Viel zu gut zum Wegwerfen

Kurz vor Ladenschluss noch die eine oder andere Leckerei abholen: Die App «Too Good To Go» ist der Wegweiser für preiswertes und gutes Essen in Zürich. Essen, das sonst vernichtet werden müsste.

Das könnte eng werden. Ab 18 Uhr bei einer Bäckerei an der Schmiede Wiedikon eine Auswahl abholen – und von 18 bis 18.30 Uhr steht an der Uraniastrasse Nähe Bahnhofstrasse in einem Restaurant das Abendessen parat. Bestellt über die App «Too Good To Go»: das Päckchen Backwaren für 5 Franken, die Box mit warmem Essen für 9.90 Franken.

«Zu gut um wegzuwerfen» ist das Motto der App-Betreiber: Restaurants, Take-aways und andere Betriebe der Gastronomie machen hier mit, um Nahrung verbilligt gegen Ladenschluss abzugeben, statt sie vernichten zu müssen.

In neun Ländern Europas aktiv

Die Idee wurde Ende 2015 in Dänemark lanciert, bis heute ist die Organisation in neun europäischen Ländern aktiv, mit über 15‘000 angeschlossenen Gastronomiebetrieben und sechs Millionen Nutzern. Die globale Community zur Rettung der Lebensmittel – das ist das Ziel der Initianten: «Denn das Essen gehört auf den Teller und nicht in den Müll.»

Weltweit werden gut ein Drittel aller produzierten Lebensmittel weggeworfen, heisst es auf der Webseite der Initianten . In der Schweiz seien dies über zwei Millionen Tonnen Nahrungsmittel pro Jahr oder etwa 300 Kilogramm pro Person, die vernichtet würden.

400 angeschlossene Betriebe in der Schweiz

In der Schweiz wurde die App im Jahr 2016 lanciert, seit Sommer 2018 mit eigenem Team in Zürich. Seither seien bereits über 100‘000 Mahlzeiten vor dem Abfall gerettet worden – die App wurde in dieser Zeit über 100‘000mal heruntergeladen, und gut 500 Betriebe sind der App angeschlossen: vom Quartierladen über Restaurantketten, Warenhäusern bis zum Sterne-Restaurant.

Das Konzept: gastronomische Betriebe können über die App ihr überschüssiges Essen zu einem verbilligten Preis anbieten. Bezahlt wird per Kreditkarte auf der App, und das Essen dann in einem vorgegebenen Zeitraum selbst abgeholt. Die App zeigt dabei die Betriebe in unmittelbarer Nähe des Kunden an.

Ein Gewinn für alle Beteiligten

Davon würden Betriebe, Kunden und die Umwelt gleichermassen profitieren, so die Betreiber. Nebst der guten Sache, die Betrieb wie Kunde unterstützt, lernt der Kunde auch gastronomische Betriebe kennen, an denen er vorher vielleicht noch vorbeigegangen ist, und das Unternehmen betreibt damit auch Marketing in eigener Sache.

So auch die Bäckerei an der Schmiede Wiedikon. Es sind ein paar Minuten nach 18 Uhr: In der Bäckerei kann man sich sein Paket zwischen 18 und 19 Uhr selbst zusammenstellen. Die fünf Franken sind bereits per Kreditkarte bei der Bestellung auf der App bezahlt worden – die Auswahl im Laden darf einen Verkaufswert von 13 Franken haben. Und diese fällt schwer: Brote, Brötchen, Sandwiches, Wähen und viele Süssgebäcke sind noch in den Auslagen – Ware, die am nächsten Tag nicht mehr verkauft werden darf. Der Entscheid fällt auf Bürli, Gourmetbrötchen und eine Gemüsewähe.

Backwaren und eine Parmigiana kurz vor Ladenschluss: tatsächlich zu gut zum Wegwerfen.

Wieder draussen vor der Bäckerei, es ist gut ein Viertel nach 18 Uhr. Mit dem 9er-Tram geht es von der Schmiede Wiedikon zur Haltestelle Sihlstrasse, dann ein paar Schritte die Uraniastrasse hinein zum Restaurant. Geschafft, es ist noch nicht halb sieben.

Aus dem Restaurant, das sich auf Lasagne und Parmigiana spezialisiert hat, tritt gerade eine Frau mit einer braunen, kleinen Papiertragtasche in der Hand, auch sie hat eben ein Abendessen vor dem Wegwerfen bewahrt. Der recycelbare Behälter liegt schon bereit: «Heute ist es Parmigiana», sagt die junge Angestellte, und reicht die gut gefüllte Box mit dem italienischen Auberginenauflauf über die Theke. Und gibt dazu noch eine kleine Pasticceria, ein mit Creme gefülltes Gebäck, ins Säckchen.

*Mehr Tipps, wie Sie zu einem umweltfreundlichen Zürich beitragen können, finden Sie  – nebst anderen wertvollen Infos – im Dossier «Zäme für Züri».

 

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