Natascha Foresti sieht gerne glückliche Menschen. Vielleicht ist sie deswegen auch der grösste Fan des Jelmoli Märlitrams, für dessen alljährliches Gelingen sie während sieben Jahren gesorgt hat. Eine Geschichte darüber, wie die gute Fee hinter den Kulissen selber zum Engel im rot-goldenen Oldtimer wurde.
Als Natascha Foresti zum ersten Mal ihre Flügel ausbreitete und ihren Platz als Engel im Märlitram einnahm, zählte man den 9. Dezember 2022. Das ist im Grunde erst einen Wimpernschlag her, trotzdem verbindet sie eine lange Geschichte mit dem vorweihnachtlichen Gefährt. Schon vor ihrem «Ritterschlag» zum Märli-Engel amtierte sie nämlich als gute Fee hinter den rot-goldenen Kulissen.
Wer ein Engel sein will, muss Menschen mögen. Den ersten Schritt auf ihrem Weg in Richtung Märlitram nahm Foresti anno 2012 beim ZVV-Contact, dem Kundendienst der VBZ. Dessen Welt mag weit entfernt von jener der Märchen erscheinen, die beiden eint jedoch ein essenzieller Faktor: Der Mensch im Mittelpunkt. Natürlich ist dieser Mensch, wenn er sich beim ZVV-Contact meldet, meist nicht ganz so heiter wie das Kind, das am Bellevue auf das einfahrende Märlitram wartet. Foresti aber will etwas bewegen: Allem voran die Mundwinkel ihres Gegenübers – zu einem Lächeln.
Menschen glücklich machen
Das nächste Treppchen in Richtung Chlausen- und Engelmanagement nahm Foresti im Sauseschritt, dank einem internen Aushilfseinsatz in der Extrafahrten-Abteilung. Dort wollte man sie am liebsten nicht mehr gehen lassen. Man kennt die gelernte Reisefachfrau nämlich als eine, die die Ärmel hochkrempelt; unkompliziert und immer mit einer Prise Humor – die geborene Organisatorin eben. Also blieb sie und sorgte als Projektleiterin Extrafahrten dafür, dass einiges ins Rollen kam, unter anderem das alljährliche Märlitram. Mit zur Aufgabe gehörte von der Bestellung des Fahrzeugs bis zur Betreuung von Chläusen und Engeln alles, vor allem auch der Kontakt mit Kunden. Beim Märlitram ist das Jelmoli, dem das Produkt gehört. Für die 36-jährige eine perfekte Mischung, denn eine Fahrt durch Zürich, egal ob im Märlitram oder bei einer Feier zum Sechzigsten, ist immer auch eine kleine Reise, mit der man Menschen glücklich macht. «Das ist wichtig für mich, das treibt mich an», bekräftigt sie.
Die Familie der Samichläuse und Engel fährt Tram oder Harley
Sechs Samichläuse hat die ÖV-Spezialistin in dieser Zeit kennengelernt, die sie noch nicht mal vom Nordpol einfliegen lassen musste, weil Zürcher Samichläuse selbstverständlich Tram fahren. Oder Harley, aber das ist eine andere Geschichte. Die Märlitram-Crew wuchs enger zusammen: «Das Team harmoniert wie eine kleine Familie, mit der Zeit haben wir unsere Briefings mit einem privaten Znacht oder einem Bowling-Abend ausklingen lassen», sinniert sie. Vielleicht mit ein Grund, warum Foresti zu den grössten Fans des Märlitram gehört. Und das, obwohl der Pfaffhausnerin als Kind das Glück nicht vergönnt war, mitzufahren: «Wir gingen nie in die grosse Welt hinaus…», schmunzelt sie und rollt ihre Augen.
Was zusammenschweisst, sind auch die gemeinsamen Erlebnisse. Schlagersänger Peter Maffay etwa, der im Märlitram einen Auftritt hatte und die mitgeführten Tirggel mit so vollen Händen verteilte, dass Foresti ins Depot spurten musste, um kurzfristig Nachschub zu organisieren. Oder die Engel, die ihre Heiligenscheine in der Garderobe vergessen hatten – ein weiterer Fall für «Speedy Foresti», die damals noch keine Flügel hatte und also mit dem Tram zurück in die Garderobe fuhr. Die schwierige Corona-Zeit: «Die Maske hat den Chläusen den ganzen Bart ins Gesicht gezogen, es war furchtbar», meint Foresti stirnrunzelnd. Ein Höhepunkt war «der Hochzeitsantrag an Jiana, ein unglaublich emotionaler Moment», erinnert sie sich gerührt.
Nächste Haltestelle: Der VBZ-Nachwuchs
Im Märlitram ist Empathie gefragt: «Viele Kinder wollen gar nicht einsteigen, weil sie Angst vor dem Samichlaus haben. Da sind die Engel gefordert, Vertrauen zu schaffen.» Das gefällt Foresti. Sie träumte davon, nicht nur ausserhalb des Fahrzeugs die Fäden zu ziehen, sondern voll einzusteigen: als Engel. In der damaligen Funktion als Organisatorin war diese Doppelrolle natürlich nicht möglich.
Die Chance eröffnete sich, nachdem Foresti Anfang 2022 bei den VBZ in eine neue Rolle schlüpfte und seither dazu beiträgt, dass der Nachwuchs gut umsorgt ist – im Ausbildungszentrum der Trampiloten. «Vom Märlitram wollte ich mich trotzdem nicht verabschieden, es ist Teil meines Lebens geworden». Also machte sie den Sack zu und stieg ein.
Fulminant hätte das Debüt am Chlausen-Umzug am 27. November 2022 werden sollen. Das Märlitram mit dem Chlaus, den Engeln und den Kindern fährt dem Umzug voran. «Unzählige Menschen sind vor Ort, man sieht weit und breit nur Köpfe», raunt Foresti, die eigentlich nicht so gerne im Mittelpunkt steht. Und doch ist der Moment magisch. «Alle sind aufgeregt und voller Freude, besonders die Kinder», erklärt Foresti «ich hatte mich unendlich darauf gefreut». Sie fieberte dem Anlass leidenschaftlich entgegen – vielleicht gar etwas zu sehr. Am Morgen des «grossen Tages» hatte sie Schüttelfrost. «Die Enttäuschung schmerzte mehr in den Knochen als die Gliederschmerzen. Um ehrlich zu sein, ich weinte.»
Aufstehen, Flügel richten, weitergehen: Vergangenes Jahr hat es Foresti geschafft. Gemeinsam mit den Kindern sass sie am Chlausen-Umzug im Märlitram. «Ich finde keine Worte», sagt sie und strahlt, als hätte sie soeben im Lotto gewonnen.
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Dieser Artikel wurde erstmals am 1.12.2023 veröffentlicht und am 10.10.2024 aktualisiert.