Das Material der Zukunft: In einem Hybridbus können jetzt umweltfreundlich produzierte Sitzgelegenheiten getestet werden. Im Fokus stehen dabei Holz und ein aus Reststücken weiterverarbeitetes Leder.
Blau-weiss und typisch Züri – natürlich freuen wir uns über das in der Sonne glänzende Blech, über Doppelgelenke, Hybrid- oder Elektromotoren und weitere Charakteristiken unserer Trams oder Busse. Am Ende des Tages aber, wenn wir ganz ehrlich sind, wollen wir doch vor allem eins: Entspannt in den Sessel sinken und uns in selbigem möglichst bequem von A nach B transportieren lassen.
Wie der optimale Sitz auszusehen hat, darüber kann man geteilter Meinung sein: Hielt die Mirage noch – schnörkellos und praktisch – Holzsitze bereit, so durfte man sich im Tram 2000 bereits in einen weichen Polstersitz fallen lassen. Wer sich an die Busse längst vergangener Tage – Stichwort Saurer – erinnert, weiss: Auch hier war Holz, aber auch Kunstleder schon Thema. Nicht wenige Fahrgäste wünschen sich denn auch die «guten alten Zeiten» zurück. «Hygiene» ist dabei das Hauptargument: Ein Leder- oder Holzsitz lässt sich viel leichter reinigen, als dies bei einem Polstersitz der Fall ist. Darüber hinaus ist das Material langlebiger.
Weil Sitze auch immer wieder mal ersetzt werden müssen, lohnt es sich, das Status quo gelegentlich in Frage zu stellen. Mit Blick auf die Zukunft fährt deshalb bis Anfang März ein Hybridbus durch Zürich, in welchem sich alle denkbaren Sitzunterlagen befinden: Da sind einerseits natürlich die gängigen Polstersitze, aber auch zwei Holz- und diverse Ledersitze. Ziel dieses Durcheinanders an Sitzbezügen ist es, die Meinung der sich im Bus befindlichen Fahrgäste abzuholen – damit die Zürcherinnen und Zürcher mitbestimmen können, worauf sie in Zukunft sitzen möchten.
Neuartig sind dabei vor allem die Ledersitze. Es handelt sich nämlich um sogenanntes «e-Leather». Dabei werden Leder-Abfälle aus der Industrie, welche sonst im Müll gelandet wären, weiterverarbeitet. Die Lederstücke werden in ihre einzelnen Faserteile zerlegt und auf ein Grundmaterial, ein Vlies, aufgesprüht. Spannend dabei: Dieses Verfahren benötigt keinerlei Leim oder sonstwelche Chemie. Wie es genau funktioniert, bleibt leider das Geheimnis des Herstellers. Wir tippen mal auf ein Verfahren mit Druck. Schlussendlich ist das recycelte Leder jedenfalls leichter als echtes Leder: Letzteres kann naturgemäss nicht so gleichmässig hergestellt werden. Diese Eigenschaft macht das «e-Leather» übrigens auch interessant für den Einsatz in der Luftfahrt. Gleichzeitig wird bei der Produktion dieses Produkts weniger Wasser benötigt, als bei der Bearbeitung von originalem Leder – eine rundum ökologische Sache also.
Auch die Holzschalen, die derzeit zum «Probesitzen» im Umlauf sind, werden umweltschonend hergestellt: Sowohl das Holz und wie auch das «e-Leather» sind aus natürlichen Rohstoffen nachhaltig gewonnene Materialien. Durch deren Verwendung kann die Nutzung von Erdöl oder Wasser im Vergleich zu anderen Produkten verringert werden. So verläuft die Fahrt in Bus und Tram eben nicht nur bequem, sondern auch mit dem allerbesten Gewissen.