Als «friendly work space» ist den VBZ eine ausgewogene Work-Life-Balance wichtig. Mit welchen spannenden Interessen unsere Mitarbeitenden einen Ausgleich zu ihrem Arbeitsleben schaffen, verraten sie uns in dieser Serie. Heute: Stefan Friederich, Trampilot und Meisterflorist.
Blumen sind eine der buntesten Kunstformen der Natur. Über die Kunst wurden wir auch auf den Trampiloten Stefan Friederich aufmerksam: An der Ausstellung «Blumen für die Kunst» komponieren Meisterfloristen und -floristinnen auf Einladung hin florale Interpretationen von Kunstwerken. Friederich war schon drei Mal dabei. Im 2022 schuf er, gemeinsam mit seinem Lebenspartner, das Visual für die Ausstellung – eine Interpretation des Werks «Octave» von Ilona Ruegg.
«In meinem Herzen bin ich Florist, seit ich vier Jahre alt bin», erzählt Friederich versonnen. Aufgewachsen sei er auf dem Land, genauer auf einem Bauernhof im Thurgau. Seit jeher habe ihn die Schönheit der Blumen berührt: «Als Kind habe ich Sträusschen gepflückt und sie im Dorf verschenkt», erinnert er sich mit einem Lächeln. Die Berufung gedieh zum Beruf, wenn auch mit einem Umweg über die Ausbildung als Gärtner: «In den 80er-Jahren war es sehr unüblich, dass ein Bursche Florist wird», erklärt er. Trotzdem stieg er im Anschluss nahtlos in die Zusatzlehre als Florist ein: «Es war einfach sonnenklar, dass die Ästhetik, das Gestalten meine Welt ist.»


Der Unterschied, Menschen kennen zu dürfen und Menschen kennen zu müssen
Nach einigen Jahren als Fachmann in Winterthurer und später Zürcher Blumengeschäften keimte in ihm der Wunsch, tiefer in die Materie einzudringen. Er fand während zweier Jahre eine Anstellung beim Floraldesigner und Autor Gregor Lersch in Deutschland. Lersch, der in Fachkreisen als Koryphäe bekannt ist, bot ihm unter anderem die Möglichkeit, im Ausland Fachdemos durchzuführen. In dieser Internationalität blühte der damals 30-jährigen vollends auf: «Das Wissen, das durch Berufskollegen und -kolleginnen aus teilweise komplett anderen Kulturen zusammenkam, war ein grosser Schatz», meint er begeistert.
Er hatte es nicht eilig, nach Hause zu kommen. Zufällig habe ein Kollege, der sich in Rom selbständig gemacht hatte, Verstärkung gesucht. Friederich stieg ein und erlebte eine Zeit, die inspirierend, aber auch strapaziös war: «Der Alltag in Italien erforderte damals, in die sozialen Strukturen eingebunden zu sein. Egal ob ein Amtsbesuch oder sonst etwas nötig war: Es war stets zentral, die richtige Person zu kennen», erinnert er sich mit einem Kopfschütteln. «Als ich einmal einen medizinischen Notfall hatte, wurde ich nur darum rasch im Spital aufgenommen, weil ich jemanden gekannt habe, der jemanden kannte. Ich empfand das als sehr energieraubend.»

Die Flora spielt eine wichtige Rolle in der Geschichte der Menschheit – und in der von Stefan Friederich
Während seiner Zeit in Rom besuchte der begeisterte Floristikexperte gleichzeitig die zweijährige Meisterschule «Akademie für Naturgestaltung» in Österreich. Das war trotz der Distanz möglich, weil die Schule in je zwei Zeitblöcken pro Jahr stattfand. Als Meister gehe man den Wurzeln der Floristik auf den Grund, sagt er: «Schwerpunkte der Ausbildung waren die Symbolik sowie Traditionen und Bräuche im Umgang mit Pflanzen.» Schon früh in der Menschheitsgeschichte hätten die Menschen einen sehr starken Bezug zu Pflanzen gehabt, indem sie sie nicht nur als Nahrungs- und Heilmittel, sondern beispielsweise auch als Bestandteil von Opferfesten oder als Schutz- und Glücksbringer verwendet hätten. «Jede Epoche hatte diesbezüglich kulturelle Eigenheiten, von den Ägyptern und Römern über das Mittelalter bis in die Neuzeit hinein», erklärt der Pflanzenkenner. Aufgabe des Meisters sei es, den Geist zu öffnen, Zusammenhänge zu erkennen, etwa mit Kunst und Design: «Es geht darum, das floristische Werk auf die Proportionen und Ästhetik, aber auch auf die Geschichte seiner Umgebung abzustimmen, beispielsweise den Baustil einer Kirche in das florale Werk einfliessen zu lassen», so der Kreative.
Kunst und Design sind für den ausgesprochene Ästheten und seinen Partner auch privat wichtig. Zum Beispiel beim Wohnen, wo die beiden ihr stilvolles Interieur sehr bewusst ausgewählt hätten: «Unser Blick auf das Umfeld ist von einem Wunsch nach Ästhetik geprägt, das ist einfach in unseren Genen drin.» Und natürlich seien sie von Blumen umgeben. «Jede Blume ist schön. Vor allem aber, wenn sie Saison hat und aus einem Umfeld kommt, in dem sie natürlich gewachsen ist. Dann ist sie stark und hat die entsprechende Ausstrahlung», schwärmt er. Sie hätten das Glück, einen grossen Ziergarten zu besitzen: ein Erholungsort, wo der 57-jährige seine grosse Leidenschaft täglich leben kann.



Nach der Rückkehr in die Schweiz arbeitete Friederich für einige Jahre hauptberuflich als Meisterflorist im gehobenen Segment. Der Wechsel von der Flora zum ÖV als Trampilot im Jahr 2016 war eine pragmatische Entscheidung. «Wie für viele Branchen im Luxus-Sektor, wurde es auch für die Meisterfloristen wirtschaftlich sehr eng.» Etliche Unternehmen seien eingegangen. Auch er habe seinen Job verloren. «Lustigerweise hatte ich zu der Zeit aber schon seit vielen Jahren die Idee vom Tramfahren im Hinterkopf und dachte, ich probiere das jetzt mal», so Friederich. Eine gute Idee, wie sich zeigte: Unterdessen ist Friederich seit acht Jahren bei den VBZ und happy: «Ich mag die Lebendigkeit der Stadt. Man glaubt zunächst, irgendwann werde es vielleicht langweilig, aber es bleibt täglich aufs Neue spannend.»
Die Welt der Blumen hat er freilich nie aufgegeben. Heute arbeitet der Gestaltungskünstler an einem Tag pro Woche in einem Blumengeschäft in Zollikon, wo er nebst der Arbeit an Blumengestecken auch um die Innendekoration besorgt ist. Er könne sich gut vorstellen, seine beiden Tätigkeiten in der Zukunft vielleicht wieder mehr zu Gunsten der Floristik auszubalancieren. Das muss aber erst noch wachsen.
Blumen für die Kunst 2026
Mehr über die Veranstaltung vom 3. bis 8. März 2026 auf der Website flowers-to-arts.ch