Kapazitätsausbau in der Lengg

Wenn Stadtrat Michael Baumer, Vorsteher der Industriellen Betriebe der Stadt Zürich, den Medien den aktuellen Stand seiner Legislaturziele präsentiert, sind die VBZ stets ein zentrales Thema. Im Zentrum dieses Jahr: das Tramnetz Süd.

Es ist wohl eine der grössten Umstellungen im VBZ-Netz, die mit dem «Tramnetz Süd» ansteht: Ab Fahrplanwechsel Anfang 2026 finden bei den folgenden sieben Linien der VBZ teilweise grössere Umstellungen statt:

LinienNeue StreckeWas ändert sich
2 Schlieren, Geissweid via Bellevue nach Klusplatz  Fährt ab Bellevue die Route der heutigen Linie 8
4Bahnhof Altstetten Nord via Bellevue nach Rehalp  Fährt ab Stadelhofen über Forchstrasse die Route der heutigen
Linie 11 nach Rehalp
5Hauptverkehrszeit: Albisgütli – Paradeplatz –
Bellevue – Bhf. Stadelhofen – Rehalp Nebenverkehrszeit: Laubegg – Bhf. Stadelhofen Randverkehrszeit und Sonntag: kein Betrieb
Fährt zur Hauptverkehrszeit eine längere Strecke und ergänzt die Linie 4 auf der Forchstrasse nach Rehalp
8Hardturm via Bhf. Enge nach Kirche Fluntern Sonntags: Weiter bis Zoo  Ersetzt ab Bahnhof Enge die
Strecke der bisherigen Linie 5.
11Auzelg via Bellevue nach Bhf. TiefenbrunnenErsetzt ab Bellevue die bisherigen Linien 2 und 4
15Bucheggplatz via Bellevue nach Bhf. TiefenbrunnenErsetzt ab Bellevue die bisherigen Linien 2 und 4
17Hauptverkehrszeit: Werdhölzli via Bahnhofquai und Paradeplatz – Bhf. Selnau – Stauffacher nach Bhf. Wiedikon
Übrige Zeit: Werdhölzli bis Bahnhofplatz
 

Auslöser dafür ist die Entwicklung in der Lengg. Die Gegend verfügt inzwischen über die grösste Ansammlung von Institutionen des Gesundheitswesens und der medizinischen Forschung in der Schweiz. Etwa 9000 Mitarbeitende betreuen hier täglich rund 50’000 Patientinnen und Patienten. Mit dem Bezug des neuen Kinderspitals (Kispi) 2024 werden diese Zahlen noch steigen. Alle grossen Kliniken dort hegen Ausbaupläne. Das erfordert neue Ansätze in der Mobilität – insbesondere in Bezug auf Umwelt- und Raumverträglichkeit. Die Zielsetzung der kantonalen Verkehrs- und Standortentwicklungsplanung, abgestimmt mit dem ZVV, ist es gerade auch deshalb, dass die Aufnahme des erwarteten Mehrverkehrs aufgrund der Spitalaus- bzw. Neubauten mehrheitlich über den öV erfolgen soll.

Das «Tramnetz Süd» bringt deutliche Verbesserungen

Zwei wesentliche Zielsetzungen waren der Planung zugrunde gelegt: Erstens soll die nötige Beförderungskapazität auf der Forchstrasse durch eine zweite Tramlinie sichergestellt werden. Und, zweitens: Falls das zu einer Liniennetzänderung führt, muss der Erhalt der objektiv wichtigen Direktverbindungen aus den Quartieren sichergestellt werden. Eine Knacknuss, die Johannes Eckert, Angebotsmanager bei den VBZ, und seinem Team einiges Kopfzerbrechen bereitet hat. Schliesslich ist es ihnen aber gelungen, eine Lösung zu finden, aus der unter dem Strich deutlich mehr Vor- als Nachteile entstehen – 20 der heute bestehenden Beziehungen werden besser, während 10 schlechter werden. Die wesentlichen Vorteile sind:

