Die bekannte VBZ-App «Züri schlaflos» wurde kürzlich aufdatiert und dabei um zehn neue Kurzgeschichten über besondere Lokale und Schauplätze ergänzt. In diesem Zusammenhang ist es uns erstmals gelungen, mit dem anonymen Erzähler dieser Short Stories eine Art Interview zu führen.
Ein persönliches Treffen sei «aus Realitätsgründen niemals möglich», hiess es auf unsere Anfrage hin ziemlich kryptisch, doch ein «schriftliches Live-Gespräch über Skype», das würde gehen. Also stimmten wir zu: Schliesslich ist es das erste Mal überhaupt, dass sich der ominöse «Züri schlaflos»-Erzähler, den selbst wir nur als «Mr. X» kennen, zu einer «direkten» Kommunikation bereit erklärt … allerdings, das war eine weitere Bedingung von seiner Seite, musste der Talk in tiefster Nacht stattfinden.
2.35 Uhr ist eine eher ungewöhnliche Zeit für ein Interview?
Tut mir leid, ich bin nun mal schlaflos.
Und dann sitzen Sie zuhause vor dem Computer, statt in einem Club zu tanzen oder in einer Bar zu trinken!
Ich bin schliesslich nicht mehr der Jüngste!
Falls Sie nach dem Ende dieses Interviews doch noch in den Ausgang gehen …
… das werde ich sicher nicht tun, ich bin tatsächlich zu müde, ich habe heute eine kleine Himbeer-Plantage …
(unterbricht): Dann halt hypothetisch gefragt: Wohin WÜRDEN Sie um diese Zeit in Zürich gehen, um sich zu vergnügen?
Aha, eine Fangfrage! Sie wollen, dass ich Ihnen verrate, ich würde diese Bar jener Bar vorziehen, oder wer mein aktueller Lieblings-DJ ist. Typisch Journalismus: immer muss es der Superlativ und unbedingt möglichst konkret sein, das ist sooooo anstrengend.
Aber darum geht es schliesslich im Journalismus!
Aber das, was ich mache, ist «Züri schlaflos», das ist kein nach Objektivität strebender Journalismus – allerdings ist es auch keine Kunst, wie ich bisweilen zu kalauern pflege ;) .
Was meinen Sie damit?
Nüchtern betrachtet bin ich ja der anonym agierende Berichterstatter in einer Reihe von essayistisch-subjektiv-informativen Kurzgeschichten. Wobei als Schauplätze – deshalb heisst die Sache wohl «Züri schlaflos» – oftmals Bars, Restaurants oder ähnliche fidele Etablissements dienen. Darum passt die «nüchtern betrachtet»-Bemerkung halt nicht allzu gut. Allerdings bin ich, das muss an dieser Stelle betont sein, kein Kampf-, sondern astreiner Genusstrinker! Und wenns ums Essen geht, eher Feinschmecker statt Vielfrass. Kurz: Ich kann mich nicht beklagen, man lässt es mir meist ganz gut gehen.
Man lässt es Ihnen gut gehen? Ist das nicht falsch formuliert?
Keinesfalls. Ich bin ja rein faktisch betrachtet nicht «ich», sondern eine fremdgesteuerte Kunstfigur, in der zwei Seelen leben, wie ich zu kalauern pflege ;) … Sie merken, ich kalauere gern, das ist ein neues Hobby – das ich mir natürlich nicht selbst ausgesucht habe, auch das wurde mir auf den Leib geschrieben.
Fremdgesteuerte Kunstfigur mit Doppelseele? Langsam wird es surreal!
Ach, wer weiss in dieser verrückten Welt überhaupt noch, wo die Realität aufhört und die Surrealität beginnt? Pardon, kleiner Scherz. Was ich sagen will: Ich bin die Ausgeburt der mitunter kunterbunt blühenden Fantasie der Autoren Philippe Amrein und Thomas Wyss. Sie sind es, die mich seit vielen Jahren für «Züri schlaflos» in nächtliche und – die beiden werden halt auch nicht jünger – immer öfters auch in tägliche Abenteuer schicken … wobei ich manchmal schon gewisse Zweifel hege, ob meine Schöpfer immer genau wissen, was sie tun beziehungsweise schreiben.
