«Min» Stauffacher

Am Stauffacher wird gebaut – es gibt neue Gleise, Strassenbeläge und auch grössere Traminseln und Warteschutzdächer und sogar eine Haltestelle wird verschoben. Wir, das vbzonline.ch-Redaktionsteam, nehmen die Veränderung zum Anlass und schwelgen in Erinnerungen an den guten, alten Stauffacher.

«Kennt ihr das, wenn sich die Stadtteile plötzlich verbinden?»

«Einer meiner Lieblingsspots beim Staufzgi ist der skandinavische Schuhladen Nord.» (Elina Fleischmann)

Eine Freundin von mir hat schon in Zürich gewohnt, als ich noch in Lachen am oberen Zürisee daheim war. Wir wollten uns zum Apéro treffen, und weil da ihre grosse Stadt sehr viel mehr bot als mein Dorf, habe ich sie besucht. Sie meinte per SMS: «Machemer doch gad am Stauffacher – tschüss bis dänn». Ich kannte den Hauptbahnhof, die Bahnhofstrasse, den Bürkli- und Paradeplatz, das Niederdorf (vor allem wegen Fizzen, der war damals ganz neu und total angesagt) und vielleicht grad noch den Helvetiaplatz. Aber den Stauffacher, den kannte ich nicht. Ihn zu finden war nicht schwer, wir liefen also die Bäckerstrasse hinauf zum Helvetiaplatz und mir tat sich ein neues Stück Zürich auf. Kennt ihr das, wenn sich die Stadtteile plötzlich verbinden? Denn den Helvetiaplatz kannte ich, waren wir doch mal an einem Fake-The-Doors-Konzert  (ja, auch das macht man, wenn man vom Land kommt, da war ich kaum 16) im Volkshaus oder etwas später dann an den Parties in der Kanzlei.

Jetzt, 14 Jahre später, kenne ich den Staufzgi, wohne ich doch seit neun Jahren in dieser mir heimischen Stadt. Also hier meine Lieblingsspots, mehr oder weniger beim Staufzgi:

  • Mein Lieblingsschuhladen Nord (der hat die schönsten Schuhe aus Skandinavien. Und ja, auch die Taschen, die Schaals und überhaupt alles da drin ist schön!)
  • Mein Lieblings-Japaner: IKOO Ramen (Ich liebe die Suppe Tantanmen, egal ob Vegi oder mit Hackfleisch, aber auch der Tofu mit Fischflocken ist unschlagbar)
  • Für die aus meiner Sicht allerbeste Züri-Pizza besuche ich die Bar Basso (auch guten Wein kriegt man da und Drinks können die gut, die können eigentlich fast alles gut.)

Von Elina Fleischmann, Unternehmenskommunikation

«Morgen werde ich wieder am Stauffacher umsteigen.»

«Wer hier täglich umsteigt, kann den Bau-Fortschritt beobachten.» (Silvia Behofsits)

