Traditionelle Quartierwappen treffen auf moderne Fahrzeuge

Dieses Jahr werden 25 Flexity-Trams mit den Quartierwappen der Stadt Zürich verschönert. Damit wird eine Tradition fortgeführt, welche die enge Zusammenarbeit der Quartiervereine mit den VBZ symbolisiert.

Wer öfters in der Stadt Zürich unterwegs ist, wird ihnen schon begegnet sein. Die Rede ist von den Tram 2000, die mit den Wappen der Stadtquartiere geschmückt sind. 23 der 25 Quartiere sicherten sich zwischen 1976 und 1990 einen Platz auf den Trams: Eine visuelle Darstellung der Zusammenarbeit der Quartiere mit den VBZ. Die Tram-2000-Reihe ist nach ihrer Lancierung vor fast 50 Jahren nicht mehr die jüngste, sie wird aktuell durch die modernen Flexity-Trams ersetzt. Dadurch gehen auch die Wappen verloren – oder zumindest wären sie verloren gegangen, wenn nicht im Gemeinderat ein Postulat eingebracht worden wäre. Ein Postulat fordert immer eine Überprüfung eines bestimmten Themas: In diesem Fall forderten die beiden SVP-Gemeinderäte Samuel Balsiger und Stephan Iten den Stadtrat dazu auf, zu prüfen, ob die Quartierwappen-Tradition nicht auf den Flexity-Trams fortgesetzt werden kann. Die Antwort lautete: Ja. Dieses Jahr wird sie fortgesetzt, diesmal für alle 25 Quartiere.

Nicht alle Quartiere sehen ihre Trams

Dabei sind gar nicht alle Quartiere an das Zürcher Tramnetz angebunden. Für Affoltern ist zumindest eine Linie in Planung, die Tramzukunft von Witikon und Leimbach hingegen steht noch komplett in den Sternen, wie Angebotsmanager Johannes Eckert weiss. Ob es jemals zu so einer Anbindung kommt, ist natürlich auch immer eine finanzielle Frage: «Würde Geld keine Rolle spielen», sagt Eckert, «hätte ich den Tramtunnel unter Witikon schon längst gebaut, damit mehr Platz und Direktverbindungen angeboten werden können.»

Auch wenn nicht alle Zürcherinnen und Zürcher Wappentram im eigenen Quartier sehen können, werden dieses Jahr an sechs Tramtaufen 25 Flexity-Trams mit jeweils einem Quartierwappen verziert. Wie der aufmerksam Lesende sicher festgestellt hat, geht diese Rechnung nicht ganz auf. Bei fünf der Events werden nämlich vier Trams getauft, bei einem davon ganze fünf. Drei Tramtaufen fanden bereits im Mai und Juni statt, die drei übrigen werden nach den Sommerferien im September und Oktober durchgeführt.

Stadtrat Michael Baumer (l.) enthüllt gemeinsam mit Johannes Eckert, Angebotsmanager VBZ (r.) das Wappen des Quartiers Rennweg. (Bild: Patrick Mattes)

Zürcher Quartiere, Zürcher Flagge und Züri-Wasser

Wie läuft so ein Tramtauf-Event ab? An einem Samstagnachmittag versammeln sich Angehörige der Quartiervereine, der VBZ und andere Interessierte in einem Zürcher Tramdepot. Nach drei Begrüssungsreden – von Vertretern der Quartiervereine, der VBZ und Stadtrat Michael Baumer – folgt der Höhepunkt: Eines nach dem anderen fahren die Flexity-Trams vor. Die bereits angebrachten Quartierwappen sind noch mit Zürcher Flaggen verdeckt. Vertreter*innen der Quartiere enthüllen sie gemeinsam mit Michael Baumer und übergiessen sie mit einer Karaffe «Züri-Wasser». Danach werden Fotos gemacht, und alle Anwesenden aus den jeweiligen Quartieren dürfen mit «ihrem» Flexity-Tram posieren. Im Anschluss steigen sie in das neu getaufte Fahrzeug ein und machen sich mit ihm auf eine kurze Jungfernfahrt. Für Verpflegung ist danach ebenfalls gesorgt. «Wir haben die Wertschätzung bemerkt, welche die VBZ den Quartieren entgegenbringen», sagt Martin Bürki. Der gebürtige Berner ist seit über zehn Jahren Quartiervereinspräsident von Wollishofen und mittlerweile auch Präsident der Quartierkonferenz, der Dachorganisation der 25 Quartiervereine: «Es war ein sehr motivierender und schöner Anlass für alle, die teilgenommen haben.»

«Wir haben die Wertschätzung bemerkt, welche die VBZ den Quartieren entgegenbringen» – Martin Bürki, Quartiervereinspräsident Wollishofen

In seiner Rolle als Präsident des Quartiervereins Wollishofen durfte Martin Bürki bei der Tramtaufe eine Rede halten. (Bild: Patrick Mattes)

Eine Vorgabe, die eigentlich keine ist

Die VBZ arbeiten bereits lange mit den Quartiervereinen zusammen. Die Stadt Zürich gibt auch vor, dass städtische Dienstabteilungen mit der Quartierkonferenz zusammenarbeiten sollen und müssen. «Ich habe das aber noch nie als Vorgabe empfunden, für uns ist das eigentlich die einzige clevere Möglichkeit, auf die Lokalbevölkerung zuzugehen, wenn es um lokale Themen geht», sagt Johannes Eckert. Und diese Zusammenarbeit hat neben den Quartierwappen-Trams bereits öfters Früchte getragen. So ging beispielsweise die Zusammenlegung der Buslinien 31 und 34 nach Witikon im Jahr 2018 aus dieser Kooperation hervor. Als es nach jahrelangen Diskussionen endlich so weit war, war das für Eckert ein toller Moment: «Ich bin damals am Fahrplanwechsel extra um 04:30 Uhr in der Früh am Sonntagmorgen nach Witikon gefahren», erzählt er, «und da sah ich dann die Leute aus dem Quartierverein, die sich jahrelang eingesetzt hatten, mit uns diskutiert, mit uns gestritten hatten. Zu dieser Verbindung wäre es nicht – oder nur viel langsamer gekommen, wenn sich der Quartierverein dafür nicht so stark gemacht hätte.»

«Die Zusammenarbeit mit den Quartiervereinen ist für uns die einzige clevere Möglichkeit, auf die Lokalbevölkerung zuzugehen, wenn es um lokale Themen geht» – Johannes Eckert, Angebotsmanager VBZ

Quartiervereine, die sich für ein Thema einsetzen, können gemeinsam mit den VBZ Veränderungen bewirken. Die Stadt Zürich entwickelt sich und der öffentliche Verkehr muss sich dafür anpassen und daran wachsen. Im Quartier Wollishofen bemerkt man dieses Wachstum schon heute: «Durch die Verdichtung gibt es immer mehr Leute, die hier wohnen. Wir haben schon öfters festgestellt, dass das Tram gerade am Morgen langsam an den Anschlag kommt», sagt Martin Bürki, «da habe ich einfach die Hoffnung, dass wir auch in Zukunft konstruktiv mit den VBZ zusammenarbeiten und eine Lösung finden können.»

Artikel teilen:

Wir verwenden Cookies, um Ihnen den bestmöglichen Service zu gewährleisten. Durch die weitere Nutzung der Website stimmen Sie unserer Datenschutzerklärung zu.
Mehr erfahren