50 Jahre Tram-Museum Zürich. Dass sowas zünftig gefeiert gehört, ist selbstverständlich. So liess das Museum Trams aus allen Epochen des Zürcher Schienenverkehrs in einer Geburtstagsparade auffahren. Eine Reise durch die Zeit in der Innenstadt Zürichs.
Einen besseren Sonntag hätte sich das Tram-Museum Zürich für seinen Tramcorso kaum aussuchen können. Begleitet von blauem Himmel und den ersten Sonnenstrahlen war es auch kein Wunder, dass sich, trotz früher Morgenstunde, bereits richtig viele Besucherinnen und Besucher am Limmatquai tummelten. Die Spannung war schon beim Central zu spüren, wo sich die ersten Tramspotter mit Kameras bewaffnet auf die Lauer legten. Die erwartete Zeitreise durch die Geschichte der Zürcher Trams war spürbar, bevor die altehrwürdigen Transportgefährte in Sichtweite daher rollten, denn hie und da zogen Menschen in Kleidern, wie sie vor über hundert Jahren getragen wurden, die Blicke auf sich.
Dann endlich, ungefähr auf der Höhe des Rathauses, das erste Tram. Eine Cobra. «Naja», dachte ich mir da noch: «so spannend ist das jetzt noch nicht». Auch das darauffolgende Tram 2000 fungierte jetzt eher weniger als Blickfang. «Business as usual in der Stadt», so mein Befund. Ganz anders mit der Mirage. Die hatte ich nun doch schon länger nicht mehr auf den Gleisen Zürichs gesehen. Schon fast ein kleiner Nostalgietrip, schön.
Und was für Gesellschaften das waren: Damen in pompösen Kleidern, Herren in formidablen Anzügen oder Fracks.
Ab hier merkte man dann auch, wie viele Leute das Spektakel wirklich anlockte. Ein buntes Gemisch aus Schaulustigen mit oder ohne Kameras, verkleideten Fahrgästen und ebensolchem Fahrpersonal. Passte man hier für einen Augenblick nicht auf, etwa um einen Blick aufs Handy zu wagen, konnte es vorkommen, dass man plötzlich in Mitten einer Gesellschaft aus dem vorletzten Jahrhundert stand. Und was für Gesellschaften das waren: Damen in pompösen Kleidern, Herren in formidablen Anzügen oder Fracks. Alle strahlten sie über beide Ohren. Ich möchte hier eigentlich niemanden besonders hervorheben, muss aber dennoch ein direktes Lob an den Herren richten, der eine uralte Filmkamera mit Drehkurbel mitgeschleppt hat, sehr authentisch!
Der absolute Star der Veranstaltung war allerdings das Rösslitram. Das Schienenfahrzeug mit genau einer Pferdestärke hatte im Original das Baujahr 1885. Das Exemplar am Limmatquai war zwar ein Nachbau, aber nichtsdestotrotz beeindruckend. So versammelte sich auch der grösste Teil der Zuschauerschar früher oder später um das Rösslitram, um es zu bestaunen und zu fotografieren. Auch die Besatzung des Gefährts machte Eindruck, mit schmucker Uniform inklusive Degen.
Mein persönlicher Favorit war das grüne Ce 2/2. Das Tram ist rund 120 Jahre alt und befuhr die Strecke Zürich – Oerlikon (damals noch Örlikon angeschrieben) – Seebach. Das faszinierende daran, es ist das älteste voll betriebsfähige, also motorisierte, Tram in der Schweiz. Ein Stück Geschichte.
Gegen viertel vor Neun waren die Passagiere sicher in ihre jeweiligen Trams eingestiegen. Die Spannung aller Anwesenden stieg merklich, denn alle warteten sie auf die Abfahrt des Konvois. Dann ging es los, unter Applaus und dem Geklapper der Kameras setzt sich das Rösslitram in Bewegung. Nicht nur den Tramfans zauberte der Anblick ein Lächeln ins Gesicht, überall schienen die Augen begeistert zu funkeln. An diesem Tag wurde wohl der eine oder andere Tramfan geschaffen.
Während über hundert Jahre Zürcher ÖV-Geschichte an mir vorbeizogen, platzierte ich mich schon mal am Central, um die Rückkehr der Karawane zu beobachten. Mein Weg von der Cobra zum Rösslitram stellte eine Reise in die Vergangenheit dar. Jetzt kehrte sich der Spiess um. Ganz wie Marty McFly reiste ich am Central zurück in die Zukunft. Zum Glück ohne erst meinen Fluxkompensator mit einem Blitz aufladen zu müssen, sondern ganz bequem vom Haltestellenbänkli aus.