Über Stock und Stein

Die VBZ-Linien sind Zürichs Lebensadern. Schnurgerade oder mit Ecken und Kurven verlaufen sie kreuz und quer durch die ganze Stadt. Dabei hat jede dieser Linien ihren Charakter, der geprägt ist von den Fahrgästen und der Strecke. In einer losen Serie gehen wir ihren Persönlichkeiten auf den Grund. Diesmal: Die Tramlinie 5.

Sie hält an den beliebtesten Plätzen der Stadt und führt über den Zürichsee: Die Rede ist von der Tramlinie 5. Bei ihr ist die Nummer Programm. Denn sie verbindet insgesamt fünf Stadtkreise. Doch was den 5er noch mehr auszeichnet, ist seine Route entlang der schönsten Wiesen, Felder und Pärke, die Zürich zu bieten hat. Die Linie 5 führt quer durchs Stadtzentrum und begibt sich in grosse Höhen. Bis ganz nach oben auf den Zürichberg wagt sie sich jedoch nicht. Kein Wunder, ist ja auch die grosse Schwester, das «Sächsi», offiziell die Tramlinie, die bis zum Zoo fährt.

Nur gelegentlich – an Sonntagen, um genau zu sein – bedient auch die Linie 5 die Haltestelle Zoo. In dieser Hinsicht steht sie also stets im Schatten ihrer Geschwisterlinie. Dennoch teilen sich beide insgesamt acht Haltestellen ihrer täglichen Tour. Und es gibt noch mehr, was sie verbindet: die Liebe zur Natur. Während sich die Linie 6 auf ihrem Weg durch den Grossstadt-Dschungel schlängelt, führt die Linie 5 an fast jeder ihrer insgesamt 20 Haltestellen ins Grüne.

Grün auf den zweiten Blick

Zugegeben, die Autorin hat das «Foifi» zu früh über den grünen Klee gelobt. Denn bei der Haltestelle Laubegg, dem Start der Linie, ist vom Grün noch wenig zu sehen. Aber wenigstens liegt direkt dahinter der Brunaupark. Nur er, respektive dessen Attribut im Namen, lässt auf den weiteren Verlauf der Linie 5 schliessen.

Direkt hinter der Saalsporthalle, der nächsten Haltestelle entlang der Route, beginnt die Allmend – eine grosse Grünfläche, welche bis zum Waldrand reicht. Auf dem Weg, der sich quer durch die gesamte Wiese windet, tummeln sich Familien, Spaziergänger mit Hunden, Jogger und manchmal auch Modellflieger mit ihren Fluggeräten.

Dass die Linie 5 den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht, kann man ihr jedoch nicht vorwerfen. Denn trotz ihrer grünen Ader ist sie auch mondän, führt ihre Fahrgäste zum riesigen Einkaufskomplex Sihlcity. Doch es liegt einfach in ihrer Natur: Selbst hier – auf dem Utoplatz direkt bei der Haltestelle Sihlcity Nord – zieren grüne Flecken die Betonwüste. Der kleine Platz ist übersät von Sitzbänken, in deren Mitte Gras und Bäume gepflanzt wurden.

Fährt man weiter in die Stadt hinein, steht man vor einer grossen, öffentlichen Parkanlage – der Klopstockwiese. Die Grünanlage wird als Quartierpark genutzt und erfreut sich bei den Besuchern grosser Beliebtheit. Besonders im Sommer herrscht hier reger Betrieb. Sitzbänke laden zum Verweilen ein und alte Bäume sorgen für angenehme Schattenplätze.

Vorbei an dem Gebäude des Bahnhofs Enge mit seinen grünen Fensterläden, macht die Linie 5 auch an den Haltestellen Rentenwiese und Rentenanstalt halt. Der 5er beweist somit einmal mehr, dass er nicht mehr grün hinter den Ohren ist, sich in der Grossstadt bestens auskennt. Denn die Rentenwiese, von Zürcherinnen und Zürcher oft liebevoll «Renti» genannt, gilt vor allem bei Jugendlichen als einer der beliebtesten Orte in Zürich. Die Oase mitten in der Innenstadt, die offiziell Arboretum (von lat. arbor, Baum) heisst, bietet neben grossen Liegeflächen auch Seeanschluss. Sie gilt heute als historisches Gartendenkmal. In der Parkanlage befindet sich zudem ein Kompetenzzentrum für einheimische und exotische Vögel.

Das Blatt scheint sich abermals zu wenden. Denn die Linie 5 wagt sich für kurze Zeit aus ihrer Komfortzone und fährt ins Zentrum der Stadt. Doch auch an der ersten Haltestelle, der Stadthausanlage, gibt es zahlreiche Bäume von zehn verschiedenen Baumsorten, die Besucherinnen und Besuchern selbst bei Hitze oder leichtem Regen ein ideales Blätterdach bieten.

Jeweils am Dienstag- und Freitagmorgen findet zudem ein Markt statt, an dem man neben einer grossen Auswahl an Gemüse und exotischen Früchten auch bunte Schnittblumen und Topfpflanzen findet. Direkt hinter der nächsten Station, dem Bürkliplatz, breitet sich der Zürichsee aus.

Von der Oase in die pulsierende Innenstadt

Eine schöne Sicht auf den See hat man auch an der nächsten Station, dem Bellevue. Von hier aus sind es nur wenige Meter bis zum grössten Gewässer in Zürich. Hier scheint das  Geschäft zu florieren. Die Trams der sieben vorbeiführenden Linien fahren beinahe im Minutentakt in die Haltestelle ein. Ergänzt werden sie von zwei regionalen Buslinien und mehreren tausend privaten Fahrzeugen pro Tag. Während des Semesters zwängen sich zusätzlich viele Studierende in das 9er- oder 5er-Tram Richtung Universität.

Das geschäftige Treiben in der Innenstadt ist nichts für die besonnene Linie 5. So setzt sie ihren Weg lieber etwas ausserhalb fort, verschwindet auf dem dicht besiedelten Zürichberg. Dabei führt der 5er vorbei an sattgrünen Wiesen sowie üppig begrünten Gärten und Balkonen. Unweit der Haltestelle «Platte» liegt eine grosszügig angelegte Grünfläche – der Park des Universitätsspitals. Hier laden Sitzbänke und grosse, offene Rasenflächen zum Verweilen oder Beobachten der eifrigen Ärztinnen und Ärzte ein.

Oben angekommen befindet sich die Endhaltestelle «Kirche Fluntern». Die Kirche selbst liegt einige Gehminuten von der Haltestelle entfernt. Vor dem Gebäude gibt es Bäume und Sitzbänke auf einem Kiesplatz. Der schön gestaltete Platz gipfelt in der Aussicht über die Stadt und den See. Ein idealer Ort, um dem Lärm zu entfliehen und die Ruhe zu geniessen. So verwundert es kaum, dass das «Foifi» hier jeweils eine Weile in der Wendeschlaufe verweilt, bevor es wieder bergab in Richtung Stadt geht.

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