  • Kapazitätsausbau ist sichergestellt: Mit den Linien 4 und 5 (beide Flexity-tauglich) und der Systematisierung des Forchbahnangebots kann der benötigte Kapazitätsausbau zwischen Bahnhof Stadelhofen und Balgrist sichergestellt werden.
  • Attraktive Direktverbindungen: Die „Superlinie 5“ ermöglicht neue attraktive Direktverbindungen vom Uetlihof und Balgrist jeweils zu den Bahnhöfen am linken und rechten Seeufer.
  • Direktverbindungen bleiben erhalten: Bestehende wichtige Direktverbindungen aus den Teil-Quartieren zum Hauptbahnhof und die Innenstadt bleiben (fast) überall erhalten.
  • Fahrtenverteilung wird verbessert: Die Fahrtenverteilung im Gesamtnetz (Reissverschlüsse) wird markant verbessert und führt so zu einer gleichmässigeren Auslastung zu Stosszeiten sowie zu einem Komfortgewinn zu allen Tageszeiten. Heisst: Auf fast allen Abschnitten mit mehr als einer Tramlinie können deutliche Verbesserungen erzielt werden.

Der eigentliche Clou an der ganzen Umstellung ist, dass es den VBZ erstmals überhaupt gelungen ist, in der Hauptverkehrszeit eine umsteigefreie Verbindung vom Bahnhof Enge bis zum Balgrist und umgekehrt vom Bahnhof Stadelhofen bis zum Uetlihof zu etablieren. Johannes Eckert sagt dazu: «Diese beiden sehr intensiven Arbeitsplatzgebiete sind jeweils nicht nur an den ersten «auf dem Weg liegenden» Bahnhof angebunden, sondern – je nach Richtung gesehen – eben auch noch an den Bahnhof Stadelhofen bzw. den Bahnhof Enge. Damit könne man diese beiden Arbeitsplatzgebiete mit nur einmal Umsteigen mit praktisch jeder S-Bahn-Linie im ZVV erreichen.

VBZ-Direktor Marco Lüthi nahm in seinem Teil der Präsentation eine Frage auf, die mit Sicherheit ohnehin gestellt worden wäre: Wie die VBZ den Ausbau trotz der aktuellen Situation bewerkstelligen wollen? Entsprechende Massnahmen hätten die VBZ bereits seit einiger Zeit initiiert, sagte er. «Vor einem Jahr beispielsweise haben wir das Marketing mit Fokus Fahrdienst für die Personalsuche intensiviert und seither ein Drittel mehr Bewerber. Wir sind neben dem geplanten Simulationszentrum daran, die Kapazität bei der Ausbildung bereits jetzt zu erhöhen, besonders im Trambereich. Deshalb sind wir zuversichtlich, dass wir die Personallücken bald wieder schliessen können.»

Das Tramnetz Süd stand zwar im Mittelpunkt des Interesses, war aber nicht das einzige Thema im Rahmen der Jahresmedienkonferenz von Stadtrat Michael Baumer. Im Teil, der die VBZ betraf, waren das noch: die Umsetzung der VBZ-Unternehmensstrategie 2023-2026, das Tram Affoltern, die Erneuerung bei Fahrzeugen und Depotanlagen, die Umsetzung der e-Mobilität, der Kostendruck, die VBZ als Arbeitgeber sowie die Aussicht auf die Rückkehr zum Normalfahrplan per Dezember 2024. Die Netzentwicklungsstrategie 2040 ihrerseits wird dann anfangs 2024 separat vorgestellt.

«Massnahmen brauchen Zeit, bis sie ihre Wirkung entfalten»

Michael Baumer, Vorsteher Departement der Industriellen Betriebe

Fünf Fragen an Stadtrat Michael Baumer

Als Vorsteher des Departements der Industriellen Betriebe ist Stadtrat Michael Baumer auch Chef der VBZ. Zu sehen, mit wieviel Herzblut die Mitarbeitenden der VBZ ihrer Arbeit nachgehen, macht ihn stolz. Gleichzeitig schmerzt es ihn, wenn das ÖV-Angebot in der Stadt Zürich bis auf weiteres nicht im gewohnten Takt und Umfang angeboten werden kann.

Michael Baumer, wie zufrieden sind Sie rückblickend mit den VBZ im Jahr 2023?

