Das Nachtnetz lebt!

Was lebendig ist, entwickelt sich weiter und wächst. So wie das Nachtnetz am 19. Dezember. Auch Ali Reza Feyzabadi, Teamcoach und Nachtbus-Fahrer bei den VBZ, weiss aus eigener Erfahrung: Wenn die meisten Zürcherinnen und Zürcher schlafen, ist die Stimmung in den Nachtbussen umso lebhafter.

Echtheit, das wahre, ungeschminkte Leben – wer sehnt sich nicht danach? Ali Reza Feyzabadi hat genau das im Nachtbus gefunden; eine kleine Welt, über die man viele Kurzgeschichten schreiben könnte. Das macht seinen Job für ihn zur Herzensangelegenheit.

Der 41-jährige startete 2016 bei den VBZ, als Trampilot. Ganz nach dem Motto «drum prüfe, wer sich ewig bindet», wechselte er nach drei Jahren als Kundenberater zum Ereignismanagement. Im Jahr 2020 folgte der Wechsel zum Betrieb Bus, wo er inzwischen als Teamcoach eingesetzt ist. In dieser Eigenschaft ist er gleichzeitig auch Linienverantwortlicher Nachtbus. Das bedeutet unter anderem, dass er die Busfahrer*innen auf den entsprechenden Nachtbuslinien ausbildet. Wer einen Nachtbus steuern will, benötigt eine Zusatzausbildung. Die hat er anno 2021 gemacht und ist somit seit vier Jahren auch nachts am Steuer anzutreffen.

Eine Liebeserklärung ans Nachtnetz und viele tolle Neuerungen

Der ÖV-Profi ist kaum zu stoppen, wenn er erklärt, warum die allerbeste Arbeit nachts stattfindet. «Das Nachtnetz ist riesig. Wir bringen die Fahrgäste mit der N71 vom Hauptbahnhof bis nach Maur, See oder mit der N16 nach Thalwil. Und an der Limmatstrasse fährt alle 15 Minuten ein Bus, das muss man sich vorstellen! », meint er begeistert.  

Diese Leistung wird am kommenden Fahrplanwechsel, der für das Nachtnetz vom 19. auf den 20. Dezember stattfindet, noch zunehmen. Unter den vielen Neuerungen für die Nachtschwärmer*innen sticht für den passionierten Teamcoach eine hervor: «Die neue Linie 33 bedient wichtige Spots: Vom Triemli und Albisriederplatz über Wipkingen, Schaffhauserplatz entlang der Winterthurerstrasse bis Kirche Fluntern, runter ins Seefeld und nach Tiefenbrunnen. Das wird vielen Fahrgästen nützen!», rühmt er die Neuerung. Aber auch die Anpassung vieler Liniennummern an jene im Tagnetz findet er toll: «So kann man sich besser merken, welche Linie wohin fährt.»   

Teamchoach Ali Reza Feyzabadi liebt das Fahren in der Nacht und die unverfälschte Stimmung im Nachtbus. (Bild: VBZ)

Frösche, Igel und gute Laune

Was die Passion des Team Coachs für den Nachtbus aber tatsächlich ausmacht, ist die Unverfälschtheit der Passagiere zur nächtlichen Stunde: «Alle haben gute Laune», erklärt er. So aufgeräumt wie die Stimmung der vorwiegend jungen Fahrgäste sei auch die Fahrbahn:  «Die Strassen gehören mir», meint er mit gespieltem Triumph in der Stimme.

So ganz stimmt das allerdings dann doch nicht, wie Feyzabadi gleich zugibt: Auf gewissen Strecken – beispielsweise auf dem Abschnitt entlang des Waldes mit der N9 nach Uitikon – werde die Strasse nachts auch zum Revier wilder Tiere. «Von einem Frosch oder einem Igel überrascht zu werden, ist schon sehr schön. Ich habe sogar schon mal ein Reh gesehen. Und Füchse. Selbsterklärend fahre ich dort bewusst sehr langsam.»

Doch zurück ins natürliche Habitat der Nachtschwärmer, den Nachtbus. «In der Nacht fallen die Fassaden, die Leute sind kommunikativ – sicher mitunter auch dem einen oder anderen Drink geschuldet.» Man erhalte als Fahrer schon mal Komplimente. Eine Dame habe ihm gar eine Übernachtung angeboten, was er charmant zu kontern weiss: «Ich habe sie gefragt, ob sie einen Parkplatz für den Bus habe. Damit war das Thema vom Tisch», erinnert er sich lachend.

Die Lebendigkeit des Nachtnetzes seien denn auch die unregelmässigen Arbeitszeiten wert, sagt Feyzabadi, der gelernt hat, alle sich bietenden Gelegenheiten für einen Powernap zu nutzen. Das und Kaffee zur richtigen Zeit helfe ihm, nachts über die Runden zu kommen.

Die ganze Klaviatur der Emotionen, vereint im Nachtbus

Wo die Impulskontrolle rissig wird, kann es schnell düster werden. «Ein wirklich schlimmes Erlebnis hatte ich, als sich zwei Frauengruppen in die Haare gerieten», erinnert sich der Busfahrer. Die «Ladies» hätten sich mit unaussprechlichen «Schlötterlig» beschimpft. Die weiteren Details möchten wir den geneigten Leser*innen ersparen. Nur soviel: Der Dienst von Feyzabadi endete an jenem Morgen nicht wie geplant um 5 Uhr, sondern um 7.30 Uhr – nach einer Zeugenaussage auf dem Polizeiposten.

Meist sei jedoch das Gegenteil zu beobachten, etwa, wenn der Kuss eines Pärchens von den Mitreisenden mit frenetischem Applaus und Jubel bedacht werde. Kurz und gut: Sofern die Fahrgäste nicht – allen Weckversuchen trotzend – mehrere Runden schlafend mitfahren, ist immer was los. Ali Reza Feyzabadi liebt das.

Sanfte Töne sind die intensivsten

Der schönste Moment seiner Nachtbus-Karriere entstand übrigens unter dem zarten Eindruck der Nächstenliebe. «Nachdem ich einem Fahrgast mit Sehbehinderung beim Aussteigen geholfen und ihn auf die andere Strassenseite gebracht hatte, nahm er mich bei der Hand und drückte sie voller Dankbarkeit. Das war ein intensiver, menschlicher Moment für mich, der mich extrem berührt hat», erzählt er nachdenklich.  

Deshalb wird auch er an vorderster Front dabei sein, wenn sich das Nachtnetz in der Nacht vom 19. Dezember weiter ausdehnt – und entfacht das Feuer für diese Arbeit zu nachtschlafender Zeit auch bei seinem Team. Denn Ali Reza Feyzabadi ist überzeugt: «Das Nachtnetz ist eine der schönsten Leistungen, die das Fahrpersonal im ÖV für seine Fahrgäste erbringt.»

Der grosse Fahrplanwechsel

Zürich, am 14. Dezember findet der wohl grösste Fahrplanwechsel in der Geschichte der VBZ statt! Informieren Sie sich bereits jetzt über die Änderung in Ihrem Quartier, auf Ihrer Linie. Mitte November geht der aktualisierte Fahrplan online. Am besten nützen Sie ihn zur Vorbereitung Ihrer Fahrten ab Fahrplanwechsel. Die Änderungen im Nachtnetz treten in der Nacht vom 19. auf den 20. Dezember in Kraft

Alle Infos zum Fahrplanwechsel 2025

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