Mit ihrer neuesten Inseratekampagne wecken die VBZ Erinnerungen an die Jugendjahre der «Generation Ü50», um diese zum Einsteigen als Busfahrer*in oder Trampilot*in zu gewinnen. Dazu schwelgt Autor Thomas Wyss in seinen Erinnerungen. Heute erinnert er sich, wie er mit seinen auf dem Kassettenrecorder bespielten "Love Mixtapes" Mädchenherzen erobern wollte.
Elvis hatte es gut. Er konnte 1953 in seinem Wohnort Memphis ins Aufnahmestudio schlendern, dort in der Gesangskabine die balladesken Stücke «My Happiness» und «That’s When Your Heartache Begins» der Gesangstruppe The Ink Spots intonieren, ein paar Dollar hinlegen, et voilà: Schon hatte der spätere «King» ein entzückendes Geburtstagsgeschenk für seine Mutter in Form einer frisch gepressten Vinylsingle.
Ich hatte es deutlich weniger gut: Erstens keine tolle Stimme, zweitens kein Aufnahmestudio mit Vinylpresse ums Eck, drittens eine Mama, die generell nicht wirklich auf «Did-it-myself!»-Aufmerksamkeiten stand (jedenfalls dann, wenn ich der Erzeuger war). Punkt drei war indes vernachlässigbar, familiäre Liebe ist quasi gottgegeben.
Bei den Meitli im Quartier war das anders. Komplizierter. Also: Viel komplizierter. Minnegedichte? Fanden sie lächerlich. Tschutte luege? Fanden sie doof. Einladungen zum berüchtigten Coupe «Tête-à-Tête»? Fanden sie lässig. Doch meine einzige Einnahmequelle war das Zeitungsaustragen, wie bei vielen Sek-Schülern. Damit konnte ich mir den sündhaft teuren Verführer im Mövenpick höchstens alle zwei Monate mal leisten. Zielführende Casanova-Arbeit ging definitiv anders.
Ja, und an dieser Stelle kommt jetzt der Kassettenrekorder ins Spiel! Mein erstes Gerät war ein vom Grossvater geerbter Radiorekorder, der einzig dazu taugte, am Sonntagnachmittag die Radio-Hitparade auf Kassette aufzunehmen und sie bis zur nächsten Hitparade in Endlosschlaufe abzuspielen. Eroberung von Mädchenherzen? Pustekuchen!
Doch im Laufe der Zeit wurde die Technik raffinierter. Mein dritter Kassettenrekorder war dann eine Wucht. Ich gewann ihn an einem Grümpelturnier. Marke: «Mediator», Mitte der 80er-Jahre Trikotsponsor beim FC Zürich. Und mit der Technik legten auch wir Buben zu.
Das Resultat dieser doppelten Evolution hiess Love Tape oder Love Mixtape!
Das war eine kuratierte 90-Minuten-Musikkassette. «Kuratiert» meint, dass die (im besten Sinn) Gestörtesten von uns zuerst mehrere Nächte in die Auswahl der Songs und danach nochmals mehrere Nächte in die Psychologie der richtigen Reihenfolge der Lieder investierten. Und zum Schluss noch ein paar Nächte in die Gestaltung der Umschlaghülle. Und wozu der immense Aufwand? Nur um den musikalischen «Postillion d’amour» der Angebeteten (ehrlicher: jener jeune dame, von der man sich wünschte, sie würde einen anbeten) möglichst unauffällig in die Jacken- oder Schultasche zu stecken.
Der Volltreffer? Wenn es dazu kam, dass man zweisam in der Frühlingswiese lag und umtanzt von Bienen und Schmetterlingen schüchterne Küsse tauschte, derweil aus dem Kassenrekorder der betörende, eigenhändig zusammengestellte Love-Tape-Mix erklang (Leider kam es sehr selten dazu). Die Todsünde? Verschiedenen Mädchen dieselbe Kassette zu schenken! Auch wenn es in den 1980er-Jahren noch keine sozialmedialen Shitstorms gab, fühlte sich das, was passierte, wenn es rauskam, angeblich sehr ähnlich an.
Jetzt bitte einsteigen Mit einer Inseratekampagne sprechen die VBZ gezielt über 50-Jährige an, um sie - und alle anderen Interessierten - zum Umstieg als Trampilot*in oder Busfahrer*in zu motivieren. https://vbz.jobs/weisst-du-noch-damals/ Hier bewerben Sie sich als Trampilot*in oder Busfahrer*in: vbz.jobs/einsteigen Parallel zu den Inseraten erscheinen hier Geschichten von Autor Thomas Wyss, der - passend zur Inseratekampagne - in seinen Erinnerungen schwelgt.