Züri schlaflos: Hafenkneipe

Unsere erfolgreiche App «Züri schlaflos» offeriert mehr als 170 Geschichten über Zürcher Bars, Clubs, Kulturhäuser, Restaurants und andere urbane Hotspots und Schauplätze. Die Stadtneurotiker, Journalisten und Autoren Philippe Amrein und Thomas Wyss haben über unterschiedlichste Lokalitäten und Orte streng subjektive und oft ziemlich schräge kleine Stadtgeschichten verfasst.

Es gab Zeiten, da existierten weder Tankstellenshops mit 24-Stunden-Betrieb noch bis tief in den Morgen hinein geöffnete Kebab-Shops. Wer in dieser Vor-Moderne um fünf Uhr morgens beschwipst durch die Stadt torkelte und plötzlich akuten Heisshunger verspürte, wusste, dass er exakt zwei Möglichkeiten hatte: Entweder ging er auf schnellstem Weg nach «Home, sweet home» und schmierte sich dort ein paar Brote, oder er ging in die Hafenkneipe.

Die damalige Hafenkneipe war ein Abenteuer, oder dramatischer: Das ungastlichste Gasthaus der Deutschschweiz, vergleichbar mit der legendären Mars Bar in New York, wo die schiefsten Figuren des Big Apple rumhängen und wo alles wortwörtlich irgendwie angepisst wirkt. Ging man trotzdem hin, sass man (stets leicht paranoid)  inmitten von Outlaws, Kleinganoven und anderem humanoiden Elend, mampfte ölige Spiegeleier mit verkohltem Speck, kippte lauwarmes Hopfengebräu und überlegte sich pausenlos, ob es vielleicht nicht doch besser gewesen wäre, zuhause ein paar banale Sandwiches zu bauen. Weshalb ich all das so genau weiss? Nun, dieses Rätsel ist für einmal nicht schwer zu knacken.

Zum Glück sind das «tempi passati», wie der erleichterte Italiener jeweils zu sagen pflegt; ausser den Namen hat die heutige Hafenkneipe mit der einstigen Spelunke nichts mehr gemein. Die Biere – und davon gibt’s nun viele – sind kühl und frisch, die Kulinaria beschränkt sich auf Salznüssli & Co., das Interieur hat – nomen est omen – etwas Schiffiges, das WC ist keine Wucht, duftet aber nach «Meister Propper», und die unheimlichsten Figuren, die man heute hier antrifft, sind klobige Mundartrapper und zwischenzeitlich gegroundete Regisseure.

Damit will ich keinesfalls sagen, dass das Lokal jetzt brav und züchtig sei, nein – aber die wilden Sachen, die passieren inzwischen nur noch auf der Konzertbühne. Die ist zwar klein, doch gerade dieses Nischendasein weiss sie gekonnt zu nutzen. So kann es passieren, dass man an einem hundsgewöhnlichen Abend plötzlich hautnah vor der fesselnden Postpunktruppe Blood Arm steht. Oder vor Tom Morello, Gitarrist bei Rage Against the Machine. Oder vor den crazy Elektrorappern Dan Le Sac vs. Scroobius Pip. Bekanntlich sind Namen aber bloss Namen. Deshalb sei wärmstens empfohlen, gerade dann in die Hafenkneipe zu pilgern, wenn man die Band nicht kennt – gut möglich, dass man ihr schon wenige Monate später auf der Titelseite des «New Musical Express» oder des «Rolling Stone» wieder begegnen wird.

Zur Website der Hafenkneipe.

Einen solchen Pilgerweg sollte man am 27. April 2016 unbedingt auf sich nehmen. Dann nämlich spielen die«Treetop Flyers» waschechten British Folk und Westcoast-Sound. Im Frühjahr erscheint denn auch ihr mit Spannung erwartetes zweites Album «Palomino», welches live in der Hafenkneipe präsentiert wird. Bar 17h00  // Beginn 20h00 // Ende 22h00 // CHF 24.

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