Der Puch Maxi

Mit ihrer neuesten Inseratekampagne wecken die VBZ Erinnerungen an die Jugendjahre der «Generation Ü50», um diese zum Einsteigen als Busfahrer*in oder Trampilot*in zu gewinnen. Dazu schwelgt Autor Thomas Wyss in seinen Erlebnissen aus den 80er Jahren. Heute beschreibt er sein Freiheitsgefühl auf dem frisierten Puch Maxi, dass dann die Hälfte seiner Ersparnisse auffrass.

«Er hat sein Geständnis widerrufen». Ein alltäglicher, oft gehörter Satz. Deutlich seltener ist die Variante «Er hat sein Geständnis wiederholt». Dabei kann das fürs Verarbeiten eines Vorkommnisses absolut heilsam sein. Darum werde ich das nun tun – und Jahre nach der im «Tages-Anzeiger» publizierten Premiere meine «Tat» hier nochmals schildern, im kursiven Originalwortlaut.

Es stand schwarz auf weiss im Polizeireport: «Thomas Wyss hat am 10. Oktober um 21.17 Uhr auf der Soodstrasse zwischen Adliswil und Leimbach mit seinem Puch-Maxi S (zugelassene Geschwindigkeit 30 km/h) den Polizeigefreiten Anliker in dessen Zivilfahrzeug mit massiv überhöhter Geschwindigkeit (ca. 82 km/h) überholt. Der Polizeigefreite Anliker konnte Thomas Wyss um 21.21 Uhr im Aufstieg Butzenstrasse stoppen und das manipulierte Mofa sicherstellen.»

Der Puch Maxi – je schneller desto mehr vermittelte er das Gefühl von «born to be free».

Das Tempo wurde später auf 83 Stundenkilometer hinaufkorrigiert, aber das war Peanuts. Wichtiger: In meinem Freundeskreis war ich ein Held. Einer, der sich gegen das System aufgelehnt hatte. Quasi der kleine Rudi Dutschke von Wollishofen. Mit dem Töffli einen «Bullen» überholen, das hatte vor mir noch niemand gewagt. Klar, es war Zufall gewesen, ich hatte ja nicht gewusst, dass der klapprige Ford, den ich an diesem historischen Abend anno 83 links liegen liess, einem Staatshüter gehörte. Für meine Puch-Gang schmälerte das Detail die Leistung nicht im Geringsten. Es schmälerte jedoch mein Sparheftli – um etwa die Hälfte. Aber das ist ein anderes Thema.

Der «Tagi»-Text geht noch ein Weilchen weiter, wir aber biegen hier mal ab und gehen zum entscheidenden Nebenschauplatz, also der Frage: Auf welcher Grundlage hatte ich mein Töffli ausgewählt?

Nicht ganz unwichtig war das Motto «Ciao chaufe, hei laufe»: Tatsächlich wirkten diese Piaggio-Dinger auch wegen des vielen Plastiks im Vergleich zu den robusten Puch-Modellen anfällig und fragil. Und wenn beim Motor wirklich was kaputt ging, war (pardon) die Kacke aber so richtig am Rauchen. Oder in kurz: Tschau «Ciao»!

Ein anderer Aspekt war das Tuning. Beim «Ciao» lief es oft auf die berühmte «Polini-Doppelflöte» und/oder auf kostspielige Malossi-Bauteile heraus. Der Doppelauspuff brachte zwar Tempo, war aber unangenehm laut; wenn die Polizei die Ohren spitzte, hatte sie leichtes Spiel. Das Frisieren des Puch-Maxi war arbeitsintensiver, da nebst den Standards «Kolbenfenster» und «Ritzel» am Motor selbst herumgedoktert werden musste. Die zwei Vorteile: Die Manipulationen war für die die Ordnungshüter optisch nicht wahrnehmbar, die Folgen in Sachen Geschwindigkeit jedoch – siehe Einstieg – schwer beeindruckend.

Punkt 3: Die Attitüde. Derweil dem Puch-Cruiser das lockere Überholmanöver eines «Möfi» (so nannte die «Ciao»-Fraktion ihre fahrbaren Untersätze) genügte, um einen «happy day» zu haben, zeigten diverse «Ciao»-Fahrer jedem vorbeifahrenden «Puch-Heini» konsequent den Stinkefinger. Ich fand das wenig sympa.

Und dann war da noch der Akt der Gestaltung. Für den «Ciao» gab es hunderte Designteile und Gadgets in allen Formen und Farben, ich kannte Typen, die wechselten allein alle zwei Monate ihren Lenker aus. Anders beim Puch-Maxi: Da waren eigene Ideen und Kreativität gefragt … was im unschönsten Fall mit einem wehenden Fuchsschwanz am Gepäckträger endete, häufiger aber zu einer verchromten Vordergabel oder einer hippie- oder graffit-mässigen Neulackierung führte.

Damit nochmals zurück zum «Tagi»-Text, wo es im Schlussteil zu einem weiteren Geständnis kommt. Aber lesen Sie selbst: 

Wir waren drei Jahre lang sehr glücklich zusammen. Bis uns der Polizeigefreite Anliker entzweite. Nachdem ich die Busse von etwa 850 Franken bezahlt hatte, bekam ich ihn (gemeint ist der Puch-Maxi) zurück – mit Originalmotor. Er lief noch 32 km/h. Er war nicht mehr derselbe, die Liebe erlosch. Ich war derart verzweifelt, dass ich «fremdging» und mit einen gebrauchten «Ciao» kaufte. Tabubruch! Genauso schlimm und peinlich, wie wenn ein langjähriger GC-Fan plötzlich in der Südkurve singt!

Jetzt bitte einsteigen

Mit einer Inseratekampagne sprechen die VBZ gezielt über 50-Jährige an, um sie - und alle anderen Interessierten - zum Umstieg als Trampilot*in oder Busfahrer*in zu motivieren. https://vbz.jobs/weisst-du-noch-damals/

Hier bewerben Sie sich als Trampilot*in oder Busfahrer*in: vbz.jobs/einsteigen 

Parallel zu den Inseraten erscheinen hier Geschichten von Autor Thomas Wyss, der - passend zur Inseratekampagne - in seinen Erinnerungen schwelgt.

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