Innovationen verwandeln Herausforderungen in Chancen

Veränderte Kundenbedürfnisse und die Entwicklung neuer Innovationen hängen bei den VBZ eng zusammen. Wie aber innovative Ideen zu erfolgreichen Lösungen werden, welche Kompetenzen dazu notwendig sind und ob es unterschiedliche Perspektiven braucht - darüber haben wir mit Esther Federspiel, Innovationsexpertin am IDEE Institut für Innovation, Design und Engineering an der Fachhochschule OST gesprochen.

Frau Federspiel, wir alle sprechen im Alltag von Innovationen. Aber was ist eine echte Innovation?

Im Alltag werden mit Innovationen oft technische Entwicklungen gemeint. Eine Innovation kann man aber eigentlich erst dann dann als solche bezeichnen, wenn sie sich erfolgreich auf dem Markt behauptet.

Ursprünglich haben Sie Psychologie studiert, seit einigen Jahren befassen Sie sich unter anderem mit Innovationsmanagement und -kultur. Wie kam es dazu?

Ich war zehn Jahre auf Forschungs- und Praxisseite im Marketingbereich tätig. Dort haben mich vor allem Fragen rund um die Digitalisierung und Co-Creation beschäftigt. Wie können z.B. Kundinnen und Kunden in das Marketing, die Forschung oder in andere Wertschöpfungsbereiche des Unternehmens integriert werden? Wie können Mitarbeitende in Digitalisierungsprozesse integriert und motiviert werden? Von der Digitalisierung und Co-Creation war es dann nicht mehr weit bis zu Themen der Innovation.

Gute Ideen gibt es viele, aber wie werden daraus auch innovative Produkte?

Eine Idee allein ist noch nichts wert. Die erfolgreiche Behauptung auf dem Markt ist der springende Punkt. Entscheidend ist deshalb, möglichst schnell und kostengünstig den wichtigsten Kundennutzen beziehungsweise die zentralen Eigenschaften und Funktionen zu identifizieren, in einem ersten Produkt oder einer Dienstleistung umzusetzen und diese auf dem Markt zu testen. Nur so kann sich eine Idee in der Realität beweisen.

Innovationen sind eng an technisches Know-how geknüpft. Müssten nicht auch viel mehr soziale oder umweltbezogene Aspekte einfliessen?

Oft sind Innovationen intelligente Neukombinationen mit klarem Nutzenversprechen, die auf bestehenden Technologien aufbauen. Innovationen, die nur einseitig auf technologischem Know-how basieren, scheitern denn auch nicht selten. Denken Sie beispielsweise an die Google Glasses, als technologisch beeindruckendes Produkt, das komplett am Markt vorbei entwickelt wurde.

Ökologie und Soziales sind nicht nur für unsere Zukunft relevant, sondern liegen auch bei den Konsumentinnen und Konsumenten im Trend. Die ganze Sharing-Econonmy-Bewegung beispielsweise greift nicht nur soziale Aspekte auf, sondern auch ökologische, indem nicht mehr der Besitz, sondern der Zugang relevant wird. Das produziert auch langfristig weniger Abfall.

Wer an solchen Bedürfnissen vorbeientwickelt läuft langfristig – wie beim Gesundheitstrend – Gefahr, sehr schnell wieder vom Markt zu verschwinden. Einerseits durch die Konsumstimmung und andererseits durch politische Entwicklungen wie zum Beispiel das CO2-Gesetz.

Gibt es noch die Innovation aus dem stillen Kämmerlein – und was macht heute Innovationsteams erfolgreich?

Die Vorstellung der Innovation als genialer Einfall, geboren aus der Isolation eines Ausnahmetalents, ist in den meisten Fällen eher das Produkt einer romantisierten Vorstellung des einsamen Genies, das auf einem überholten Verständnis von Kreativität fusst. Aus der zeitlichen Distanz betrachtet, denken wir vielleicht, dass Persönlichkeiten wie Albert Einstein, Thomas Edison oder Steve Jobs alles aus den Tiefen der eigenen Vorstellungskraft schufen. Bei genauerer Betrachtung sehen wir, dass sich ihre Ideen meist aus dem Austausch mit ihrem fördernden und fordernden Umfeld entwickelten.

Innovationsfähigkeit ist in den meisten Fällen der Leistung eines Teams zu verdanken, dessen Mitglieder über verschiedene Kompetenzen verfügen. Dazu ist es wichtig, eine Idee mit einem Minimal Viable Product (MVP) möglichst schnell bei einer potenziellen Kundengruppe zu testen und in einem iterativen Prozess immer wieder dazu zu lernen. Im Austausch mit meinem Team, Kundinnen und Kunden sowie möglichen Partnern kann ich meine Ideenfragmente viel schneller auf Schwachstellen testen und wichtige Fragen erkennen als alleine im stillen Kämmerlein. Mitglieder erfolgreicher Innovationsteams verstehen die Stärken und Schwächen des Teams, sind kollaborativ, neugierig, kreativ, willensstark, anpassungsfähig und empathisch.

Jeder Gedanke ist potentiell wertvoll und wichtig.

