Auch vbzonline spielt die EM 2021 durch – allerdings nicht auf dem grünen Rasen, sondern auf Strassen und Schienen: Wir lassen nämlich den ÖV der insgesamt 11 Austragungsorte gegeneinander antreten! Ein Jux? Ja, aber einer, bei dem einiges zu lernen ist. Das heutige Duell: Baku gegen München.
Willkommen, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, zum heutigen Spiel – eine spannende Konstellation: Auf der einen Seite Baku, eine Stadt mit reichem, kulturellem Hintergrund und leidenschaftlichen Menschen, jedoch ohne fussballerischen Leistungsausweis. Auf der anderen Seite München, die schicke Metropole in Bayern mit Schlössern, Hofbräuhaus, Oktoberfest und einem der erfolgreichsten Fussballclubs der Welt.
Und da ist der Anstoss. Zuerst Vorgeplänkel. Beide Mannschaften tasten sich ab. Baku mag sich noch nicht so richtig über die EM freuen, dieses Mal sei alles anders. München stimmt zu und offenbart unverhofft eine Lücke in der Verteidigung. Ob Zuschauer zugelassen sind? Baku nutzt die Gelegenheit und trumpft mit dem Wissen auf, dass die EM mit beschränkter Zuschaueranzahl durchgeführt wird. Die Aktion führt aber ins Leere.
München ist jetzt aufgewacht und startet den ersten Angriff, man habe sich den hiesigen ÖV mal genauer betrachtet und stichelt provokant gegen Baku, wie es denn dort aussähe. Baku lässt sich nicht zweimal bitten und verweist auf seinen reichen, kulturellen Hintergrund. München verblasse geradezu im Vergleich mit Bier, Weisswurst und Lederhosen.
Gekonnt weicht München auch dieser Attacke und lässt fragen, ob zum ÖV in Baku auch nicht-aserbaidschanische Inhalte im Netz verfügbar seien. Klar, in Englisch, kontert Baku.
Jetzt nimmt das Spiel an Fahrt auf! Baku betreibt aggressives Pressing. Die Stadt verfüge über ein U-Bahnnetz mit 25 Stationen und einer Strecke von 36.7 km. München, hellwach, bereitet das erste Tor vor und gibt sich erstaunt darüber, dass es in Baku überhaupt ein U-Bahnsystem gibt. München sei da natürlich Weltstadt, mit ca. 1.5 Millionen Einwohnern. Doch der Angriff scheitert noch vor dem Strafraum. Baku kann mit knapp 2.3 Millionen Einwohnern aufwarten.
München lässt sich davon nicht beirren und macht weiter Druck. Listig wird angemerkt, dass es umso mehr erstaunlich sei, dass der ÖV in München massiv besser ausgebaut ist.
Und da ist das erste Tor für München!
Ein U-Bahnsystem, das in einem Streckennetz von knapp 100 km Länge mit teils bis zu 80 km/h unterwegs ist und 2019 430 Millionen Passagiere befördert hat.
Baku ist beeindruckt, spielt aber sofort wieder an und wehrt sich nach Kräften. 2018 seien 230 Millionen Passagiere befördert worden. München gibt sich grosszügig, es ist auch eine ordentliche Zahl.
Baku ist jetzt in der Defensive und München zieht die Schraube an. Neben einer Vielzahl an Bussen, die das Stadtgebiet bediene, könnten sich die Bürgerinnen und Bürger seit 1876 auf ein qualitativ hochwertiges Tramnetz verlassen. Baku gibt nicht auf. Auch wenn das Tramnetz seit 2014 eingestellt sei, zwischen 2019 bis 2023 laufe ein Projekt zur Förderung des ÖV. Die Stadt urbanisiere sich stark, und die ursprünglich sieben Linien mit ca. 70 Streckenkilometern sollen nach 2023 wiederbelebt und ausgebaut werden.
Und dann, aus dem Nichts – erzielt Baku seinen ersten Treffer. Ähnlich wie in Moskau, seien die U-Bahnstationen in Baku teilweise sehr kunstvoll gearbeitet, fast wie kleine Museen. Dem hat München tatsächlich nichts entgegen zu setzen, die Partie endet unentschieden.
Am Schluss geben sich beide Städte versöhnlich. Sie hoffen, dass die Fussballfans mit dem ÖV zu den Spielen fahren würden, und dass es vielleicht trotzdem noch das eine oder andere Public Viewing zu sehen gäbe. Das Zusammensein beim Fussball sei doch immer noch das Schönste.