166 Kilometer fahrerlos

Es gibt nicht wenige Menschen, die sagen, Zürichs Herz schlage im Takt der VBZ. Das ist ein schönes Kompliment – wie sehr die Qualität und Zuverlässigkeit des öffentlichen Verkehrs dieser Stadt geschätzt wird. Wie aber ist das in anderen Grossstädten dieser Welt? Sind Busse, Trams, S- oder U-Bahnen dort ähnlich pünktlich und komfortabel wie bei uns? In einer losen Serie werden wir solche und ähnliche Fragen rund um den internationalen ÖV zu beantworten versuchen – durch persönliche Berichte von sogenannten «Sonderkorrespondenten». Heute berichtet Gina Kopp über ihre Eindrücke aus Dubai.

Dubai lebt von Superlativen und Gegensätzen: Eine Kunsteisbahn in der Einkaufsmall? Künstliche Inseln im Meer? Das höchste Gebäude der Welt? Alles kein Problem in der exzentrisch anmutenden Wüstenmetropole. Zeitweise wurde hier so viel aufs Mal gebaut, dass dafür ein Fünftel aller weltweit verfügbaren Baukräne im Einsatz waren.

Ebendiese Kräne wurden auch für die Metro benötigt, schliesslich wollen die Emiratis auch in Sachen ÖV etwas Besonderes sein; die Metro wird zum grössten Teil oberirdisch geführt. Und das nicht etwa auf festem Boden wie die Zürcher Trams, sondern auf rund vier Meter hohen Rampen, die von Viadukten gestützt werden. Um dem noch die Krone aufzusetzen, heisst es, die Dubai Metro sei mit 166 Kilometern die längste fahrerlose Metro der Welt.

Metro-Fahrt

Selbst im Januar, bei angenehmen Aussentemperaturen um die 25 Grad, durchzuckt meine Reisebegleitung und mich ein Frösteln, als wir die vollklimatisierte Metro-Station «Dubai Mall» betreten. Der Boden glänzt, die Station ist blitzblank sauber, wie es sonst wohl nur in Singapur der Fall ist. Schnell und unkompliziert haben wir ein Ticket am Automaten gelöst und lassen uns per Rolltreppe hoch zum Perron transportieren. Dort kommt dann die erste Überraschung. Es gibt zusätzlich zur zweiten nicht nur eine erste Klasse (die in Dubai «Gold Class» heisst), sondern auch einen Wagen für Frauen und Kinder. Und zwar ausschliesslich für Frauen und Kinder. Dort steigen wir ein.

Als wir so unterwegs sind, gesellt sich ein Herr in das Frauen-und-Kinder-Abteil, doch lange bleibt er da nicht. Eine verschleierte Dame herrscht ihn an – wir vermuten, dass sie ihn sehr bestimmt darauf aufmerksam macht, dass er hier im falschen Wagen ist. Was genau sie auf Arabisch sagt, werden wir wohl nie wissen, doch der Irrläufer verschwindet schnell im anderen Zugteil. Wahrscheinlich verdrehte die Frau unter ihrem Schleier die Augen, es ist immerhin ziemlich offensichtlich, dass in diesem Bereich Männer nicht erlaubt sind.

ÖV in Dubai

Die Dubai Metro ist nicht das einzige öffentliche Verkehrsmittel der grössten Stadt der Vereinigten Arabischen Emirate: Um beispielsweise den boomenden Stadtteil Dubai Marina zu bereisen, steigt man von der Metro auf das Dubai Tram um. Die einzige Tramlinie, mit gerade mal elf Stationen, führt einmal dem Stadtteil entlang und ist – ganz untypisch – ebenerdig auf Eigentrassees geführt. Es gibt zudem diverse Buslinien, die an die Metro anknüpfen; sie erschliessen in der Regel die weniger populären Stadtteile von Dubai.

Abra-Fahrt

Das wohl gemächlichste aller Fortbewegungsmittel ist sicher das Abra, ein traditionelles Holzboot, das vor allem Besucher quer über den Dubai Creek, den natürlichen Meeresarm des Persischen Golfs, gondelt. Gemütlich auf einem Holzboot übers Wasser tuckern, genau das können natürlich auch wir nach einer anstrengenden Feilsch-Tour durch die Märkte gebrauchen. Kaum fünf Minuten warten wir an der Station «Deira Old Souk», da kommt schon das nächste Abra. Schnell füllt sich unser Transportmittel. Bezahlt wird hier – im Gegensatz zu den modernen Ticketautomaten in den Metro-Stationen – direkt beim Kapitän, und zwar genau dann, wenn das Abra die Mitte des Creeks erreicht hat. Die Fahrt kostet uns gerade mal einen Dirham, umgerechnet etwa 30 Rappen.

Vom Wasser aus hat man einen wunderbaren Blick über diesen doch recht bodenständigen Teil von Dubai. Die höchsten Türme, die man hier sichtet, sind die Minarette der Moscheen. Viel zu schnell ist die Bootstour auch wieder vorbei. Von der anderen Seite des Creeks geht es für uns nach einem Spaziergang weiter zur Metro-Station. Schon nach einigen Haltestellen sind die höchsten Gebäude nicht mehr die Minarette, sondern moderne Hochhäuser aus Glas und Stahl. Auch so ein Gegensatz von Dubai.

Artikel teilen:

Wir verwenden Cookies, um Ihnen den bestmöglichen Service zu gewährleisten. Durch die weitere Nutzung der Website stimmen Sie unserer Datenschutzerklärung zu.
Mehr erfahren