«Weisst du noch, da habe ich doch das mit dem Portemonnaie …», sagt die reizende ältere Dame zu einer anderen reizenden älteren Dame, die ihr gegenüber und neben mir im Viererabteil am Fenster gegen die Fahrtrichtung sitzt. Ich bin soeben vom 2er in den 14er umgestiegen, wie jeden Abend am Stauffacher auf dem Heimweg Richtung Hauptbahnhof. «Ja, ich weiss, du hast doch dort das Portmonnaie …», sagt die zweite, als wir losfahren. Und nach einer kurzen Pause sinniert sie weiter: «Gibt es das Restaurant wohl noch?» Die erste schaut durch ihre modische Sonnenbrille mit blauer Fassung zum Fenster raus und versucht durch die Condecta-Gitter und Baustellen-Absperrungen hindurch einen Blick auf die Seitenstrasse zu erhaschen. «Ja, es hat Leute draussen, aber es ist nicht mehr das gleiche», meint die zweite. Wir fahren weiter, am Restaurant Clipper vorbei. Ich denke an meine Schwester und meinen Neffen, die ich gleich auf der Durchreise am HB treffen werde, und für die ich beim Sprüngli noch etwas Wegzehrung besorgen will. «Das hat früher auch anders geheissen», sagt die erste, die mit der blauen Sonnenbrille. «Ich muss nur eine Schraube reindrehen lassen», meint sie weiter. Als die zweite nicht antwortet, redet sie weiter: «Du, ich gehe am Morgen, dann ist vielleicht Frau Eberhard dort, am Nachmittag hat es immer viel zu viele Leute.» «Bahnhofplatz, Hauptbahnhof» tönt es aus dem Lautsprecher. Bevor das Tram anhält, machen die beiden Damen Anstalten, aufzustehen. Die Leute drängen zum Ausgang. «Ich muss auch hier raus und spure für Sie vor», beruhige ich sie. «Das kostet aber nichts, oder?» fragt die zweite und lacht. Ich warte an der Türe, bis beide ausgestiegen sind. Sie verschwinden in der Menge. Ich kaufe den Proviant und eile zum Gleis 16. Wir haben genau fünfzehn Minuten, bis der Zug Richtung Chur auf Gleis 13 abfährt. Zia Elsa hatte uns als Kinder jeweils Biberli und Orangensaft gebracht, wenn wir hier umgestiegen sind auf dem Weg zu den Grosseltern ins Engadin. «Weisst du noch, Zia Elsa …», sagen meine Schwester und ich beinahe gleichzeitig. Zia Elsa wurde fast hundert Jahre alt. Wir verabschieden uns. Morgen werde ich wieder am Stauffacher umsteigen.

Von Silvia Behofsits, Leiterin Unternehmenskommunikation

Die fünf Rhythmen des Stauffachers

Der schöne Eichenboden und der grosse weite Raum eignen sich hervorragend zum Tanzen.

Blüten, so pink wie die Pompons einer Cheerleaderin. Ungekünstelte Wortwechsel mit jenen, die dort auf dem Bänkli sitzen, am Rande des Platzes. Umsteiger, die schirmwedelnd aufs Tram hasten. Am Stauffacher findet tagein, tagaus ein Tanz verschiedenster Rhythmen statt.

Fünf dieser Rhythmen auf einen Streich (ja sorry, es sind keine sieben, aber ich bin ja auch kein Schneiderlein) durfte ich im Gewölbe der den Platz dominierenden Kirche kennenlernen. Im sonntäglichen «Dancing the Waves» wird die Metapher nämlich zur Praxis. Dort tanzen die Menschen «achtsam und bewusst» besagte Rhythmen – Flowing, Staccato, Chaos, Lyrical und Stillness, um sie mal zu nennen –, «eeeeinatmen, auuuusatmen». Das klingt jetzt vielleicht unterschwellig spöttisch, ist aber nicht so gemeint. Naja. Vielleicht ein ganz kleines Bisschen. Ich bin da etwas hin und her gerissen – eine Tanztherapeutin würde das jetzt sicher eingehender betrachten wollen. So oder so kann man am Stauffacher aber echt einfach mal tanzen wie es einem beliebt, man wird nicht von oben bis unten gemustert und das Ausgeh-Gwändli kann man auch daheim lassen. Und es hat auch diesen meditativen Aspekt, so man sich darauf einlassen möchte.

Die Tänzerinnen und Tänzer winden sich auch schon mal am Boden (wie gesagt, alles ist erlaubt), manchmal auch wie ein undurchschaubares Gewirr über- und untereinander. «Gruppenkuschel-Alarm!» schoss es mir beim ersten Besuch durch den Kopf, und ich fühlte mich eigentümlich berührt. Das Gute daran ist: Wenn das, was man sieht, Ambivalenzen auslöst, kann man kann jederzeit die Augen zumachen…

Letztlich ist der Tanz im «Offenen St. Jakob» ein Abwägen zwischen Annäherung und Rückzug, zwischen unvoreingenommener Lebensbejahung und Respekt vor den eigenen Grenzen (klingt ein bisschen eso? Sorry, damit müssen Sie nun wirklich klarkommen, wenn Sie auch mal vorbeischauen möchten). Genauer betrachtet läuft es bei den fünf Rhythmen des Stauffachers also genau so wie draussen, an dieser und anderen Haltestellen des Lebens.

Von Natascha Klinger, Unternehmenskommunikation

Clever umschifft!

