«Wir wollen im Störungsfall so schnell wie möglich informieren»

Wenn Tram und Bus nicht fahren wie geplant, ist vor allem eines wichtig: Eine schnelle, präzise Information. Serge Nater, Programmleiter Fahrgastinformation, erklärt, wie diese Information bei einem Störungsfall an Sie gelangt, und wie die Ticketautomaten neu dazu beitragen.

Nehmen wir an, Sie stehen an der Haltestelle, warten auf Ihren Bus oder Ihr Tram – und das vergeblich. In der Innenstadt findet nämlich gerade ein längerer Umzug statt, der Verkehr ist lahmgelegt. Wie erfahren Sie davon?

  • Fällt ihr Blick auf eine Abfahrtsanzeigetafel, die Sie informiert?
  • Zücken Sie nach zehn Minuten Ihr Smartphone, um die App oder die Webseite zu konsultieren?
  • Oder haben Sie den Weg zur Haltestelle gar nie angetreten, weil Sie sich schon vorher schlau gemacht haben?

Es gibt viele Möglichkeiten, den aktuellen Status auf dem VBZ-Netz zu prüfen – und es werden immer mehr. Hinter all diesen Informationen stecken Fachleute aus verschiedenen Teams. Sie tüfteln nach Mitteln und Wegen, wie die VBZ Sie im Fall der Fälle erreichen können – selbst dann, wenn Sie gerade in der Zeitung vertieft sind oder Musik hören. Die Gesamtverantwortung liegt bei einem, dem klare Ansagen wichtig sind: Serge Nater, Programmleiter Fahrgastinformation bei den VBZ. Wir haben mit «Mr. Fahrgastinfo» über seine Aufgabe und das gesprochen, was Sie im ÖV am meisten nervt, wenn es fehlt: die Benachrichtigung über einen Störungsfall.

«Was die Fahrgäste brauchen, lässt sich am einfachsten herausfinden, indem man sie fragt», eröffnet Nater, das Gespräch. Im Jahr 2022 nämlich wurde unter vbz-mitreden.ch ein Mitwirkungsprozess durchgeführt sowie in einer separaten Studie die Fahrgastbedürfnisse erhoben.

Sie haben die Fahrgäste gefragt, wie und wo sie sich über allfällige Verspätungen im ÖV informieren. Wie lautet das Ergebnis?

Wir haben herausgefunden, dass die meisten Leute durch Lautsprecherdurchsagen und Bildschirme an den Haltestellen sowie in den Fahrzeugen der VBZ informiert werden. Nur wenige zücken an der Haltestelle aktiv ihr Smartphone und rufen die App oder die Website auf. Das bestätigt uns, dass Störungsmeldungen eine Bringschuld der VBZ sind. Auf der anderen Seite wünschen sich auch viele Fahrgäste Funktionen, die es bereits gibt, zum Beispiel eine aktive Information auf das Smartphone oder eine bessere Übersicht über Störungen. Diese Möglichkeiten existieren beispielsweise mit VBZ-Alerto, in der ZVV-App und auf den Websites. Sie müssen aber bekannter gemacht werden.

Haben Sie diese Erkenntnisse überrascht?

Überraschend war, dass über fünf Prozent der Befragten unterwegs kein Handy für Reiseinformationen benutzen. Und das betrifft nicht nur die älteren Fahrgäste, sondern ebenso die jüngere Generation. Auch wenn die Jungen das Handy insgesamt öfter zur Hand nehmen, darf man nicht automatisch davon ausgehen, dass sie sich unterwegs informieren. Ebenfalls erstaunlich war, dass Fahrgäste, die den ÖV oft nutzen, sich eher online informieren als solche, die den ÖV selten nutzen.

Fahrgastinformationen sind also eine Bringschuld. Warum lassen Sie nicht einfach Lautsprecher und digitale Anzeiger an allen Haltestellen installieren?

Grundsätzlich gibt es schon an sehr vielen Haltestellen Lautsprecher sowie Anzeiger an den wichtigsten Standorten. Wir würden sehr gerne mehr Haltestellen ausrüsten, aber aus Kostengründen ist dies leider nicht umsetzbar. Eine Ausweitung nur mit Lautsprechern ist nicht möglich, da bei neuen Geräten das Zwei-Sinne-Prinzip eingehalten werden muss. Das heisst, die Informationen müssen sowohl akustisch wie auch optisch zur Verfügung gestellt werden – oder anders gesagt, wo es einen Lautsprecher hat, muss auch ein Bildschirm hin. Ein Problem, das wir nun allerdings mit Hilfe der Ticketautomaten lösen.

Was können denn die Ticketautomaten dazu beitragen?

