7000 Jahre Stadt-Anekdoten

Eine Tramfahrt ist auch eine Stadtführung. Ganz besonders gilt das für das «Züri-Tram», auf dem Stadtführerin Coco Petit den Gästen knackige Geschichten über die Limmatstadt auftischt. Die Zürcherin hat uns erzählt, was sie inspiriert und was man als Stadtführerin mitunter erlebt.

«Das Züri-Tram ist nicht in erster Linie für Touristen gedacht, sondern für die Menschen, die hier leben», stellt Coco Petit fest und betont, das sei ihr wichtig. Die Stadtführerin und Autorin verschiedener Bücher, wie zum Beispiel «Glücksorte in Zürich», sorgt – gemeinsam mit ihrem Team – auch im neuen «Züri-Tram» für Glücksmomente und will dort nicht nur an Zürichs Oberfläche kratzen. Sie lässt die Fahrgäste während der Fahrt tiefer in die Geschichte von Zürich eintauchen, sorgt für Aha-Erlebnisse und serviert lustige Anekdoten.

Kennenlernen, um zu lieben

Im Erzählen spannender Episoden ist Petit gross. Inspiriert wurde die Zürcherin, die zur Hälfte auch Französin ist, von ihrem unterdessen 80-jährigen Vater. Er lebt heute in seiner Heimat nahe den Schlössern der Loire in Frankreich. Seine Geschichten aus der Nachkriegszeit haben die damals kleine Coco schon früh in ihren Bann gezogen – und möglicherweise das geschichtliche Interesse geweckt. Viel dazu beigetragen, sagt Petit, habe auch die Ausbildung zur Stadtführerin bei Zürich Tourismus: «Je mehr man über eine Stadt erfährt, desto mehr identifiziert man sich mit ihr, entsteht eine Bindung», so Petit. Aus dem Interesse für ihre Heimatstadt erwuchs eine Faszination, ja eine Liebe.

Auf ihren Führungen versuche sie, den Menschen diese Verbundenheit mitzugeben: «Ich möchte den Zürcherinnen und Zürchern ihre eigene Geschichte näherbringen, damit sie die Zusammenhänge verstehen und ihre Stadt noch mehr zu lieben beginnen.» Auf die Frage, ob man nicht irgendwann einfach alles über einen Ort weiss, winkt sie ab. «Eine 7000-jährige Geschichte ist nie ausgelernt», sagt sie: «Im Gegenteil, sobald man etwas lernt, merkt man erst, was man alles noch nicht weiss. So geht es mir jeden Tag.»

Rolltreppen und Pfahlbauer

Als Beispiel für die nie versiegende Quelle an Anekdoten führt sie an, wie sie neulich über einen Bericht der NZZ zur die Eröffnung des Jelmoli gestolpert sei: «Die Leute stürmten zu Tausenden den Laden, nur um mit der Rolltreppe zu fahren», meint sie amüsiert. Solche kleinen, witzigen Alltags-Themen würden dem Zürich von damals ein Gesicht geben. Wie auch Strassen-Namen: «So viele Strassennamen haben eine Bedeutung. Der Hirschengraben beispielsweise heisst so, weil es dort tatsächlich Hirsche gab», erzählt die 52-jährige lebhaft.

Nun wollen wir aber doch noch wissen, was es denn über die Zeit vor rund 7000 Jahren zu erzählen gibt. «Damals waren die Pfahlbauer hier», antwortet Petit wie aus der Pistole geschossen: «Das weiss man, weil man sechstausend Pfosten fand, als das Opernhaus-Parkhaus gebaut wurde. Unter anderem fand man auch die zweitälteste Türe in Europa. Deshalb wurde überhaupt erkannt, dass Pfahlbauer Türen hatten», erörtert sie.

Von der Meditation zur Hochzeit

Die Arbeit als Stadtführerin bringe Momente mit sich, die zu Herzen gehen – vor allem auf der sogenannten «Glückstour», wo sie ein Stück ihrer eigenen Geisteshaltung einbringe. Einmal sei sie auf dieser Führung mit den Gästen in die Wasserkirche gegangen, um während einer Viertelstunde zu meditieren. «Für viele Menschen ist so etwas ein neues, besonderes Erlebnis», erklärt Petit, um uns folgende Episode zu schildern: Auf ihrer «Liebesgeschichten-Tour» habe eine Gruppe Frauen im Zusammenhang mit einer bevorstehenden Hochzeit teilgenommen. «Eine davon, die Braut, hat mir offenbart, dass sie zwei Jahre zuvor mit mir in dieser Wasserkirche meditiert habe – das habe sie so sehr berührt, dass sie beschloss, dort nun zu heiraten», erzählt Petit sichtlich bewegt.

In einem weiteren freudvollen Moment habe ihr eine Frau berichtet, ihre Tochter habe ihr das Buch «Zu Fuss durch Zürich» (deren Autorin Coco Petit ist) geschenkt. Seither würden die beiden einmal im Monat gemeinsam einen der darin enthaltenen Spaziergänge machen. Wenn Petit, selbst Mutter zweier Kinder, mit ihrer Arbeit so etwas leisten kann, macht sie das glücklich: «Zeit miteinander zu verbringen ist doch das Schönste, das Wichtigste überhaupt», stellt sie fest.

‹Züri pur› ohne Rattern und Rütteln

Das Interesse für die Stadt verändert den Blick. «Man geht viel aufmerksamer durch die Strassen, blickt auch mal nach oben – es gibt so viele herrliche Sachen zu sehen, da ein mittelalterliches Bogenfenster, dort Wandmalereien…», sagt Petit enthusiastisch. Die Liebe zur Stadt als Achtsamkeitsübung. Einen anderen, schnelleren Fokus setzt das «Züri-Tram». Ein rollender Arbeitsplatz auf Schienen ist kein Novum für die Stadtführerin. Auf das schicke, neu umgebaute «Tram 2000» freut sie sich extrem: «Ich kann meine Stimme schonen, weil die Geräuschkulisse des Oldtimers-Trams wegfällt» sagt sie mit einem Grinsen und wird gleich wieder ernst: «Vom Fahrzeug über das  ‹Züri-Gschnätzlete›  bis zu den Geschichten während der Fahrt: Jedes Element ist ‹Züri pur›, ein rundum stimmiges Erlebnis.»

Ein Erlebnis zu bieten, ist ohnehin Petits Anspruch. Das bedeute, «etwas mit allen Sinnen zu begreifen, nicht nur metaphorisch, sondern mit den Händen – einen 2000 Jahre alten Stein etwa, den die Römer noch gebaut haben», überlegt sie laut: «Dann bleibt es nämlich auch in Erinnerung». Mit dem Züri-Tram, dem gehörschonenden Stadtkino mit kulinarischem Verwöhnfaktor, wird punkto Sinnlichkeit auf jeden Fall ein Stein oder vielmehr ein Tram ins Rollen gebracht.

Die neue VBZ Event-Linie

Sie möchten Zürich mit allen Sinnen besser kennenlernen? Steigen Sie bei uns ein und erfahren Sie (buchstäblich) Geschichten, die Sie noch nie gehört haben. Das rollende Restaurant der VBZ, ein umgebautes Tram 2000 im Stil der 70er- und 80er-Jahre, bietet nebst der abwechslungsreichen Aussicht auch ein buntes kulinarisches Programm. Zum Beispiel das «Züri-Tram», in dem Ihnen nicht nur kulinarische Zürcher Spezialitäten, sondern auch spannende und unterhaltsame Anekdoten über unsere Stadt serviert werden. Aber sehen Sie am besten selbst: Alle Angebote der Event-Linie.

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