105 verlorene Porträts

In Flugzeugen, Trams und Zügen gehen nicht nur Brieftaschen oder Regenschirme, sondern auch Kunstwerke vergessen. Diesen verlorenen Schätzen widmet sich das Projekt Fundkunst. Am Talacker 42 in Zürich werden ab heute die in den ÖV gefundenen Werke präsentiert.

Bereits seit zehn Jahren veräussert der Fundsachenverkauf in Zürich-Wollishofen allerlei Liegengebliebenes aus den öffentlichen Verkehrsmitteln. Dabei sammelten sich im Laufe der Zeit erstaunlicherweise auch immer mehr Kunstwerke an. Da sich aber kaum je eine Kunstliebhaberin oder ein Kunstliebhaber in den Verkaufsladen am Stadtrand verirrte, verstaubten die Kunstwerke im Keller. So entstand ein Fundus mit über 100 solch verloren gegangenen Werken. Darunter Fotografien, Lithografien, Öl- oder Acrylbilder, ja sogar alte Dias. Damit diese Kunstgegenstände nun wieder, oder sogar erstmals überhaupt, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden können, wurde das Projekt Fundkunst ins Leben gerufen.

Hinter Fundkunst stehen Alessa Widmer , Annina Kapferer, Carla Peca und Joel Spiegelberg – vier Kunststudierende mit Erfahrung im Organisieren von Ausstellungen. Alessa Widmer ist die Tochter des Fundsachenverkauf-Gründers Roland Widmer und bestens vertraut mit dem Verkauf verloren gegangener Gegenstände. Die Uni-Studentin wusste um die vielen liegengebliebenen «Schätze» im Keller des Fundsachenverkaufs und so entstand die Idee zur Fundkunst-Ausstellung mit anschliessender Auktion.

Den ersten Auftritt hatte die Fundkunst-Truppe am letzten Züri-Fäscht, als sie am Stand der VBZ und von Joiz emsig Flyer für die geplante Ausstellung verteilte. Nun, rund acht Monate später, wird der Anlass mit der heutigen Vernissage lanciert. Die Ausstellung, die eine Woche dauert, findet am Talacker 42, gleich gegenüber der Tramhaltestelle Sihlstrasse, statt.

Dank der langjährigen Zusammenarbeit zwischen den VBZ und dem Fundsachenverkauf haben wir die Möglichkeit, einige der Ausstellungs-Werke im Voraus zu präsentieren. Etwas über die Künstlerin oder den Künstler herauszufinden, sei bei einigen Bildern durch die Signaturen möglich gewesen, erklärt Alessa Widmer. Wie ganze Mappen oder aber einzelne Werke verloren gingen, liess sich aber kaum ermitteln.

Die Porträtmappe

Die ausführlichste Werkserie der Fundkunst-Sammlung ist eine Künstlermappe mit insgesamt 105 Porträts. Dabei gibt es auf keinem der Bilder einen Hinweis auf die Künstlerin oder den Künstler. Was sich aber aufgrund von Jahreszahl-Vermerken auf den Bildern sagen lässt: Entstanden sind diese Porträts zwischen 1999 und 2004. Merkwürdigerweise wurde in keinem Schweizer Fundbüro je nach dieser Mappe gefragt.

Lärchen im Herbst

Der Schweizer Maler Armin Schwarzenbach, 1914 in Münsingen geboren und 2000 in Spiez gestorben, hat zahlreiche solcher herbstlichen Lärchenbilder geschaffen. Gemäss seiner Tochter Barbara Gurtner-Schwarzenbach sind die meisten im bündnerischen Avers oder im Lötschental im Kanton Wallis entstanden. Er habe dabei jeweils den ersten Frost abgewartet, «denn dadurch erhalten die Lärchen diese schöne, leuchtend gelb-orange Farbe», so Barbara Gurtner-Schwarzenbach.

Armin Schwarzenbach, Lärchen im Herbst, 1977. (Bild: Fundkunst)

Dutch Underdog

Eines der Bilder in der Fundkunst-Sammlung, anhand dessen Signatur und Titel sich mehr über die Herkunft herausfinden liess, ist «Mooi gezicht op Enkhuizen», auf Deutsch: «Die schöne Aussicht auf Enkhuizen». Die Kleinstadt Enkhuizen liegt im Norden Hollands. Gemalt wurde die Ansicht von J. v. Hoppe, einem Kleinmeister der Genremalerei. Seine Hauptsujets waren niederländische Hafenansichten, die er während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gemalt hat.

Verloren und weggeschmissen

Vor zwei Jahren tauchten im Fundsachenverkauf zwei Leinwände auf, die man im ersten Moment für Malunterlagen hielt, da der Malstil aus der Nähe betrachtet kein Motiv erkennen liess. Man warf die Gemälde kurzerhand in den Müllcontainer. Als Roland Widmer, der Geschäftsführer des Fundsachenverkaufs, dann Tage später in einiger Distanz vor dem Container stand, wo sich die Leinwände ausgerollt hatten, erkannte er plötzlich die Gesichter – und stellte fest, dass hier fälschlicherweise zwei faszinierende Acryl-Gemälde im Abfall gelandet waren. Wer diese Porträts malte, ist bis heute unbekannt.

Fundkunst-Ausstellung

Die gefundene Kunst kann vom 18. bis 25. März am Talacker 42 in Zürich bewundert werden. Zur Umrahmung der Ausstellung werden gefundene Noten gespielt, Kunstposter verkauft oder Geschichten zu verlorener Kunst erzählt. Mehr Informationen zur Ausstellung, zum Programm oder wie man Eigentümerin oder Eigentümer der Kunstwerke werden kann unter fundkunst.ch.

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