Die Automaten werden aktuell laufend mit neuer Hard- und Software ausgerüstet. Damit lassen sich die nächsten Abfahrten an der besagten Haltestelle sowie Störungsinformationen anzuzeigen. Seit Mitte Mai 2023 läuft dazu ein Test auf einigen Automaten. Die Informationen erhält man durch Drücken der Box «Nächste Abfahrten». Wenn alles klappt, werden sie ab Spätsommer 2023 als Bildschirmschoner dargestellt und sind somit immer sichtbar. Menschen mit Sehbehinderung können sich ab dann diese Informationen auch vorlesen lassen.

Wo finde ich aktuell solche Ticketautomaten?

Die Automaten sind in der ganzen Stadt Zürich verteilt. Es sind total über 200 Automaten. Bis zum Ende des Jahres 2023 sollen aber alle Ticketautomaten im ZVV-Gebiet diesen Service bieten.

Nun gibt es aber auch Haltestellen, welche weder über einen Ticketautomaten noch über Lautsprecher verfügen. Was raten Sie den Fahrgästen, die dort starten?

Jede Haltestelle hat einen gedruckten Fahrplan. Auf diesem befindet sich ein QR-Code, der mit dem Smartphone gescannt werden kann. Damit gelangen die Fahrgäste zu denselben Angaben, welche auch auf dem Bildschirm der Ticketautomaten angezeigt wird. So ist die Information grundsätzlich an allen Haltestellen rasch verfügbar.

Wie wird dieses Angebot genutzt?

Dies hängt von der Haltestelle ab. Die meisten Abfragen erfolgen in der Stadt Zürich an den Haltestellen Sihlcity und Militär-Langstrasse. Grundsätzlich lohnt sich eine Abfrage aber an jeder Haltestelle ohne digitale Abfahrtsanzeige, weil so frühzeitig klar ist, ob das Fahrzeug pünktlich einfährt oder eine Störung vorliegt.

Wenn jemand an der Haltestelle steht, ist es ja eigentlich etwas spät für eine Störungsmeldung. Wie erreichen Sie die Fahrgäste früher?

Es ist sicher sinnvoll, sich bereits vor der Abreise zu informieren. Ein kleiner Check spart Überraschungen. Ich persönlich mache das jeweils so. Grundsätzlich sind Störungen auf den einzelnen Linien auf vbz.ch zu finden. Dies schon länger, seit letztem Jahr ist die Info aber prominent in einem Ticker auf der Startseite platziert. Auf einen Blick ist sichtbar, welche Linien gerade von Störungen betroffen sind. Auch im Online-Fahrplan und in der Fahrplanabfrage der ZVV-App werden Echtzeitinformationen, also auch Infos über etwaige Störungen geliefert.

Aber vielleicht möchte ich nicht immer selber nachschauen. Ich möchte, dass die VBZ sich bei mir melden, wenn was ist.

Auch hier haben wir eine Lösung, und zwar besteht mit dem Dienst «Alerto» die Möglichkeit, Störungsinfos für einzelne Linien über Telegram zu abonnieren oder über Whatsapp abzufragen.

Was ist Ihnen persönlich besonders wichtig punkto Fahrgastinformation?

Wir wollen im Störungsfall so schnell wie möglich informieren– idealerweise eben bevor der Fahrgast die Reise anritt.  Die Informationen müssen leicht zugänglich sein.  Ausserdem möchten wir im Störungsfall natürlich auch Alternativen für die Weiterreise aufzeigen. Zudem möchten wir mehr digitale Informationen an den Haltestellen anbieten. Ein erster Schritt dazu ist nun die Nutzung der Ticketautomaten für die Fahrgastinformation.

Wo erhoffen Sie sich weitere Verbesserungen für die Zukunft?

Ein Hauptfokus besteht darin, Echtzeitinformationen noch schneller zugänglich zu machen. Dazu laufen aktuell verschiedene Projekte. In der ferneren Zukunft erhoffen wir uns, individueller informieren zu können, also auf die Situation des einzelnen Fahrgasts zugeschnitten. Unsere Fahrgäste sind ein sehr heterogenes Zielpublikum mit unterschiedlichsten Bedürfnissen. Da könnte die Digitalisierung in Zukunft allenfalls neue Möglichkeiten bieten.

Sie sind seit 16 Jahren bei den VBZ beschäftigt. Kann es Ihnen überhaupt noch passieren, dass Sie an eine Haltestelle gehen und merken «mist, mein Fahrzeug kommt nicht»?

Ja, sicher. Und ich ärgere mich dabei wie alle anderen auch. Vor allem wenn es mit der Fahrgastinformation nicht klappt. Aber mein Vorteil ist, dass ich dazu beitragen kann, dass es beim nächsten Mal besser läuft. Und so sind wir auch dankbar um entsprechende Feedbacks der Fahrgäste, denn sie helfen uns, uns laufend zu verbessern.

 

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