Im Jungen Literaturlabor (JULL) schreiben Zürcher Jugendliche Erfundenes und über Erlebtes: Texte, die in unserer Stadt spielen, mit dem hiesigen Leben zu tun haben – und letztlich Menschen und Orte miteinander vernetzen, genau wie die Verkehrsbetriebe Zürich. Aus diesem Grund haben sich das JULL und vbzonline.ch zusammengetan. Das erste hier präsentierte Projekt sind zeitgeistige «Instaprints», die Sekschülerinnen und Sekschüler aus dem Altstetter Schulhaus Kappeli kreierten.
In den letzten Monaten konnte man auffällig häufig Gruppen von Jugendlichen die immer gleiche Reise machen sehen: von der Haltestelle Kappeli in Altstetten im 2er alles geradeaus in die City bis zum Paradeplatz und dann, ein paar Stunden später, wieder zurück. Sie fragen sich wozu? Das Schulhaus Kappeli ist derzeit School-in-Residence des Jungen Literaturlabors JULL. Letzeres wird seit Oktober 2015 im Auftrag der Kulturabteilung der Stadt Zürich als Pilotbetrieb in den historischen Bärengasse-Häusern geführt.
Neben Kurzgeschichten, Märchen, Hörspielen, Mini-Dramen und ausgewachsenen (Kollektiv-)Romanen werden im JULL, wie es sich für ein Labor gehört, auch experimentelle Texte getestet. So probierte die dritte Sek des Kappeli-Lehrers Dionoz Hasanaj eine neue Textsorte, nämlich «Instaprints», und die funktionieren so: Man geht an einen interessanten Ort irgendwo in der Stadt und beobachtet, was rundum geschieht.
Mini-Storys über Schwäne und Gott
Statt aber, wie heutzutage üblich, spannende Szenen mit dem Handy zu fotografieren, beschreibt man diese in möglichst knappen Worten – oder lässt sich von den eigenen Beobachtungen zu einer Mini-Story inspirieren. Anschliessend wird diese «Kürzestgeschichte» im JULL in den Compi getippt und später quasi als «Schriftbild» auf Instagram geladen – fertig ist der «Instaprint».
Das klingt dann zum Beispiel so:
Die beiden Schwäne haben sich gestritten. Der eine Schwan ging weg, ich glaube, dass er/sie keine Lust auf den andern hatte.
Oder:
Eine andere alte Frau ist zu mir gekommen und hat über die Bibel und den Himmel gesprochen. Sie fragte mich: «Wer ist Himmel?» Ich sagte: «Gott.» Und dann hat sie mir noch ein Heftchen gegeben und sagte, ich solle es durchlesen.
Oder:
Ein Mann schimpft am Telefon: Er beschwert sich bei jemandem, weil er die falsche Ware bekommen hat. Da rastet er aus und will mich schlagen. Ich renne davon und stoppe erst in Pfäffikon.
Betreut wurde die Klasse unterwegs auf diesen Text-Bild-Social-Media-Ausflügen von der Autorin Gina Bucher und dem Autor Jürgmeier. Eine Sammlung mit «Instaprint»-Storys lässt sich auf den eigens dafür eingerichteten Instagram-Accounts ansehen: jullusem9i und kuhbox_jull.
Das JULL und vbzonline.ch werden fortan in loser Folge bei weiteren Projekten zusammenarbeiten.
Lesung
Wer sich lieber vorlesen lässt, kann am Freitag, 31. März (18 Uhr), ins JULL kommen. Dort gibt es im Rahmen der School-in-Residence Schlusslesung eine audiovisuelle «Instaprint»-Installation (Konzept: Per Larsen und Irene Eichenberger).Anmeldung und weitere Informationen: www.jull.ch