«So musste ich mir also, nach reiflichem Überlegen, eingestehen, dass ich keinerlei persönlichen Bezug zum Stauffacher habe.» (Bastian Bernhard)

«Min Stauffacher» soll es also sein. Einer DER Knotenpunkte in Zürich. Ich, als gebürtiger Zürcher, dachte mir: «Stauffacher? Ha, da finde ich bestimmt eine lässige Erinnerung dazu.»
Also habe ich den alten Biocomputer angeworfen, und mit interner «ctrl+f»-Suchfunktion meine Erinnerungen durchforstet. Das Ergebnis? Ernüchternde Leere. Na gut, Leere ist vielleicht etwas übertrieben, schliesslich ist am Stauffacher das Kino Metropol, da war ich auch schon mal. Auch habe ich hin und wieder im «Tschingg» etwas gegessen. Aber irgendwelche persönlichen Begebenheiten? Ereignisse, die sich in mein Gedächtnis eingebrannt haben? Fehlanzeige. Woher auch, der Stauffacher bietet mir doch nichts, was ich nicht auch an anderen, schöneren Stellen in Zürich finde?

Ehrlich gesagt glaube ich, dass ich kein einziges Mal explizit zum Stauffacher gefahren bin. Selbst fürs Kino Metropol fahre ich lieber zum nahen Selnau, ist einfach unkomplizierter für mich (ich müsste sonst umsteigen, und ich hasse umsteigen). Auch von meinem Freundeskreis habe ich ein «Komm, treffen wir uns beim Stauffacher!» noch nie gehört.

So musste ich mir also, nach reiflichem Überlegen, eingestehen, dass ich keinerlei persönlichen Bezug zum Stauffacher habe. Ich kann also beim besten Willen nicht von «min Stauffacher» reden und proklamiere deshalb: #nödminstauffacher.

Von Bastian Bernhard, Unternehmenskommunikation

Demo, Date & Stauffacher

«Sorry! Steh hier mitten in der Demo und schaff es nicht zu Dir auf die andere Seite»

Mit dem Stauffacher verbinde ich eine sehr lustige, private Erinnerung. Und zwar hatte ich an einer Bond-Premiere eine wunderschöne Frau kennengelernt und mich eine Woche darauf mit ihr verabredet. Treffpunkt war der Stauffacher. Als ich pünktlich ankam und mein Date auf der anderen Strassenseite erblickte, setzte sich ein lauter Demonstrationszug in Bewegung und ich hatte minutenlang keine Chance, auf die andere Seite zu gelangen. Durch Hüpfen versuchte ich, auf mich aufmerksam zu machen, doch hinter den Fahnen und Menschen sah mein Date mich nicht. Mittlerweile waren über fünf Minuten vergangen und man will ja nicht zu spät zum ersten Date kommen. Also zückte ich mein Handy und rief auf der anderen Strassenseite an. Ohne Erfolg. Ich beobachtete sie, wie sie immer wieder auf ihre Uhr schaute und versuchte, mich zu entdecken. Als die Demo dann auch noch stehen blieb, fasste ich mir ein Herz und quetschte mich durch die Parolen schreienden Menschen. Auf einmal stand ich mitten drin in der Demo und direkt hinter einem Wagen mit sehr lauter Musik aus klirrenden Lautsprechern. Da merkte ich, dass mein Handy in der Hose vibrierte. Dran war das wartende Date und ich schrie nur: «Sorry! Steh hier mitten in der Demo und schaff es nicht zu Dir auf die andere Seite». Was sie antwortete, war nicht zu verstehen. Also nahm ich nochmals Anlauf und kämpfte mich weiter vor. Als es fast geschafft war, verschüttete ein Demonstrant sein Bier und traf mich damit am ganzen Körper. Von dieser ungewollten Erfrischung abgelenkt, kam ich ins Stolpern und fiel verschwitzt, geschafft und nach Bier stinkend aus der Menge aufs steinige Trottoir. Als ich aufstehen wollte, merkte ich, dass ich genau vor die Beine meines Dates gefallen war. Lachend sagte ich nur, dass ich noch nie einer Frau beim ersten Date so zu Füssen gelegen sei. Damit war das Eis gebrochen und das folgende Date ein voller Erfolg. Danke Stauffacher!

Von Daniel Soldenhoff, Gastautor

Und was verbindet ihr mit dem Stauffacher?

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