Dann wollen wir wahrscheinlich lieber auch gar nicht wissen, mit wem wir nun gerade kommunizieren?
;) Eher nicht, nein. Aber Sie könnten dafür beispielsweise wissen wollen, für welche Klientel die «Züri schlaflos»-App überhaupt gedacht und gemacht ist.
Obwohl wir als VBZ diese App in Auftrag gaben und die Weiterentwicklung betreuen, wollen Sie uns sagen, zu welcher Kundschaft sie passt? Ein Witz, oder?
Kein Witz! Oder haben Sie gewusst, dass das Angebot zwar noch immer von Besuchern und Touristen, aber neuerdings auch von beachtlichen Teilen der sogenannten «Zürcher Szene» benutzt wird?
Das war jetzt definitiv ein Witz!
Nope! Natürlich würden diese Leute das nie offen eingestehen. Doch durch einen Insider haben Amrein und Wyss herausgefunden, dass der wunderbare Adventszeit-Newsletter des Restaurants Vereinigung in Wiedikon, den nur ausgewählte Gäste bekommen, nach dessen Erwähnung bei «Züri schlaflos» plötzlich rege in Szenekreisen umhergeschickt wurde; offenbar hatte ihn jemand in die Szene «geleakt». Und ähnlich der Rietbergpark, der im letzten Sommer vorübergehend zum Szenetreff mutierte, nachdem ich via App über dessen doch sehr vielseitigen Verlustier-Charakter berichtete.
Dann müssen wir künftig auf der Hut sein, welche Schauplätze wir vorstellen – nicht, dass diese Orte und Lokale «szenig» werden und ihren Zauber verlieren.
Keine Bange! Erstens ist die Zürcher Szene volatiler als die Zürcher Börse, wie ich ab und an zu kalauern pflege. Und zweitens gibt es da eine strikte Selbstregulierung; Szenies ertragen zu viele andere Szenies nicht allzu gut, weil dadurch ihr Szene-Status gefährdet wird. Konkret: Ist die Szenedichte irgendwo über zwei Wochen hinweg sehr hoch, verflüchtigen sich die Alpha-Szenies rascher als Trickdiebe bei Polizeipräsenz – und wenn diese Opinion-Leader weg sind, wird’s für die anderen uninteressant.
Sie scheinen da wirklich gut Bescheid zu wissen, danke für die wertvollen Infos.
Easy, ist schliesslich mein Job.
Werden wir zum Schluss doch nochmals ein wenig «journalistisch»: Verraten Sie uns, wo Ihrer Meinung nach Zürichs derzeit gemütlichster Tanzclub steht! Oder welche Bar die spannendste Getränkekarte hat!
Oder wo es Zürichs beste Rühreier mit Speck und Tomaten gibt?
Unbedingt!
Bei meinem Co-Autor Thomas Wyss zuhause!
Warum wissen Sie das?
Ich weiss es nicht, aber er behauptet das bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit, einmal bezeichnete er sich gar als «Rührei-King»! Unverschämt, nicht?
Ja, aber was ist in dem Fall mit dem Tanzclub und der Getränkekarte?
Lesen Sie «Züri schlaflos», da ist das alles zu finden … wenn auch teilweise ein wenig versteckt ;) .
Über die App
Die App «Züri schlaflos» beinhaltet über 190 Geschichten über Zürcher Bars, Clubs, Restaurants und andere urbane Hotspots und steht kostenlos im Apple-Store und im Google Play Store zum Download zur Verfügung. Eine Auswahl der Geschichten wird auch auf vbzonline.ch publiziert. > Mehr über die App erfahren