Unsere erfolgreiche App «Züri schlaflos» offeriert mehr als 170 Geschichten über Zürcher Bars, Clubs, Kulturhäuser, Restaurants und andere urbane Hotspots und Schauplätze. Die Stadtneurotiker, Journalisten und Autoren Philippe Amrein und Thomas Wyss haben über unterschiedlichste Lokalitäten und Orte streng subjektive und oft ziemlich schräge kleine Stadtgeschichten verfasst.
Der Idaplatz
Wenn ich meine Freunde aus der Kulturtäterszene länger nicht mehr sehe, kann ich davon ausgehen, dass sie irgendwo in Berlin herumwerkeln. Deutschlands Kapitale, voller günstiger Logen und Atelierräume und geprägt von einer frei- und schöngeistigen Haltung, ist bekanntlich Europas Kreativmekka. Und doch plagt die Kumpels irgendwann das Heimweh, oder ihr Projekt ist gefloppt oder die Liebe zerbrochen. Also kehren sie zurück. Und wenn sie mich dann treffen wollen, lautet die Antwort auf meine «Wo?»-Frage stets: «Idaplatz!» Denn dieser Ort, finden sie, der erinnere sie irgendwie an Berlin.
Erstaunlich. Allzu lang ist es noch nicht her, da schnarchte der Idaplatz tagein, tagaus vor sich hin. Mit einer Ausnahme: Ende August, wenn das nach ihm benannte Quartierfest stattfindet, an dem dann tatsächlich das halbe Quartier aufkreuzt. Das Fest gibts noch immer. Allerdings nimmt heute die halbe Stadt daran teil. Crazy. Und für die Anwohner nur bedingt entzückend – umso mehr, als der Platz inzwischen das ganze Jahr hindurch vital wirkt.
Verantwortlich für den Wandel ist die Gastroszene. Bars, Cafés und Restaurant gab es zwar schon immer. Doch die waren nicht wirklich angesagt. Ich hab das nie so eng gesehen, doch als fanatischer Liebhaber der verträumten Wiener Kaffeehauskultur bin ich wohl auch nicht gerade das zuverlässigste Trendbarometer. Anyway. Jedenfalls mag ich ihn, den neuen «Berliner» Idaplatz.
Um den kleinen Appetit zu stillen, gehe ich jeweils ins «fransöösischsch» angehauchte Bistro Bei Babette. Hab ich richtig Kohldampf, buche ich einen Tisch im Gertrudhof, dem städtischen Cordon-Bleu-Paradies. An den rund fünf Abenden im Jahr, an denen ich mich unsnobistisch, aber doch distinguiert fühle, setze ich mich in die Berta Bar und schlürfe Averna. Habe ich Bock auf den Besuch eines Sportfotomuseums, das offiziell allerdings eine Bar ist, mit Flipperkasten, Grossbildschirmen (auf denen pausenlos Sport und am Sonntagabend «Tatort» läuft), smarter DJ-Musik und einem «Meitligarte», gehe ich ins Calvados sportif. Und wenns schliesslich darum geht, nach dem «Tsüri»-Match ein paar Ekstase- oder Frustbiere zu kippen, erledige ich das im «Piazza», das – nomen est omen – direkt an der Piazza zuhause ist. Und das übrigens ein ganz anständiges Frühstück auftischt. Und die schickste Männertoilette der genannten Lokale aufweist. Die schickste, aber nicht die originellste. Die befindet sich («11 Freunde!») im Calvados.
Am 15. und 16. August findet wieder das berühmt-berüchtigte Idaplatzfest statt. Am Samstagabend treten Bands und Künstler wie The Well, Phil Hayes & the Trees und DJ Rock Gitano auf. Vor allem aber geht es bei diesem Fest, das längst eine Strahlkraft entwickelt hat, die weit über das Quartier hinausgeht, ums Sehen und Gesehen werden. Und ums Trinken. Und dann ums Essen. Und dann nochmals ums Trinken. Und ja, am frühen Morgen noch immer ums Trinken; ein letztes Bier geht ja immer noch. Doch trotz oder gerade wegen des Katers sollte man sich den Sonntagsbrunch keinesfalls entgehen lassen.
Zur Website des Idaplatzfestes.
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