Die Bedürfnisse in Mobilität und öffentlichem Verkehr ändern sich so schnell wie die gesamte Gesellschaft. Welche Innovationen braucht es aus Ihrer Sicht und warum?

Eine schwierige Frage. Ich bin keine Mobilitätsspezialistin. Ich würde hier vor allem bei den Kundinnen und Kunden ansetzen. Was sind die Bedürfnisse, und wie kann ich Ihnen mit ganzheitlichen Mobilitätslösungen begegnen. Vor dem Hintergrund der aktuellen Erlebnisse müssen wir uns vielleicht auch danach fragen, welche Rolle die Mobilität in der Zukunft einnehmen soll. Wo brauchen wir beispielsweise mehr Mobilität und wo weniger? Gerade in einer verdichteten Gesellschaft wie der Schweiz könnte diese Frage in Zukunft wichtiger werden.

Sind Männer innovativer, wie oft wahrgenommen? Und hinter welchen Innovationen stehen Frauen?

Oft gilt die öffentliche Aufmerksamkeit hauptsächlich der technischen Dimension von Innovationen. Da Frauen in technisch geprägten Berufen nach wie vor in der Minderheit sind, wird Innovation als männliches Berufsfeld angesehen. Mythen wie jene der sechs Gründerväter des Silicon Valley nähren diese Vorstellung noch.

Den wenigsten ist bekannt, dass viele bahnbrechende Entwicklungen auf Frauen zurückzuführen sind: zum Beispiel die Autoheizung, das Material Kevlar, mit dem Weltraumraketen gebaut werden, oder die kabellose Funkfernsteuerung, die als Grundlage für WLAN, Bluetooth und GPS dient.

Unter welchen Rahmenbedingungen können Männer und Frauen ihre Kompetenzen am besten entfalten, und welche müssen sie mitbringen?

Der wichtigste Aspekt für Zusammenarbeit mit erfolgreichem Output ist das Vertrauen. Dieses wächst auf der Basis von psychologischer Sicherheit. Nur wenn ich mich in meinem Team sicher fühle, werde ich meine Ideen und kritischen Gedanken offen kommunizieren können. Gleichzeitig sind Kommunikations- und Kritikfähigkeit wichtig.

Was müssen Unternehmen tun, damit Frauen ihr Innovationspotential einbringen können?

Jeder Gedanke ist potentiell wertvoll und wichtig. In kollaborativen Innovationsprozessen sind Hierarchien häufig hinderlich. Es braucht eine Unternehmenskultur, die Innovation schätzt, fördert und fordert. Und es braucht ein methodisches Know-how, auf welches die Mitarbeitenden zurückgreifen können.

Wie steht es mit den angewandten Methoden in Innovationsprozessen: Sind diese ähnlich oder gibt es Unterschiede nach Bereichen, wie Technik, Mobilität oder Gesundheit?

Unser Institut für Innovation, Design und Engineering ist ein Methodeninstitut. Wir steuern kollaborative Innovationsprozesse in allen Arten von Branchen. Jeder Kontext verlangt kleine Anpassungen, aber im Grundsatz können ähnliche Methoden branchenübergreifend angewandt werden.

Sie beraten Unternehmen und Organisationen, leiten aber auch den CAS Innovationsmanagement an der OST. Was könnten VBZ-Mitarbeitende in puncto Mobilität bei Ihnen lernen?

Innovationen in Unternehmen zu etablieren ist oft ein anstrengender, langwieriger Prozess. Bei uns lernen sie, wie die Innovationsfähigkeit strategisch verankert und gestärkt werden kann. Sowohl Innovationskultur wie auch die strategische Verortung und Anbindung an rechtliche und finanzwirtschaftliche Überlegungen spielen hierbei eine Rolle.

Und noch zum Schluss: auf welche Innovation möchten Sie niemals verzichten?

Im Familienalltag auf das iPhone beim Kochen und den Thermomix. Eine Innovation, auf die ich ebenfalls nicht verzichten möchte, ist die Seife. Wieder hochaktuell und doch uralt hat sie die Menschheit in Sachen Hygiene einen wesentlichen Schritt vorwärtsgebracht und in Punkto Ökologie ist das kleine Stück Hygiene plastikfrei zudem wieder hoch im Kurs.

Zur Person

Esther Federspiel ist Dozentin und Projektleiterin am IDEE Institut für Innovation, Design & Engineering der OST – Ostschweizer Fachhochschule. In ihrer Lehr-, Forschungs- und Beratungstätigkeit befasst sie sich mit Innovationsfähigkeit und wie diese mit spielerischen Methoden gefördert werden kann. Seit 2018 leitet sie dort zudem den CAS Zertifikatslehrgang Innovationsmanagement.

Innovationsmanagement bei den VBZ

Innovation bei den VBZ bedeutet, das kreative Potential im Unternehmen zu fördern und zu nutzen, um neue zukunftsweisende Formen der Mobilität zu entwickeln oder die bestehende Angebotspalette zu optimieren. Das Innovationsmanagement der VBZ unterstützt Mitarbeitende bei der Entwicklung und Umsetzung innovativer Ideen, die so ihr Können oder ihre Leidenschaft für Mobilitätsthemen in agilen Teams einsetzen können.

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