstmöglichen Sorgfalt und Transparenz umzusetzen.