Die VBZ haben im vergangenen Jahr wichtige Projekte vorangebracht, um den ÖV gut für die Zukunft aufzustellen. Allen voran die Arbeiten an der Netzentwicklungsstrategie zum zukünftigen ÖV-Ringsystem in der Stadt Zürich. Wir sind mit dem Tram Affoltern auf Kurs und der Kanton hat im Sommer grünes Licht gegeben für die Planung der Tramtangente Nord. Auch bei der Erneuerung unserer Infrastrukturen wie der Garage Hardau und dem sanierten Depot Oerlikon oder der Elektrifizierung der Busflotte ging es vorwärts.

Ich sehe tagtäglich, mit wie viel Herzblut die Mitarbeitenden der VBZ ihrer Arbeit nachgehen, und das macht mich stolz.

Ein grosser Wermutstropfen ist natürlich, dass die VBZ aufgrund der immer noch angespannten Personalsituation weiterhin Anpassungen beim Fahrplan machen musste. Hier hoffe ich, dass rasch eine Verbesserung für unsere Passagiere, aber auch für unsere Mitarbeitenden spürbar wird.

Wo wünschen Sie sich noch Verbesserungen?

Ich wünsche mir natürlich, dass sich die Situation beim Fahrdienstpersonal aufgrund krankheitsbedingter Ausfälle und Arbeitskräftemangel bald stabilisiert. Es schmerzt, wenn wir unser ÖV-Angebot in der Stadt Zürich nicht im gewohnten Takt und Umfang anbieten können. Ich bin zuversichtlich, dass Ein der Strauss an Massnahmen im Bereich Rekrutierung und Verbesserungen bei den Arbeitsbedingungen hilft, die Situation zu verbessern. All diese Massnahmen brauchen aber etwas Zeit, bis sie ihre Wirkung entfalten.

Wo sehen Sie für die Kundinnen und Kunden beim Tramnetz Süd die grössten Herausforderungen?

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, in der Regel schätzt er Kontinuität. Bei Tram und Bus ist das möglicherweise sogar noch ausgeprägter. Auch für mich ist es eine Kindheitserinnerung mit dem «5i» zum Zoo zu fahren. Ab 2026 fährt die Linie 5 zur Hauptverkehrszeit neu vom Albisgüetli bis Rehalp. Das und die anderen Änderungen werden die VBZ im Vorfeld der Umstellung ihren Kundinnen und Kunden gut kommunizieren müssen. Aber gerade das Beispiel der Linie 5 zeigt die Vorteile der Umstellung: Wir ermöglichen erstmals überhaupt attraktive Direktverbindungen vom Uetlihof und dem Spitalcluster zu den Bahnhöfen am linken und rechten Seeufer und damit eine direkte Anbindung ans S-Bahn-Netz. Sich daran zu gewöhnen, wird sehr vielen Nutzerinnen und Nutzer des Zürcher öV schnell leichtfallen, da bin ich mir sicher.

Der jüngst veröffentlichte Städtevergleich in Sachen Mobilität der sechs grössten Schweizer Städte zeigt: Zürich liegt beim Anteil des öV erneut deutlich an der Spitze. Was tun Sie, damit das so bleibt?

Für mich ist klar: damit wir noch mehr Menschen zur Nutzung des ÖV bewegen können, muss er attraktiv und leistungsfähig sein, das bedeutet Pünktlichkeit, kurze Reisezeiten und genügend Kapazität. Nur so kann er den Bedürfnissen der wachsenden Metropole Zürich gerecht werden. Deshalb treibe ich mit den VBZ die nachhaltige Transformation der ÖV-Infrastruktur voran, um eine kundenfreundliche und ökologische Mobilität der Zukunft zu ermöglichen.

Wie wir wissen, ist der öffentliche Raum ein knappes Gut, und verschiedene Interessen und Bedürfnisse müssen berücksichtigt werden. Ich setze mich mit aller Kraft dafür ein, dass in diesem Kontext der ÖV nicht benachteiligt wird – wir brauchen beispielsweise mehr Eigentrasses, damit wir nicht im Stau stehen, gerade auch weil die Einführung von Tempo 30 die Fahrzeiten verlängert.

Mehr zum Thema

Medienmitteilung vom 5. Dezember 2023
Website zum Tramnetz Süd

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